Da an diesem Wochenende allenthalben der Heilige Geist herabweht, hier drei E-Auto-Andachten für den kleinen Denk-Stau zwischendurch.
An Pfingsten kommt üblicherweise der heilige Geist über uns. In der Apostelgeschichte wird erzählt, dass er auf die Apostel und Jünger herabkam, als die sich in Jerusalem zum jüdischen Erntedankfest verabredeten. Zugleich sorgten sie für einen festen Termin im bayerischen Schulferien-Kalender – und auch in den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg. Ich bezweifle allerdings, dass etwa in Berlin oder Bremen irgendein Geist von oben auf die Brüder und Schwestern in den gehobenen Ämtern herabweht, weder an Pfingsten noch sonst wann – und schon gar kein Heiliger.
Vielleicht sollte es der Geist deshalb am Gardasee oder auf Mallorca versuchen, wahlweise im Stau auf der Brennerautobahn oder vor dem Pfändertunnel, da haben die Betroffenen mehr Zeit, um über den Sinn des Lebens nachzudenken. Als hilfreich könnte sich dabei die Heiligen-Geist App erweisen: „Glaubensinfluencer, religiöse Podcasts und Kurzandachten im Internet gewinnen an Bedeutung und zeigen den Prozess kirchlicher Digitalisierung auf“ heißt es da. Kurzandachten, so finde ich, sind genau das Richtige für die Blockabfertigung.
„Andacht ist im allgemeinen Sinn die innere Sammlung, Aufmerksamkeit oder Anteilnahme“, heißt es bei Wikipedia, „im religiösen Sinne die geistliche Sammlung der Gedanken im Gebet oder ‚religiöse Versenkung‘“. Passend zum heutigen Tage möchte ich dem geneigten Leser daher hier drei Kurzandachten offerieren, die nicht unbedingt vom Heiligen Geist beseelt sind, aber zumindest von der Wirklichkeit durchs Stahlschiebedach geweht werden.
In Corleone nach der Hausnummer des aktuellen Paten fragen
So ging es zumindest dem Fahrer eines ADAC-Rückholtransporters vergangene Woche bei Melk in Niederösterreich. Beladen war der Lastwagen mit havarierten Urlauberautos, insgesamt sieben an der Zahl, davon vier mit Elektroantrieb, was sich als verhängnisvoll herausstellen sollte. Leser des Sonntagsfahrers sind mit entflammten E-Fahrzeugen ja inzwischen vertraut, Feuerwehren und Rettungskräfte ebenfalls, man redet aber nicht so gerne darüber, auch belastbare Zahlen gibt es nicht so recht, da könnte man auch in Corleone nach der Hausnummer des aktuellen Paten fragen.
Mit vereinten Kräften und unter Einsatz von schwerem Atemschutz sowie mehreren Strahlrohren konnten die Feuerwehren den Brand im Gemeindegebiet von Hofamt Priel eindämmen. OE24 schreibt: „Zur Bewältigung des Brandes wurde auch Löschwasser aus der angrenzenden Donau entnommen, um eine ausreichende Versorgung sicherzustellen – anders als bei brennendem Treibstoff, dem die Einsatzkräfte meist durch Löschschaum den notwendigen Sauerstoff entziehen, ist bei Lithium-Ionen-Akkus Wasser das geeignete Löschmittel“. Die Donau ist inzwischen auf dem Weg der Genesung.
Dann, so heißt es weiter, mussten die vier E-Wracks laut Polizei von einer Spezialfirma abgeholt werden, die die Fahrzeuge noch tagelang in einen Wassertank legt, damit die Batterien wirklich nicht wieder wie aus dem Nichts erneut in Flammen stehen und anderenorts ein Großfeuer auslösen. Die entsprechenden Fachbegriffe haben so beziehungsreiche Namen wie: „Thermal Runaway“ und „Quarantäneplätze“. Das Wort „Nachbrand“ war mir bislang allerdings nur im Zusammenhang mit zwei Pullen griechischem Süßwein bekannt. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker, alternativ vertrauen Sie dem Religions-Influencer der Tagesschau, Pascal Siggelkow, denn es ist alles ganz anders: „Desinformation über E-Autos. Falschmeldungen über Brände und Wasserverbrauch.“
„Das ist alles nur geglaubt“
Man kann einige Leute die ganze Zeit verarschen, man kann alle Leute für einige Zeit verarschen, aber man kann nicht alle Leute die ganze Zeit verarschen“, heißt ein englisches Bonmot, das Abraham Lincoln zugeschrieben wird. Nun wird es von einem weiteren großen Conducator, dem Mercedes-Vorsteher Ola Källenius fortgeschrieben: Man kann einige Leute die ganze Zeit verarschen, man kann alle Leute für einige Zeit verarschen, aber man kann sich selbst nicht die ganze Zeit verarschen. Auch in Untertürkheim brennt es, und die Frage ist, ob die Verantwortlichen demnächst in einer Neckarstaustufe religiös versenkt werden, bevor das ganze Kirchenschiff abfackelt, als sei es Notre-Dame zu Paris. Womit wir bei der zweiten Kurz-Andacht sind.
