Hubert Geißler, Gastautor / 23.01.2024 / 10:00 / Foto: Pixabay / 37 / Seite ausdrucken

Neues vom Schrauber: Das Siechtum der SPD

Die Hütte scheint im Willy-Brandt-Haus zu brennen. Die SPD-Umfragewerte sinken bedrohlich gegen 10 Prozent, dabei sind Wagenknecht und Maaßen noch gar nicht richtig aus den Startlöchern gekommen.

Die Tage vom 20. Januar 2024 bis heute scheinen doch in der Geschichte der Bundesrepublik, sagen wir es vorsichtig, bemerkenswert gewesen zu sein. Der Beschluss von Hans-Georg Maaßen, die Werteunion als Partei zu etablieren, ging fast in der großen Demonstrationswelle gegen Rechts unter. Die Bauernproteste, die in den vergangenen Wochen noch die Gazetten gefüllt hatten, fielen der Vergessenheit anheim.

Allerdings wollen wir hier einen kleinen Einschub mit unserer Schraubermathematik machen: Gehen wir davon aus, dass tatsächlich eine Million Demonstranten auf der Straße waren, so konnte das grün-linke Milieu in Deutschland ungefähr ein Siebtel seines Wählerpotenzials mobilisieren. Bei circa 60 Millionen Wählern, umgerechnet auf etwa 12 Prozent Potenzial in den letzten Umfragen, ergibt das Pi mal Daumen 7 Millionen wahrscheinliche Grünenwähler. Also war die Zahl der Demonstranten und des beteiligten „juste milieus“ etwa ein Siebtel dieses Wählerreservoirs. Traktoren, Lastwagen und Handwerker wurden eher nicht gesichtet.

Interessanter aber sind einige Nachrichten zur Lage der einst stolzen Arbeiterpartei SPD: Marcus Giebel schreibt im „Merkur“ am 22. Januar an prominenter Stelle: „Neue Umfrage-Klatsche für Scholz: SPD halbiert – Wagenknecht-Partei erstmals dabei.“

Und weiter, „Der Spiegel“ vom 19. Januar:

„SPD am Abgrund. Die Ersten rücken vom Kanzler ab. Die SPD erlebt einen beispiellosen Absturz. In der Partei schwindet zu Beginn des Superwahljahrs die Hoffnung, dass der Kanzler die Lage noch drehen kann. Halten die Genossen an Olaf Scholz fest? Hartnäckig hält sich das Gerücht von einem vielleicht bevorstehenden Kanzlerwechsel.“

Das Oberbayerische Volksblatt OVB meldet, ein Beispiel unter vielen, am 21. Januar: „Planspiele in der SPD: Möglicher Kanzler-Tausch nach drohenden Wahl-Debakeln.“

Wer kommt noch auf einen Listenplatz?

Fassen wir zusammen: Die Hütte scheint im Willy-Brandt-Haus zu brennen. Die Umfragewerte sinken bedrohlich gegen 10 Prozent, und Wagenknecht und Maaßen sind noch gar nicht richtig aus den Startlöchern gekommen. Im wilden Osten droht Unbill bis zur Rasur durch die 5-Prozent-Klausel, in vielen westlichen Bundesländern beobachtet man ein unaufhaltsames Absinken in die Bedeutungslosigkeit.

Vor Jahren habe ich mal geschrieben, die SPD würde wohl, wie einst Westerwelle, ein Projekt 18 auflegen. Das scheint heute schon ein nicht mehr zu erreichendes Ergebnis zu sein. Was heißt das nun parteiintern: Die zu vergebenden Posten und Mandate dürften sich zumindest halbieren, ebenso die Zuwendungen aus Wahlkampferstattungen, Mitgliederbeiträgen und dergleichen. Das dürfte schon jetzt und im kommenden Jahr immer mehr zu einem parteiinternen Hauen und Stechen führen: Wer kommt noch auf einen Listenplatz und darf seine Privilegien und Pfründe behalten, die ja unaufhaltsam dahinschmelzen?

