Henryk M. Broder / 04.10.2020 / 10:00 / Foto: Superbass / 139 / Seite ausdrucken

Katarina Barley will Viktor Orban aushungern

Es ist noch nicht lange her, da war Katarina Barley Generalsekräterin der SPD unter Sigmar Gabriel, Familienministerin und Justizministerin unter Angela Merkel. Dann wurde sie nach Brüssel befördert und amtiert dort inzwischen als MdEP und stellvertretende Präsidentin des EU-Parlaments. 

Letzte Woche gab sie dem DLF ein längeres Interview, in dem sie "die Lage in Polen und Ungarn" als "besonders ernst" bezeichnete. Dort werde "der Rechtsstaat systematisch umgebaut". Dagegen müsse die EU vorgehen und den ungarischen Ministerpräsidenten Orban "aushungern finanziell". Denn: "Er braucht auch das Geld. Und wenn wir sagen, dann kriegst du auch kein Geld, dann wird er am Ende an der ein oder anderen Stelle, denke ich, auch einlenken müssen." Jetzt gelte es, die Weichen zu stellen, denn: 

"Wenn wir jetzt die Rechtsstaatlichkeit aufgeben, dann haben wir für die weiteren sieben Jahre Verhältnisse in der EU, wie sie unsere Bürgerinnen und Bürger auch nicht wollen, denn unsere Steuergelder gehen dann an Regime wie das von Orbán und Kaczynski, die sich vor allen Dingen Geld in die eigene Tasche schaufeln, aber ihre Länder zu Demokratien umbauen, die mit den Werten der EU nichts mehr zu tun haben."

Unter normalen Umständen würde man so etwas "totalitäre Erziehung" oder "Erpressung" nennen, aber die Umstände sind eben nicht normal, wenn eine Domina wie Katarina Barley einem Land mit "Aushungern" droht und von "Werten" redet, die sich darin erschöpfen, mit dem Entzug "unserer Steuergelder" zu reden. Das hört sich so an, als wäre sie von der Furcht getrieben, es könnte für sie und ihresgleichen nicht genug übrig bleiben.

Nachdem der Schulz-Zug entgleist war

Sie könnte ihren Parteifreund Martin Schulz fragen, wie er es geschafft hat, jahrelang Geld in die eigene Tasche zu schaufeln, 304 Euro täglich oder 111.000 Euro jährlich steuerfrei, bevor REPORT Mainz ihm auf die Schliche kam und darüber berichtete. Wenn sie gegenüber dem kurzzeitigen Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten der SPD nicht befangen wäre. 

Im März 2017 gab Frau Barley der Frankfurter Neuen Presse ein Interview, in dem sie Martin Schulz bescheinigte, er habe "der SPD Selbstbewusstsein zurückgegeben", dank ihm sei die SPD "wieder attraktiv" geworden, sie habe nicht erwartet "dass die Begeisterung für Martin Schulz so schnell von der Partei auf die ganze Gesellschaft übergreifen würde". 

Freilich: Nachdem der Schulz-Zug entgleist war, stellte sie den „Aufstieg und Fall" ihres Parteifreundes anders dar. Der sei "nicht glücklich gewesen", als er mit 100 Prozent zum Kanzlerkandidaten gewählt wurde, damit habe auch "niemand gerechnet", ihm war "sehr schnell klar, dass das eine hohe Bürde" sein würde, er habe auch immer wieder gesagt, "das Überbordende, das Überhöhende, das ist nicht gesund". 

Nur hat es leider niemand mitbekommen, außer Frau Barley und – vielleicht – einer Handvoll von Genossen. Schulz sitzt mittlerweile im Bundestag und wird demnächst die Führung der Friedrich-Ebert-Stiftung übernehmen. Wir müssen uns um ihn keine Sorgen machen. Um Frau Barley auch nicht. Aber wie geht es mit Viktor Orban weiter? Sein Schicksal ruht in den Händen von Frau Barley. Und das ist der Albtraum nach dem Aufwachen.

