Henryk M. Broder / 30.04.2020 / 06:12 / Foto: Pixabay / 120 / Seite ausdrucken

Müllers Erleuchtung: Saubere Energie und frisches Blut für Europa

Immer, wenn ich den Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Gerd Müller, reden höre oder lese, was er geschrieben hat, dann denke ich: Einer von uns beiden muss verrückt sein, ich oder er, tertium non datur. 

Der Mann ist ein Bürokrat, in dessen Adern Tinte fließt. Vor kurzem hat er in einem Interview mit dem „Handelsblatt" gefordert, die EU sollte mit der AU einen Europa-Afrika-Pakt schließen. „Das muss ein Jahrhundert-Vertrag werden“, so Müller, dessen Vorausblick am Horizont nicht endet. Ein Glück, dass er keinen Vertrag über 1.000 gefordert hat, das hätte missverstanden werden können.

Zum Petersberger Klimadialog, einer der vielen Konferenzen, die zwischen den Weltklimagipfeln abgehalten werden, damit die Teilnehmer nicht aus der Übung kommen, hat Müller einen Masterplan veröffentlicht – wie man Afrika retten und zugleich die Energieversorgung Europas sichern könnte: indem "aus der Sonne Afrikas grüne Energie" produziert wird. Eine Win-Win-Idee: "Europa braucht mehr saubere Energie, und Afrika hat die Sonne, Wasserkraft und viele junge, motivierte Menschen."

Es versteht sich von selbst, dass Müller "Europa" sagt, aber "Deutschland" meint. So kämen wir dann endlich zu einem Platz an der Sonne, um den wir seit 123 Jahren kämpfen. Außerdem: Die vielen jungen, motivierten Menschen sind schon da, jetzt muss nur noch die saubere Energie aus Sonne und Wasserkraft erzeugt und irgendwie nach Europa rübergeschafft werden, am besten mit umweltfreundlichen Windjammern.

Müllers Masterplan, wie wir die Welt retten und einen neuen Umgang miteinander und mit der Natur finden, damit nie wieder ein Virus vom Tier auf den Menschen überspringen kann, ist von einer Einfachheit, die alle guten Erfindungen auszeichnet, das Rad, den Geschlechtsverkehr und die Teflon-Pfanne. Hier ist er.

Die Corona-Pandemie zeigt uns ganz klar: Wir dürfen nicht zur Normalität der Globalisierung zurückkehren. Wir müssen Globalisierung gerecht gestalten und einen neuen Umgang miteinander und mit der Natur finden. Dass das Corona-Virus vom Tier auf den Menschen überspringen konnte, ist auch eine Folge unseres Umgangs mit der Natur.

Um die Corona- und die Klimakrise weltweit einzudämmen, muss Europa jetzt entschlossen eine globale Vorreiterrolle übernehmen und darf nicht nur innen, auf sich selbst schauen.

Neben dem Schutzschirm sollte die EU auch ihren Green Deal für den Klimaschutz auf die europäische Nachbarschaft und afrikanische Länder ausweiten. Und ein ehrgeiziges Investitions- und Innovationspaket für den Ausbau erneuerbarer Energie in Afrika auflegen - weg von Kohle hin zu sauberen Zukunftstechnologien wie ‚grünem‘ Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen, wie wir sie in diesem Jahr in Marokko aufbauen.

Denn in Afrika entscheidet sich die Zukunft des Klimas: 600 Millionen Menschen haben in Afrika noch keinen Zugang zu Strom. Wenn jeder eine Steckdose auf Basis von Kohle bekommen würde, müssten hunderte neue Kohlekraftwerke gebaut werden. So erreichen wir die Klimaziele nie! Die Antwort Europas muss eine Energie- und Klimapartnerschaft mit einer Investitionsoffensive für Afrika sein. Denn Europa braucht mehr saubere Energie, und Afrika hat die Sonne, Wasserkraft und viele junge, motivierte Menschen.

Das liegt auch in unserem Interesse: wir stärken die Technologieführerschaft in Deutschland und helfen, die internationalen Klimaziele viel wirksamer zu erreichen. Gleichzeitig schaffen wir die dringend in Afrika benötigten Arbeitsplätze für die vielen jungen Menschen.

Ich hoffe, dass wir es während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft ab Juli schaffen, den EU-Haushalt der kommenden Jahre auf solche Zukunftsinvestitionen auszurichten. Denn das ist die Zukunft: aus der Sonne Afrikas grüne Energie zu produzieren. Für die Menschen dort und uns in Europa.