Die Partei dürfte für junge Einsteiger, die eine politische Karriere planen, zunehmend unattraktiv werden. Nur zum Plakatekleben wird sich kaum jemand hergeben, der nach oben will. Und wird ein möglicher Wechsel zu Pistorius den Karren aus dem Dreck ziehen? Auch der kommt mit finanziellen Wünschen für seine Bundeswehr daher, die den Kuchen, der an die SPD-Stammklientel zu verteilen ist, erheblich schmälern dürfte. Wir prognostizieren: Da dürfte mancher sich noch an die goldenen Zeiten von Gasgerd erinnern. Also Ende, Gelände wenn nicht ein Wunder geschieht. Aber wie das aussehen soll, wissen auch wir nicht.

 

Hubert Geißler stammt aus Bayern und war Lehrer für Kunst/Deutsch/Geschichte. Er schreibt diese Serie zusammen mit seinem Bruder. 

Bernhard Geißler gehört zu den sogenannten Fachkräften und Technikern, also zum gut ausgebildeten Teil der produktiven Arbeiterschaft, hier kurz „Schrauber“ genannt. Der arbeitet viel, kommt aber selten zu Wort, was diese Serie ein wenig wettmachen will.

Foto: Pixabay

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Hubert Geißler / 23.01.2024

Kleiner Nachtrag: Die Spd ähnelt der katholischen Kirche: Die Gläubigen laufen davon, der hohe Klerus hält sich und die Pfründe sind sicher. Die wirtschaftliche Basis auch. Hubert Geißler

Detlef Rogge / 23.01.2024

Die einzige Genugtuung, die mir bleibt wenn ich die politische Landschaft betrachte, ist der Untergang der SPD. Bald ist Zahltag, Kontoausgleich für die Steigbügelhalter der Grünen und der Kommunisten. Das hat man sich redlich selbst erarbeitet. Letztes Wahlziel, 5 % + x. Fast zu schön, um wahr zu sein. Übrigens, lange nichts mehr von Helge Lindt hier auf der Achse gelesen.

Jochen Lindt / 23.01.2024

Erdogan-Türken, MA des öffentlichen Dienstes, Hartzies. Das sind die Wähler, deren Interessen die SPD vorbehaltlos vertritt.  Für mehr als 10% reicht das eben nicht.  Daher versucht sie alles um diese Klientel so gross wie möglich zu machen. Erleichterte Einbürgerungen, Inflationsprämie 3000€ für den öff. Dienst, höheres Bürgergeld.  Jetzt muss die SPD nur noch hoffen, dass sie nicht untergeht, bevor das alles seine segensreiche Wirkung entfaltet.

Burkhard Mundt / 23.01.2024

Wen wundert das? Scholz, Faeser, Lauterbach, Esken, Kühnert an exponierter Stelle hauen ja auch den stärksten Eskimo um.

D. Blum / 23.01.2024

Pistorius lebt davon, dass er auf einem Panzer nicht so lächerlich wirkt wie seine Vorgängerin(nen).  Dass er aber gleich von Kriegsbereitschaft spricht, sollte eine Warnung an uns alle sein, zumal seit einiger Zeit ein Boulevardblatt vor Putins Angriffen auf uns warnt und die Nato irgendwas vorzubereiten scheint.

W. Renner / 23.01.2024

Selbst 1 Prozent wären zu viel, für diese Gurken Truppe.

Klaus Keller / 23.01.2024

An Franz Klar: Der kluge Schrauber schraubt nur an Erhaltenswertem ... Als Krankenpfleger habe ich vollstes Verständnis für die Palliativmedizin. Wenn man dem Leben nicht mehr Tage hinzufügen kann, kann man den Tagen mehr Leben hinzufügen oder die letzten Tage erträglicher machen und man sollte helfen, damit vor der letzten Stunde niemand seine Selbstachtung verliert. Auch gilt der Hinweis, das Tätig sein selbst sollte Freude machen auch wenn man keinen Erfolg hat. An Toten machen manche Mediziner erste Erfahrungen mit der Intubation und anderen Dingen. Ich bin aber kein Fachmann für Medizinerausbildung oder Pathologie, die ja auch interessant ist. Der weitere Verlauf wird noch viele Journalisten und Historiker ernähren. Sie bleibt also interessant.

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