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Leserpost

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Dieter Wonnegut / 04.10.2020

Kinners, mögt Hardrock, aber bitte nicht Angela Merkel! Im Zweifelsfall fragt eure Eltern. Apotheker im Rollstuhl hatten ihre Rache. Kohl wird wird dich überleben, du Würstchen.

Paul Siemons / 04.10.2020

Na da wird Orbán aber Augen machen!

Klaus Müller / 04.10.2020

Am deutschen Wesen soll wieder mal Europa genesen. So wie Katarina Barley hat wahrscheinlich auch Ribbentrop mit den Donau- und Balkanstaaten geredet

A. Engel / 04.10.2020

Ja Frau Barley, die Lage in Polen und Ungarn ist besonders ernst. Zu mindest war sie es, als damals Ungarn Mitte März 1944 von deutschen Truppen besetzt und eine Kollaborationsregierung unter Döme Sztójai (1883-1946) eingesetzt worden war - was kümmert’s uns heute -. So sind wir Deutschen, wir engagieren uns, wir halten’s mit dem Zarewitsch, stehen wie einst der Soldat am Wolgastrand und halten Wacht über Polen, Ungarn, Russland, USA, ach ja und auch über Israel!  - Kaczynski, Orban, Putin, Trump und Netanjahu! - Besonders Polen und Israel liegt uns am Herzen, wie schon damals. Was kümmert uns der 12. August 1944 oder gar der der 19. April 1943. Ja, “Aushungern..” heute nur finanziell (haben doch aus unsrer Vergangenheit gelernt). Wir haben bewiesen, dass wir besser sind als alle anderen auf der Welt.  Zwei Millionen Flüchtlinge haben wir aufgenommen und kümmern uns, dass diese bei uns integriert werden (lassen sie in den Lagern verrotten; niemand berichtet über die Zustände dort). Rückführung von Flüchtlingen darf es nicht geben. Gleichzeitig kümmern wir uns etwa um das Rückkehrrecht der Palästinenser:innen nach Israel. Hier verbietet sich eine Integration der Kinder und Kindeskinder in den arabischen Aufnahmeländern von selbst. Hier ist Rückführung ein Menschenrecht! Wir sind die Besten - Deutschland, Deutschland…..... - oder wie einst im Wolgalied. The same thing.

Bernhard Wagner / 04.10.2020

Wenn die Frau das wirklich so gesagt hat: “... aber ihre Länder zu Demokratien umbauen, die mit den Werten der EU nichts mehr zu tun haben.”, dann ist dem nichts mehr hinzuzufügen.

Burkhard Mundt / 04.10.2020

Genau auf Merkel-Linie: Wer spurt, der kriegt Geld. Wer nicht spurt, kriegt keins. SPD-Demokratievetständnis und Merkels Scheckheftpolitik vereint.

H. Merx / 04.10.2020

Es ist schon mehr als erstaunlich, wenn eine führende Politikerin dieses Landes von fehlender Rechtsstaatlichkeit in anderen Ländern spricht, obwohl in ihrem eigenen Land (in dem sie mal Justizministerin war) seit Jahren das Recht in immer schnellerem Maße erodiert.

Angela Seegers / 04.10.2020

Sie hatte immer schon Ambitionen zu Höherem. Deswegen auch ihr Gang nach Brüssel? Nachdem sie als Justizministerin in der BRD nicht gerade viel Greifbares hinterlassen hat. Dazu kam noch dieser überaus plötzliche Aufbruch und Umzug. Ich möchte Frau Barley an dieser Stelle den alten Charismatiker Helmut Schmidt empfehlen: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“. Das waren noch Sozialdemokraten. Heute fällt dieser Verein nur durch Neid, Bein stellen und andere miese Tricks auf. Und zum Thema: Herr Orban und Herr Kaczynski sind nicht blöd und wissen, welche geopolitische Rolle sie spielen und erpressen damit schön. Außerdem gibt es andere EU Staaten, wo Rechtssysteme auch mit heißer Nadel gestrickt sind und sich Recht so hingebogen wird, wie es gerade passt. Es ist ein Dilemma 27 Staaten auf Linie zu bekommen, aber mit deutscher Moral bestimmt nicht. Jura Studium ist doch schon mal eine gute Grundlage.

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