Henryk M. Broder / 07.03.2024 / 16:00 / Foto: Achgut.com / 19 / Seite ausdrucken

Aserbaidschanische Kampagne verhindert Armenien-Debatte

Eine in Berlin geplante Buchpräsentation und Diskussion über bedrohtes armenisches Kulturgut konnte aus Sicherheitsgründen nur online stattfinden.

Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. (DGAP) und die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) hatten zusammen für den 6. März zu einer Buchpräsentation und Diskussion über den „Schutz des bedrohten Kulturgutes von Berg-Karabach“ eingeladen. Das Buch, das vorgestellt werden sollte, trägt den Titel „Das kulturelle Erbe von Arzach“. Arzach ist das armenische Wort für Berg-Karabach. In der Einladung zu der Buchvorstellung hieß es:

„Zum 1. Januar 2024 wurden alle staatlichen Institutionen der international nicht-anerkannten Autonomen Republik Berg-Karabach aufgelöst. Nach der Kapitulation infolge der militärischen Auseinandersetzung mit Aserbaidschan im letzten Jahr haben über 100.000 Armenier:innen das Land verlassen. Zurückgeblieben sind auch Kulturdenkmäler, die von der jahrtausendelangen Kulturgeschichte der Armenier vor Ort zeugen...“

Dezenter konnte man die Vertreibung der Arzach-Armenier aus ihrer Heimat nicht beschreiben. Trotzdem musste die Buchvorstellung kurzfristig abgesagt bzw. ins Netz verlegt werden.

„Aufgrund einer massiven Kampagne gegen die Durchführung der Veranstaltung Der Schutz des bedrohten Kulturgutes von Berg-Karabach und einer Gefahr der Eskalation während der Veranstaltung, hat sich die Leitung der DGAP dazu entschieden, die Diskussion rein virtuell durchzuführen. Wir bedauern diese Entscheidung, da wir aber die Sicherheit der Gäste und Teilnehmenden aufgrund von Drohungen nicht gewährleisten können, haben wir uns zur Entschärfung der Situation für dieses Format entschieden. Deshalb bitten wir alle Teilnehmenden sich hier erneut für eine digitale Teilnahme anzumelden.“

Worüber die DGAP kein Wort verlor

Dem Umzug in ein virtuelles Format war eine massive Kampagne vorausgegangen, es bestand die Gefahr einer Eskalation, die Sicherheit der Gäste und Teilnehmenden konnte nicht gewährleistet werden, eine Entschärfung der Situation schien unausweichlich. Aber wer war es, der darauf bestand, dass die Lesung nicht wie geplant stattfindet? Wer stand hinter der Kampagne, bedrohte die Sicherheit der Gäste? Darüber verlor die DGAP kein Wort.

Und wir würden es nie erfahren, wenn sich nicht etwa 20 Vertreter der „aserbaidschanischen Zivilgesellschaft“ mit einem Offenen Brief an den Direktor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und den Vorsitzenden der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) gewandt und die beiden Herren aufgefordert hätten, „die voreingenommene und pro-armenische Propagandaveranstaltung Der Schutz des bedrohten Kulturgutes von Berg-Karabach – Vorstellung des Buches: Das kulturelle Erbe von Arzach abzusagen“.

In diesem Offenen Brief wird das mächtige Armenien als der Aggressor dargestellt, der das kleine Aserbaidschan bedroht und dessen kulturelles Erbe vernichtet. 

Jetzt wissen wir es: Das letzte Wort darüber, welches Buch in welchem Rahmen in Deutschland präsentiert wird, haben Mitglieder der aserbaidschanischen Zivilgesellschaft, u.a. des „Zentrums für Gesellschaftsentwicklung“, des Sozialverbandes „Für das soziale Wohl der Bürger“ und des „Bakuer Klubs der Politikwissenschaftler“. Wir wünschen gutes Gelingen auf dem langen Weg zur deutsch-aserbaidschanischen Freundschaft.

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Peter Faethe / 07.03.2024

Kann man von Deutschen verlangen, das armenische Kulturgut in den Vertreibungsgebieten zu schützen, wenn sie nicht einmal ihr Kulturgut in den besetzten Gebieten schützen ?

Thomas Szabó / 07.03.2024

Ich war früher mal so ein netter Mensch! Und heute schreibe ich so radikale Kommentare! Früher… ich wollte es jedem Recht machen, ich wollte alle zufrieden stellen, ich wollte alle Menschen glücklich wissen. Ich formulierte stets rücksichtsvoll, respektvoll, liebevoll, einfühlsam, konstruktiv, kultursensibel. Ich hab´s aufgegeben. Diejenigen die eine diplomatische Formulierung verstehen & dankbar zu würdigen wissen, bedürfen keine. Diejenigen die sie nicht verstehen, als Schwäche werten, bei denen ist die hohe Kunst der Diplomatie Perlen vor die Säue! Diplomatisch bin ich heute nur noch zum Privatvergnügen, bei wenigen erlesenen Menschen, bei denen sich die Liebesmüh lohnt. Ich halte es mit Herrn Broder, Täter zu sein ist lustiger & gesünder.

Dr. med. Jesko Matthes / 07.03.2024

Die Sicherheit konnte nicht gewährleistet werden? Ich denke, jetzt ist die Zeit, auf die Straße zu gehen, Gesicht zu zeigen und den Anfängen zu wehren, oder wie war das nochmal? Ach, nee, das machen wir ja nur bei der Opposition. Und da gehört Aserbaidschan nicht dazu. Die gehören zur bunten Republik Deutschland.

Thomas Szabó / 07.03.2024

Muslime verstehen nur 1 Sprache, Klartext: Wenn Israel verschwindet, dann verschwinden die Muslime aus Europa. Wenn Armenien verschwindet, dann verschwindet Aserbaidschan. So muss man mit ihnen reden!

Thomas Szabó / 07.03.2024

“...islamfeindliche Veranstaltung zum Thema „Das kulturelle Erbe von Arzach…” Diese Formulierung sagt schon alles. Die Existenz von Nichtmuslimen ist also islamfeindlich?

Philipp Imhof / 07.03.2024

In Anbetracht der gegenwärtigen und historischen Umstände, empfinde ich nur noch Verachtung gegenüber Aserbaidschan und seinen Unterstützen, inklussive unserer feinen Politikern, die für aserbaidschanische Zuwendungen vieles tun.

Dr. med. Jesko Matthes / 07.03.2024

Die Sicherheit konnte nicht gewährleistet werden? Ich denke, jetzt ist die Zeit, auf die Straße zu gehen, Gesicht zu zeigen und den Anfängen zu wehren, oder wie war das nochmal? Ach, nee, das machen wir ja nur bei der Opposition. Und da gehört Aserbaidschan nicht dazu. Die gehören zur bunten Republik Deutschland.

Leitner Laszlo / 07.03.2024

Was genau wäre denn passiert, wenn man die Veranstaltung durchgeführt hätte? Gibt es da eine realistische Einschätzung? Wenn Aserbaidschaner (oder Türken) Hetzkampagnen gegen die Armenier starten, dann müsste das doch eigentlich die selbsterklärten Demokratie-Verteidiger auf den Plan rufen.

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