Dirk Maxeiner / 22.01.2023 / 06:15 / Foto: TimsAI / 47 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Einmal Lufttaxi Kabul-München

Anfang des Monats stellten die Taliban in Afghanistan einen neuen Supersportwagen vor. Das erinnert doch sehr an eine Veranstaltung von Markus Söder im Münchner Hofgarten. Aber lesen Sie selbst.

Anfang des Monats fand in Afghanistan eine friedenstiftende Premiere statt: „Islamisten präsentieren Superauto“ schrieb die Bild-Zeitung. Auf den Bildern sieht man in Landestracht gekleidete Taliban, die sich um einen schwarzen Sportwagen versammelt haben und ihn fachmännisch begutachten wie einen abgeschossenen amerikanischen  AH-64 Apache. Das Ding soll aber nicht abstürzen, sondern als Stolz der Nation durchstarten. Der afghanische „Mada 9“ darf nicht mit dem deutschen Marder 1A3 verwechselt werden, ist aber ebenfalls geeignet, nicht an die Ukraine geliefert zu werden.

Grundsätzlich lassen sich für den Autoproduktions-Standort Afghanistan gute Argumente finden. So ist zumindest die Allianz zwischen Technik und Islam historisch belegbar, man lese dazu nur das Standardwerk „Technische Wunder im Islam“. Man habe Religion und moderne Wissenschaft versprochen und das sei nun der Beweis dafür, sagte Abdul Baqi Haqqani, ehemaliger Bildungsminister, bei der Vorstellung des Autos. Der Mada 9 sieht aus wie ein Bugatti, ist aber motorisiert wie ein Toyota-Corolla, was die hiesigen Medien zu einer leicht hämischen bis sublim rassistischen Berichterstattung verleitete. Ich möchte mich daran nicht beteiligen, sonst werde ich noch zum ersten Opfer einer Brumm-Brumm-Fatwa, zumal wir in dieser Beziehung schon durch NewsguardCorrectivAFPMichael BlumeClaudia RothGerald Hensel und den Kurzhaardackel der Redaktions-Putzbeauftragten ausgelastet sind. 

Nein, ich hatte auch aus anderen Gründen ein merkwürdiges Gefühl. Da war doch was, da war doch was... Woran erinnerte mich diese Luftnummer bloß? Meine Gedanken kreisten, begaben sich ein wenig in die Vergangenheit und schwebten schließlich drohnengleich über der Münchner Innenstadt. Dort gingen sie im Hofgarten nieder und zwar am 11. März 2019. Die Szenerie sah genauso aus wie die jetzt, vier Jahre später, in einem Park in Kabul. Örtliche Honoratioren in Landestracht, allen voran der örtliche Taliban-Chef, versammeln sich um ein Mobil, das so schnittig aussieht wie der Mada 9, aber sogar fliegen kann. Die Staatskanzlei hatte verdiente Kämpfer zu einer Ausstellung mit dem Schwerpunkt „Flugtaxi und elektrisches Fliegen der Zukunft“ geladen. „Der Einsatz für Flugtaxis ist weder lächerlich noch unrealistisch. Die Technologie ist weit vorangeschritten, erste Prototypen stehen kurz vor den Zulassungen“, sprach Markus Söder. Sowas haben Sie sich nicht einmal in Kabul getraut, aber die müssen ja auch keine Landtagswahlen gewinnen.  

Allah möge diese Veranstaltung dem Vergessen anheimstellen

Was Lufttaxis anbetrifft, befinden sich Afghanistan und Bayern jedenfalls auf Augenhöhe, besonders seit die fliegende Fata Morgana von Airbus durch die kalte Küche wieder verabschiedet wurde. Prinzipiell beeindruckt mich bei der Lufttnummer die nicht vorhandene Schmerzgrenze der einbestellten Experten und Wirtschaftsvertreter, sowohl in München als auch in Kabul. Jedem, der noch alle Tassen im Schrank hat, ist das Entsetzen über den Bullshit anzusehen, den der Obermufti da gerade wieder zum Besten gibt. Aber alle halten die Klappe und schicken ein Stoßgebet gen Himmel: Allah möge diese peinliche Veranstaltung und die eigene Anwesenheit dabei doch bitte dem Vergessen anheimstellen.