Sie gilt dem Mercedes-Vorstand, denn der hat die Entwicklung der Elektroplattform „MB.EA-Large“ gestoppt, ein mit religiöser Inbrunst verfolgtes Milliarden-Projekt. Man könnte dazu einen hübschen Song schreiben: „Das ist alles nur geglaubt“. Das bis vor kurzem noch alternativlose Transformationsprojekt des DAX-Konzerns ist im Lichte der Wirklichkeit so mausetot wie ein Mercedes EQS SUV, dem drei Kilometer vor der Ladestation der letzte Saft entfleuchte. Weil die Nachfrage nach luxuriösen Elektroautos viel geringer ausfalle als erwartet, lohne sich der Aufwand für die Entwicklung nicht mehr.
Der ignorante Kunde greift derweil lieber zum AMG-Verbrenner, für den laut Handelsblatt jetzt wohl ein neuer Achtzylinder entwickelt wird, die eindeutig schnellste Art, sich bei Greta zu revanchieren. Noch schlimmer treiben es die Chinesen: Sie entwickeln den Gottseibeiuns-Dieselmotor weiter und haben laut VDI-Nachrichten gerade mit 53 Prozent Wirkungsgrad einen neuen Weltrekord aufgestellt. Das kann das deutsche Ingenieurwesen zwar mindestens genauso gut, aber es darf nicht mehr.
Wobei das ein anderer Großdenker aus der Automobilindustrie schon zu seinen Amtszeiten großzügig ignorierte. Damit sind wir bei der dritten Andacht angelangt. Anlass dazu gibt Herbert Diess, der Volkswagen ebenso energisch elektrisch transformierte, respektive in eine Sackgasse ohne Wendemöglichkeit steuerte, wie Ola Källenius den Daimler. Diess meinte, ein Verbrenner-Verbot müsse Volkswagen „keine Angst machen" und forderte höhere Benzinpreise. Seine geistliche Sammlung der Gedanken im Gebet lautet: das Gute mittelbar (künstlich verteuern) und unmittelbar (EU) verbieten, um das Schlechte und Untaugliche mit Zwang durchzusetzen, sprich: Usain Bolt beide Beine brechen, damit Ricarda Lang gewinnt. Daraufhin drang dann doch ein Geistesblitz durch die verhangene Wolkendecke über Niedersachsen, und so zog jemand in Wolfsburg dem lieben „Dr. Death“, auch „Che Guevara unter den CEO’s“ genannt (von Gabor Steingarts „The Pioneer“), perfide den Stecker.
Inzwischen ging nicht nur Diess, sondern auch der E-Auto-Glaube an der Garderobe abgegeben: "Volkswagen wirft E-Auto-Pläne über Bord", titelte am Freitag Die Presse aus Österreich, der Plan von Volkswagen, alles auf Elektroautos zu setzen, sei vom Tisch: "Die Kernmarke des gleichnamigen Wolfsburger Konzerns, die ihre Elektroauto-Familie ID als Schlüssel für ihre Zukunft angepriesen hatte, räumte letzte Woche ein, dass sie mehr Plug-in-Hybride brauchen werde, um den nachlassenden Verkauf von reinen Elektroautos auszugleichen". Hinzu kommt: "Der Autobauer hat die Suche nach externen Investoren für seine Batteriesparte eingestellt. Pläne für eine zwei Milliarden Euro teure Elektroautofabrik in Deutschland wurden aufgegeben".
Ex-VW Diess ist noch immer so voll vom Transformationsspirit, dass er sich entschloss, fortan als Wanderprediger durch die Welt zu ziehen. „Solar ist so wettbewerbsfähig geworden, dass es sich nicht mehr lohnt, nach Kohle zu graben“ sagte er jüngst laut „Pioneer-Podcast“, denn die erneuerbaren Energien – speziell Solar – würden „den Strom potenziell deutlich günstiger machen“.
Die Betonung liegt auf „potenziell“ und auf „eine Kugel Eis“, deren Preis einst Jürgen Trittin heranzog, um die Kosten der Energiewende pro Bundesbürger zu veranschaulichen (die von Fachleuten mittlerweile bei rund einer Billion verortet werden). Siehe oben: Das ist alles nur geglaubt. Der mit der Eiskugel ist schon gut, aber der, der jetzt kommt, ist noch besser. Der sonnige Herbert setzt auf die Möglichkeit, den Bedarf des Netzausbaus durch Speicher zu reduzieren: „Der günstigste Speicher, der uns zur Verfügung steht, ist das Elektroauto“. Merke: Falls sein E-Auto gerade nicht brennt, soll sein werter Besitzer damit nicht dumm in der Gegend herumfahren, sondern dumm in der Gegend herumstehen und Strom speichern, damit der Nachbar die Sauna anwerfen kann.
Ein Mercedes EQS SUV steht mit gut 110.000 Euro in der Preisliste. Warum ich diesen Sonntagsfahrer mit der pfingstlichen Botschaft beenden will: Wenn das der preiswerteste Strom-Speicher ist, der uns zur Verfügung steht, dann muss der Herr hierzulande noch viel Hirn vom Himmel schicken.
Dirk Maxeiner ist einer der Herausgeber von Achgut.com. Von ihm ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Zu beziehen hier.
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