Wichtig ist es freilich, die Satzzeichen mitzusprechen: „Das ist richtig.“ → „Krass korrekt, aalda“ • „Woher kommst du?“ → „Wo du komme, fragdisch“ • „Sei still!“ → „Tustu helstu Maul halde, figgdisch“. Sonst wird man nicht verstanden.
Im Prinzip ein eher sprachphilosophischer Beitrag. Anfangs noch mit konkreten Bezügen, später dann stark theoretisch. Eigentlich etwas für Fachleute. Meine Kritik (ich befasse mich grundsätzlich erst dann mit der dt. Sprache, wenn sie von den Opinionleadern und Multiplikatoren so stark versaut wird, daß offensichtliche logische Verwirrungen die Folge sind) liegt eher bei der täglichen falschen Anwendung. Beispiel: wenn jemand 2000€/mon verdient, ich aber 4000, dann könnte man sagen, ich verdiene einmal mehr als er, also zweimal soviel. 6000 wäre dann zweimal mehr, also dreimal soviel usw. Logisch richtig wäre demzufolge, daß “fünmal mehr” bedeutet: sechsmal soviel. Glauben Sie mir: so ist es nicht gemeint. Man fragt sich da nicht nur, wer zum ersten Mal einen solchen Unsinn geredet hat, sondern auch, wer das nachplappert. Ich kann Ihnen zumindest sagen, wer das nachplappert: Kleber, Buhrow, Slomka, Will, Maischberger undundund. Inzwischen ist “dreimal soviel wie . . .” praktisch ausgestorben. Ebenfalls ausgestorben: die indirekte Rede (ersetzt durch das Konditional) - “ich dachte, du wärst nicht zu Hause” statt ” . . . seist nicht zu Hause”, die Vorvergangenheit: “gestern ist auf dem Marktplatz eine Bombe explodiert - sie ist in einem Papierkorb deponiert worden” statt ” . . . war . . . deponiert worden”. Hier noch einige unfreiwillig komische Formulierungen deutscher Journos: n-tv: ” der aufgefundene Schädel birgt ein grausames Geheimnis.” (Grausam kann ein Mensch sein, ein Geheimnis nicht). Nochmal n-tv, Videotext: ” . . . er konnte seinen Feinden nicht her werden” (abfotografiert), dann gibt es da ” die entlegende Karibikinsel” (tv Welt), wieder im TV: ” . . . der Ingenieur hat in der Flugzeughaut einen Spalt entdeckt; Spalten beeinträchtigen die Aerodynamik des Flugzeugs”, Tele 5 Videotext: “Bund beratet sich am Donnerstag”, nochmal TV: ” Der Bericht aus der Forensik ist vielversprechender”, und so geht es heiter weiter. Mehr Platz hobinet . . .
Die Abschaffung von Rechtschreibung und Grammatik wird meist damit begründet, dass das Regelwerk dazu da sei, die “Schwachen” der Gesellschaft, v.a. Migranten, zu unterdrücken. Doch ausgerechnet mit der Abschaffung des Regelwerks wird jedem und gerade den Schwächsten die Teilhabe verweigert. Wenn ausgerechnet die Schule den wissbegierigen Jugendlichen absichtlich den Zugang zu Kant (Rassist), Lessing (Atheist), Goethe (Frauenverächter) versperrt - wo, wann und wie sollen sie jemals lernen, selbstständig zu denken?
Herr Geißler, nun auch noch Humboldt! Ihre Goethe (und Schiller) Kenntnisse fand ich schon wenig überzeugend. Und nun diese formelhafte, gänzlich ahistorische Ausführung zu Humboldt. Haben Sie sich schon mal Gedanken darüber gemacht, welche Funktion im Bildungsprozess Humboldt der Sprache zumaß und was wir heute für Möglichkeiten haben, von denen Humboldt nicht die leiseste Ahnung haben konnte? Wenn es um “die Erzeugung eines Universums in der Individualität einer Person” (auch aus der Erinnerung zitiert) geht, geht es schon lange nicht mehr ausschließlich um Sprache und schon gar nicht um Arabesken einer überkomplizierten Sprachstruktur. Sonst müssten die Navajos ja bei den Nobelpreisen hervorragen .... nein, Angelsachsen mit ihrer einfachen Sprachstruktur dominieren. Schon mal was vom Leitermodell Wittgensteins gehört? Wie auch immer, eigentlich schätze ich Ihre Artikel. Bei aller meiner Kritik will ich nicht übersehen, dass sie nicht nur unterhaltsam und den “common sense” bestätigend sind, ja ich gestehe Ihnen durchaus solide Fachkenntnisse zu. Das mag meine ätzende Kritik manchmal überdecken. Letztlich ziehe ich doch den Hut vor Ihnen. Sie treffen die Erwartungen und Bedürfnissee der Leser viel besser als ich es jemals könnte. Und dass Akademiker immer streiten müssen, ist ja bekannt.
Sehr geehrter Herr Geißler, von Beginn an verfolge ich ihre Beiträge auf diesem Blog und bin immer wieder beeindruckt von Ihren Gedanken. Aus einer Familie stammend, in der es einige Lehrer*innen (wie ich dieses Schluckaufsternchen hasse!) gibt – mein Vater war Lateinlehrer auf einem privaten Gymnasium – , habe ich dennoch die mich unterrichtenden Lehrkörper*innen (!) nicht gerade bis auf einige Ausnahmen geliebt. Heute jedoch in der Erinnerung habe ich ihnen sehr viel zu verdanken, und ich gedenke ihrer mit Hochachtung, jedenfalls den meisten. Immer wieder lese ich die deutschsprachigen Autoren der vergangenen Jahrhunderte bis zurück zu Hartmann von Aue oder dem Nibelungenlied. Ob die heutige PISA-Generation diese überhaupt noch verstehen kann, wage ich nach Ihrem Text zu bezweifeln. Wie viele großartigen Gedanken, wieviel Freude und Glück (jawohl!) wird dem auf Sparflamme gebildeten Nachwuchs damit entgehen!
Betreffend Fitness-Test: Früher gehörte das Stangenklettern bei der Rekruten-Aushebung für die Schweizer Armee selbstverständlich dazu, musste aber vor Jahren abgeschafft werden, weil “heute kaum noch einer nach oben kommt”, so die Aussage eines Militärarztes.
Was Sie da beschreiben, das schlägt sich oft auch physiognomisch nieder. Schauen Sie sich zum Beispiel die Gesichter sogenannter Models an oder das von Udo Lindenberg!
Verstehe ich nicht! Ein Fehler alle siben Wörter ist doch gar nicht so fiel, Herr Lehrer. Ja, was haben Sie den?
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