Wobei die Taliban in puncto Außendarstellung deutlich mehr Glamour bieten. Schauen Sie sich bitte dieses voll aufgerüstete PR-Video des Mada-Herstellers an, in dem ein verschlammter Talinator in der afghanischen Wüste den Frontbericht abhört und dann über ein Feld von Patronenhülsen ins Morgengrauen stapft. Auf einem verlassenen Flugfeld trifft er schließlich auf den verhüllten Mada 9. Er reißt die Burka vom wohlgeformten Blech, steigt ein und verabschiedet sich mit einem qualmenden Burnout und 116 PS in Richtung 72 Jungfrauen. 

Das kann der Markus nur toppen, indem er mit seinem Lufttaxi in winterlicher Nacht über dem fernen Schloss Waidmannsheil niedergeht und Heinrich XIII. Prinz Reuß persönlich die Jagdflinte entwindet. Zum Schluss könnte er auf dem Dach des ICE 1109 Berlin-München landen, um später am Münchner Hauptbahnhof unter dem Jubel der Massen wieder herabzusteigen. (Söder denkt es ist wegen ihm, aber die Massen jubeln weil der Zug pünktlich ist). Auf der Suche nach einem fähigen Produzenten empfehle ich der Staatskanzlei diese Webseite, dann geht der Markus viral, ich schwör.

Hirn für das notleindene DIW

Kommen wir nun zum  Thema „Gebet“ im Auto oder Lufttaxi. Ich beispielsweise bete im Auto, wenn ich im Radio höre, wie Robert Habeck über die Logik unseres Wirtschaftssystems philosophiert. Mein Gebet erfolgt im sogenannten Bekenner-Modus, bei dem ich den himmlischen Vater um Vergebung meiner Sünden, zu denen das Verfassen dieser Kolumne zählt, in Anspruch nehmen möchte. Dies ist ein fest zugesagter Deal. Im Austausch biete ich dafür an, Habeck nicht sofort auf eine einsame Insel mit Anton Hofreiter und Ricarda Lang zu wünschen. Wichtig ist, liebe Gemeinde, dass wir im Gebet auch für die Nöte Anderer den Thron der Gnade bestürmen. Wenn der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW), Marcel Fratzscher, den Robert bei seinen Irrfahrten auch noch bestätigt, gerate ich sogar in den Gebetsmodus des Flehens, indem ich den Herrn bitte, Hirn für das notleindene DIW vom Himmel zu schicken. 

Fürbitten und Bitten sind hingegen für Autofahrten mit Henryk M. Broder reserviert, der bei intensiven Diskussionen ­– man kann sich ja nur auf eine Sache konzentrieren – die Geschwindigkeit bis auf das Tempo in einer Fussgängerzone vermindert. Bei den Dreharbeiten zur Fernsehserie „Entweder Broder“ zusammen mit Hamed Abdel Samad trat dem im Broderschen Dienstwagen mitfilmenden Team dem Vernehmen nach regelmäßig der Angstschweiß auf die Stirn. Einmal tauchte der Hammer des Wotan in Gestalt eines polnischen Volvo-Trucks unter lauten Fanfarenstößen formatfüllend im Rückspiegel auf. In solchen Momenten wird dem Mitfahrer klar, dass das Gebet eine Unterredung mit Gott bedeutet, die immer von der jeweiligen Geschwindigkeit abhängt. 

Im jüdischen Glauben gilt übrigens, dass sich nicht Gott ändert durch das Gebet, sondern der Mensch selbst ändere sich. Es könnte beispielsweise herauskommen, dass Henryk M. Broder auf der A9 künftig langsamer diskutieren und schneller fahren möge, 100 fänden die Angehörigen des Speditionsgewerbes schon gottgnädig.

Und wo wir gerade bei den Weltreligionen sind: Im Islam ist die Frage, ob man im Auto beten darf, dem Anschein nach von Fachkräften mit kurzer Zündschnur nach oben geklärt, beispielsweise hier von A. Abul Baraa aus einer Tiefgarage in Braunschweig. Wenn ich den richtig verstehe, ist Beten hinterm Steuer und im Sitzen im Isalm nur in Notfällen und mit tief in den Schoß gesenktem Haupt gültig, beispielsweise beim Durchfahren einer Radaranlage mit doppelter Richtgeschwindigkeit.

