Sehr geehrter Herr Geißler. Ihr Artikel ist schon deswegen so interessant, weil er die Möglichkeit schafft, sich in die “andere” Seite des pädagogischen Geschehens zu versetzen. Sie erwähnen oft die Waldorf-Pädagogik. Auch wenn ich zu den Menschen gehöre, die das “Tanzen des Namen” für unversständlich halten, bin ich mir ziemlich sicher, daß da viele interessante Ideen gibt, die Aufmerksamkeit verdienen und rational betrachtet werden sollten. Könnten Sie vielleicht in einem Artikel erzählen, worum es überhaut bei der Waldorf-Pädagogik geht?
Bildung hängt doch schon lange nicht mehr vom Schul- oder Universitätsabschluss ab - seit wir Abitur für alle und 1000 Geschwätzstudiengänge haben, gelten andere Regeln. Hellmut Holthaus hat mal formuliert, dass Bildung den Menschen aus der Menge heraushebe. Das stimmt nach wie vor, nur darf man heute nicht mehr erwarten, dass Bildung in der Schule vermittelt werde. Dafür haben unsere Gleichmacher gesorgt: alle sollen gleich arm, alle gleich dämlich werden. Man sollte Bildung außerdem nicht automatisch nur mit Wissen gleichsetzen: Können und Intelligenz gehören untrennbar auch dazu. Damit wären wir wieder beim braven Handwerker. Wer es heute zu etwas bringen möchte, muss mehr denn je auf Eigeninitiative vertrauen. Und er muss wissen, dass es gegen massive Widerstände anzukämpfen gilt. Nicht jedermanns Sache, aber es lohnt dennoch.
Studienabgänger die keinen graden Satz schreiben oder verbal von sich geben können, sind für mich, als Mitte 50er, geradezu perfekt! Mein Marktwert ist innerhalb der letzten Jahre massiv angestiegen. Studienabgänger, die zwar einen tollen Abschluß haben, aber ihren eigenen Gehaltsansansprücehn nicht einmal ansatzweise gerecht werden, sind für mich allererste Sahne. Mehr davon! Scheiße für Arbeitgeber, aber gut für mich alten weißen Mann!
Lieber Herr Geißler, sehr interessant und aufschlussreich, auch wieder die Folge 7. Aber einen “Manchesterkapitalismus” hat es nie gegeben, der ist eine Erfindung von Friedrich Engels. Es hat einen “Frühkapitalismus” gegeben, der enstand allerdings fast überall, nicht nur in Manchester. Mal Gerd Habermann oder Roland Baader lesen.
Wenn hinter dem Schul- und Universitätsabschluss nur heiße Luft steckt und kein wirkliches Können, kann er natürlich auch nicht zum gesellschaftlichen Aufstieg führen. Unsere Gesellschaft ist derartig auf dem Holzweg, dass man sich vorkommt wie im absurden Theater.
Meine Ausbilderin im Referendariat war früher selbst Waldorfschülerin gewesen. Auf meine Frage, ob sie ihre eigenen Kinder auf eine Waldorfschule schicken würde, antwortete sie: Niemals, Waldorfschulen sind vielleicht für 10 Prozent der Kinder ein Erfolgsmodell, aber für die restlichen 90 Prozent eher hinderlich für ein erfolgreiches späteres Berufsleben.
Schade eigentlich, dass die Waldorfpädagogik in so manchen pädagischen Ansichten selten diskussionsbereit ist. Manchmal übertreffen sie sich selber in der Auslegung der Steinerschen Philosophien, obwohl sie die Möglichkeit der Veränderung haben. Das ist allerdings ein deutsches Problem, das sogenannte Festhalten an tradiertem Unterrichtsgut. Verehrter Autor, sie haben ja recht wenig darüber geschrieben . So genaues kann man nicht entnehmen. Sicher ist, dass diese Schulen große Freigeister hervorgebracht haben, u.a. Götz von DM. Desweiten wäre auch eine bessere staatl. Förderung angebracht, der Grund wegen des hohen Schulgeldes und des niedrigen Lehrergehaltes. - Ich selbst konnte viele Materialien aus dieser Gedankenwelt für meinen Unterricht an einem staatl. Gymasium nutzen. Mein Arzt war ein brillianter antroposophischer! Trotzdem eine kleine Geschichte zum Schluss, die mich auch heute noch zum lachen bringt: Zwischen einem Seminar wurde ” getanzt” in vorgegebener Folge als bewegende Entspannung.. Alle hatten Schläppchen an, nur ich nicht ( für mich war das fremd, ich kannte nur den zeitgenössischen Tanz und der wird barfuß getanzt). Mir wurde dringend empfohlen, Schläppchen anzuziehen, da sonst die Energie verschwinden würde ( war übrigens am Anfang des vorletzten Jahrhunderts Pflicht,da hieß der Grund: Nackte Füße seien sexistischer Natur, also Schläppchen an). Hier wurde es Verlust der Energie benannt. Nun denn, ich habe, ob des gedachten Blödsinns, verzichtet.
“„Wahn“ meint das Gefühl, das eigene Können entspräche der Berechtigung, die erworben wurde. Dazu gibt es gruselige Beispiele beim politischen Personal.” ————————————————————————————— Na das ist mal eine gelungene Arbeitsplatzbeschreibung! Wird sofort geklaut…
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