Erst wird nach Gehör geschrieben, dann gar nicht mehr. Lesen ? Für Rechnen gibts Maschinen. Und am Ende steht eine verblödete Generation, die Politik und selbst ernannte Eliten nach herzenslust verarschen können. Und die Elterngeneration tut dies ihrem Nachwuchs an. Bleibt nur die Frage zu beantworten, warum. Das Funktionieren der uniformen Masse ohne individuelle Ausstrahlung wird ja schon mal erfolgreich mit dem Merkelmaulkorb geübt.
Ja, das hat was, verehrter Kollege, zumal man die dritte Person nach den Eltern ist. Besonders die Blut-und Dramenthemen, in denen es um Gerechtigkeit ging, waren regelmässig der Hammer ( ab Alter 12). Die zehn Gebote mit Charlston Heston der Renner ( Religion) und Missisippi Burning ab Klasse 9 das Gerechtigkeitsgebot in Werte und Normen. Später in der Oberstufe die Filme ” Die Insel” etc plus erweiterte Dokus. Das Menschlein bildet den Kontakt über die Emotionalität und wenn wir die Akzeptanz des Gegenübers wertschätzen ist die halbe “Rate” gewonnen. Wertschätzen und Akzeptanz sind die Zauberwörter. Gut, dass Sie diese noch haben. Ich, für meinen Teil, habe mit meiner Zeichennonne leidenschaftlich Briefmarken getauscht. So gehts auch.
Ich hatte in meiner Ausbildung zum Lehrer das Glück, in Geschichts-Methodik einen altgedienten „Fuchs“ als Lehrer zu bekommen. Er sass in meinen Stunden und protokollierte mit schwarzem, grünem und rotem Stift meine Lektionen. Anfänglich zitterte ich vor dem strengen „Auge und Ohr“ des Mannes. Er sah alles, hörte alles. Sprach alles an. Sah meine Schwächen, aber auch meine Stärken. Ich bin ihm dankbar wie kaum einem für all das, was er mir auf den Lehrer-Weg in aller Zugewandtheit auch in der Kritik mitgab. Das entscheidende für mich aber war, dass er genau das von mir verlangte, was Herr Geissler anspricht: Erzählen Sie Geschichten, immer wieder. Kleiden Sie den „Stoff“ immer wieder in Geschichten. Schüler auf allen Stufen lieben Geschichten. Sie werden sehen, damit „verankern“ Sie den Stoff auf eine lebendige Art. Das habe ich mir zu Herzen genommen und ich habe mehr als einmal gestaunt, wie präsent „der Stoff“ bei den Schülern war, wenn ich ihn mit „Geschichten“ verband. Dass „erlebte Geschichten“ aus dem eigenen Leben, Nähe zu den Schülern schafft, braucht hier nicht mehr zu wiederholt werden. Ich habe sie als Grundlage für eine gute Lehr-Lern-Beziehung erlebt.
” Überstandene Leiden lassen sich gut erzählen “. - So fing alles an , mehr oder weniger, wenn man von der ” Reise ” heimkehrte. Der Rest ist , na ja: ” Weisst Du noch? “. Es gibt also zwei Arten von Erzählern. Die, die zu Hause geblieben sind und die, die es nicht ausgehalten haben in der Murmeltier - Zeitschleife. Tania Blixen, zum Beispiel: ” Reiten, Bogenschiessen, die Wahrheit sagen. “ Sie kennen diesen Satz .
Erst mal doch Dank für die Blumen in vielen Leserbriefen. Auf was ich hinweisen will ist, dass wir uns bildungspolitisch doch in einer Art von Kulturkampf befinden: Digitalisierer und Standardisierer gegen die, die eine Art von traditioneller, humaner, persönlichkeitsbezogener Pädagogik vertreten. Auf welcher Seite ich stehe, dürfte klar sein. Ich glaube auch durchaus noch an eine positive Veränderbarkeit des Schulsystems. Voraussetzung wäre allerding eine Abkehr vom Verordungs-und Verrechtlichungswahn, der immer mehr Platz gegriffen hat. Hubert Geissler
Herzlichen Dank für Ihre so unaufgeregt daherkommenden, zugleich gehaltvollen und oft erquickenden Artikel! Eine feine Lektüre. Das Erzählen spielt ebenfalls in der Lehrtätigkeit mit Erwachsenen eine wichtige Rolle, so meine Erfahrung.
Ein sehr berührender Beitrag, bei dem ich vieles aus eigener Erfahrung bestätigen kann. Ich bin zwar kein Lehrer aber seit 8 Jahren ehrenamtlich an einer Grundschule tätig. Mit Gruppen von 8-10 Kindern der 3. und 4. Klassen bauen wir im Rahmen einer Kunst-AG kreative Figuren. Die Kinder kommen gerne und nicht wenige fragen nach, ob sie nach Abschluss der AG (die ein halbes Jahr dauert) bei der nächsten AG nochmal mitmachen können. Die Kinder merken sehr schnell, wenn jemand mit ihnen mit Respekt und auf Augenhöhe umgeht. Und sie schätzen (bedingt durch die gegenüber der Klasse kleine Gruppe) die Zeit, in der man ihnen zuhört und mit ihnen redet, ihnen etwas erklärt oder sie bei ihren kreativen Arbeiten unterstützt. Gibt es in der Gruppe mal Probleme, ist es wichtig, fair und sachlich damit umzugehen. Wenn jemand, was im Eifer des Gefechts ja mal vorkommt, über die Strenge geschlagen hatte, habe ich dies nur gerügt, wenn ich den Vorfall selbst beobachtet hatte. Die Kinder haben in diesem Alter einen sehr ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit und beobachten genau und kritisch, wie man ein Problem behandelt. Und auch ich kann bestätigen: die wildesten Kinder sind oft später die treuesten Fans.
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