Im Vorgriff auf den Export des Mada 9 hat sich in Deutschland bereits eine umfangreiche islamische Infrastruktur und Zulieferindustrie angesiedelt. Sie reicht von der Halal-Autofinanzierung (die Daimler übrigens auch in den Emiraten anbietet), bis zur – ein wenig lückenhaften – arabischen Palästinakarte als Aufkleber für die Windschutzscheibe, erhältlich bei Ali-Express. Zur seelischen Schnellreinigung bietet sich aber auch ein Mini-Koran für den Rückspiegel an, preisgünstig ab 47 Cent. Umtausch ist allerdings ausgeschlossen. Das ist bei den Taliban so üblich und bei bayrischen Ministerpräsidenten auch.

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Zu beziehen hier.

Foto: TimsAI

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Sabine Schönfeld / 22.01.2023

Ich finde die Mada-Werbung großartig, weil sehr lustig und traurig gleichzeitig. Dieser schlammüberzogene Krieger, der offenbar auch nach dem zwanzigsten Aufnahme noch überlegen muss, wie herum er die Wasserflasche aufdrehen muss. Aber dann - tadellos! Und das mit einem Gesichtsausdruck, der astrein einer sehr penetranten Zigarettenwerbung abgekupfert ist. Dann diese gruselige Kriegsromantik einer fanatisch religiöse Kaste, die das Land innerhalb kurzer Zeit wieder in die Steinzeit zurückbefördert, Mada hin oder her. Und dafür war unsere Bundeswehr dort und wofür haben wir junge Menschen geopfert? Das Enthüllen des Autos scheint das nächste Problem für den schlammigen Herrn zu sein, das geht anscheinend auch erst nach einem Moment geistiger Vorbereitung. Immerhin ist der Mada wohl schon ein Wasserstoffauto - der Dampfwolke nach zu urteilen - also auf der Höhe der Zeit, das sollte die Grünen begeistern. Und ein astrein diabolisches Design, futuristisch wie aus einer Hollywood-Dystopie. Allerdings hat schon ein heutiger BWM der Dreierreihe eine Leistung mit Ottomotor von bis zu 375,1 kW (rund 510 PS), da ist beim Mada wirklich noch Luft nach oben. In jedem Fall ist das Video ein hervorragendes Beispiel, das man in jeder Diskussion präsentieren kann, um zu belegen, was zwangsläufig passiert, wenn in einer Gesellschaft Bildung unterbewertet und Testosteron überbewertet wird. Afghanistan - ein Land, in dem man da und dort Mädchen Säure ins Gesichts schüttet, weil sie lernen wollen. Und die so sozialisierten jungen und männlichen Migranten, die unsere Innenministerin am liebsten importieren lässt, um die Menschen in unserem Land zu erfreuen.

Mathias Rudek / 22.01.2023

Der Sonntagsfahrer ist jeden Sonntag ein Muß. Ich schwör!

Ilona Grimm / 22.01.2023

Wunderbar, lieber Herr Maxeiner, ich habe wieder einmal lachen können. Nicht nur an das Södersche Lufttaxi muss ich mit Heiterkeit denken, sondern auch an den auf dem Prinzip des „perpetuum mobile“ basierenden Fernseher aus Afrika, der alle unsere Probleme lösen könnte, wenn wir nur unseren blöden Rassismus ablegen wollten. Und nun werde ich mal ganz gemein: Potenzprobleme wird der talibanesische Möchtegern-Bolide gewiss nicht beheben. - - - Bei der Erwähnung von „Entweder Broder“ sind mir Tränen in die Augen geschossen. Ach, was waren das noch für Zeiten! Seufz. - - - PS: Auch bei uns Christen ändert sich Gott nicht durch unser jämmerliches Beten. Gott ändert sich überhaupt nie. Das ist die einzige verlässliche Konstante im Leben. Manche Menschen haben ihn allerdings durch unermüdliches Beten und Bitten überredet, seine Vorhaben abzuändern oder gar abzublasen. Ein Beispiel: Abraham für Sodom und Gomorra; das war ein richtiges Geschacher.

Ludeloff Klaus / 22.01.2023

@Dr.H.Schmitt: Ist man, wenn man permanent ohne Erkenntnisgewinnung forscht, immer noch Wissenschaftlerin?

Andreas Mertens / 22.01.2023

Großvater pflegte zu sagen: “Herr, schmeiß Hirn vom Himmel ... oder Handgranaten. Hauptsache du triffst.” Als Kind und Jugendlicher dachte ich immer der Spruch sei recht übertrieben. Je älter ich aber werde, desto sinnstiftender empfinde ich ihn.

T. Schneegaß / 22.01.2023

Herrlich wie immer Herr Maxeiner. Besonders Ihre Höflichkeit, den Gläubigen der friedlichsten Weltreligion der Welt schonend vorzuenthalten, wer heute alles zum woken Team der 72 Jungfrauen gehört, ehrt Sie außerordentlich.

Ralf.Michael / 22.01.2023

Herr Maxeiner : Mit ” Allah`s Hilfe ” wird der Söbär die nächste Wahl gewinnen (ein Wechsel zum Islam wird da leider nicht ausreichen), wenn nicht, werden wir Ihn und seine Alpenmiliz endlich los.

Heiko Stadler / 22.01.2023

@Dr.H.Schmitt: Herr Fratzscher hat unzählige Preise von seinen finanzkräftigen Klienten, die er auch bestens bedient, erhalten. Da bleibt dem Karl Lauterbach der Ökonomie nicht mehr viel Zeit mehr für Forschung.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Dirk Maxeiner / 19.05.2024 / 06:15 / 74

Der Sonntagsfahrer: Strom aus dem Speicher, Hirn vom Himmel

Da an diesem Wochenende allenthalben der Heilige Geist herabweht, hier drei E-Auto-Andachten für den kleinen Denk-Stau zwischendurch. An Pfingsten kommt üblicherweise der heilige Geist über…/ mehr

Dirk Maxeiner / 12.05.2024 / 06:15 / 47

Der Sonntagsfahrer: Denkmalschützer, rettet die Atomkraft!

Windrad-Betreiber können den „Rückbau" ihres Elektroschrotts vermeiden, wenn sie schlau sind und den Propeller zum Denkmal erklären lassen. Eine echte Steilvorlage für die AKW-Branche! Windmüller ist…/ mehr

Dirk Maxeiner / 05.05.2024 / 06:15 / 128

Der Sonntagsfahrer: Schiffbruch im Oderbruch

Katrin Göring-Eckardt wurde mit ihrem Dienstwagen von der Landbevölkerung stillgelegt. Das findet sie prinzipiell gut, nur nicht bei sich selbst. Im Deutschen gibt es so…/ mehr

Dirk Maxeiner / 02.05.2024 / 14:00 / 26

Schotten dicht für E-Autoflut aus China?

Sind geplante EU-Zölle zu niedrig, um den Dumping-Import chinesischer E-Autos zu stoppen? Oder sollen protektionistische Umwelt- und Sicherheitsvorschriften sie draußen halten? Vielleicht erledigt es aber auch der Kaufunwille der Kunden.…/ mehr

Dirk Maxeiner / 28.04.2024 / 06:15 / 84

Der Sonntagsfahrer: Ich sage nur China, China, China

Der chinesische Geheimdienst weiß in jedem Fall besser Bescheid über deutsche Regierungsvorlagen als der von der Berliner Falun-Gaga-Sekte informierte Wirtschaftsminister.  In Deutschland leben etwa 150.000 chinesische…/ mehr

Dirk Maxeiner / 21.04.2024 / 06:15 / 121

Der Sonntagsfahrer: Fahrverbote und Gesetze, die niemand einhalten kann

EU und Bundesregierung verabschieden immer weltfremdere Gesetze und schreiben Lösungen vor, die es schlicht nicht gibt.  Der sogenannte Klimaschutz wird dabei immer menschenfeindlicher, der Bürger willkürlich…/ mehr

Dirk Maxeiner / 14.04.2024 / 06:15 / 62

Der Sonntagsfahrer: Der Augsburger Gasballon

Augsburg ist eine Stadt von Friedensfreunden. Die schritten vergangene Woche aber zur Generalmobilmachung. Grund: Das Gasnetz soll früher oder später weg. Wenn es um Friede,…/ mehr

Dirk Maxeiner / 07.04.2024 / 06:00 / 119

Der Sonntagsfahrer: Betteln um die Pleite

Trotz der gescheiterten E-Auto-Wende betteln einflussreiche Autohersteller darum, das Verbrennerverbot nicht infrage zu stellen. Die Wünsche der Kunden sind längst egal. Wer hält länger durch? Die…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com