Das Entwicklungsministerium wird dieses Jahr dazu ein Markteintrittsprogramm für erneuerbare Energien auflegen – gemeinsam mit der Afrikanischen Entwicklungsbank. Vor allem deutschen und afrikanischen Mittelständlern soll so die Finanzierung von Zukunftstechnologien in Afrika leichter gemacht werden.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

A.Lisboa / 30.04.2020

Die Deutschen sind in ihrer Mehrheit stolz auf die humane und durchdachte (Welt-, Migranten-, Energie-, Klima-, Agrar-, Steuer-, Religions- usw.) Politik, die von der großen Vorsitzenden und ihren qualifizierten Mitstreitern in Berlin ausgedacht und umgesetzt wird. Es ist schon alles vom Ende her durchdacht, also keine Sorge, wird schon klappen und ein bißchen Risiko gehört eben zum Geschäft. Das Volk weiß, es kann sich beruhigt schlafen legen, denn im Bunker in Berlin wird von der Führung des Landes Tag und Nacht verbissen daran gearbeitet, Schaden von ihm abzuwenden. Wir haben noch viele Geheimwaffen im Köcher! Andere Völker beneiden die Deutschen um ihre umsichtigen Spitzenpolitiker. Z.B. redet niemand in der Welt so schlecht über unsere große Kanzlerin wie man über Trump, Johnson, Bolsonaro oder diese Diktatoren Putin und Orban redet. Es ist doch offensichtlich, dass die Kanzlerin der Deutschen die Größte ist, darum hofft ja jeder im Land dass sie nochmal verlängert!

Johannes Schuster / 30.04.2020

Ich frage mal, ob es nicht besser wäre eine Parallelgesellschaft aufzuziehen, um die bestehende irgendwann nicht zu ersetzen, aber um etwas zu haben, was man hat, wenn sich der Ist - Zustand restlos selber zersetzt hat. Ich meine das nicht ideologisch, sondern strukturell. Eine Marktsubstitution ist immer dann sinnvoll, wenn ein Unternehmen überaltert und an seiner mangelnden Wandlungsfähigkeit zugrunde geht.

Richard Loewe / 30.04.2020

zum Glueck hat er nicht “frisches Blut fuer Europa” geschrieben, denn sonst haette ich das am Ende missverstanden. Fliesst ja schon genug Blut in Deutschland. Nur nicht durch das Hirn des Herrn Ministers.

Uta Buhr / 30.04.2020

Das Wandern ist des Müllers Lust. Unser genialer Entwicklungsminister sollte sich diesen schönen Slogan zu Herzen nehmen und dorthin auswandern, wo er auf eigene Kosten Gutes tun kann. Meine besten Wünsche begleiten ihn.

Jürgen Keil / 30.04.2020

“...Denn Europa braucht mehr saubere Energie, und Afrika hat die Sonne, Wasserkraft …” Also ich verstehe das so, Europa, nein die EU, soll irgendwann einmal Strom aus Afrika erhalten. Ich halte mich jetzt mal nicht mit dem kleinen Problem der Finanzierung auf. Nur mal 5 Minuten über das Detail Stromübertragung nachdenken: In Afrika gibt es natürlich Hochspannungsleitungen. Aber ich gehe davon aus, dass von den in Afrika noch zu errichtenden hunderten Wasserkraftwerken und Photovoltaikanlagen, ein Netz neuer Hochspannungsleitungen durch verschiedenste Staaten gelegt werden müsste. Wir alle wissen, das afrikanische Staaten nur von uneigennützigen Menschen regiert werden. Also Deutschland hat schon ein Problem den grünen Strom vom Norden in den Süden zu bringen, gerade mal über 500 km. Da sind ein paar Tausend Kilometer in Afrika und durchs Mittelmeer? Ach, ich hör jetzt auf. Nein, doch noch was: Angenommen, der europäische Gott hat geholfen, das Projekt konnte realisiert werden. Dann könnte jetzt ein Rechtgläubiger ein Beil nehmen, und halb Europa wäre dunkel. Das war Satire!

Alexander Schilling / 30.04.2020

Gerd Müller?——“Plötzlich müllerts vor dem Kasten // Das Volk schreit Uwe, wie mir scheint, // Da schießt der Müller knapp daneben, // Denn er war ja nicht gemeint” (F. Fesl, Fußball-Lied). Knapp daneben, auch vorbei.

E. Albert / 30.04.2020

Und den afrikanischen Öko-Strom speichern wir dann im Netz, richtig? Meine Güte, sind wir an den politischen Schaltstellen wirklich nur noch mit Geistesgrößen gesegnet?! (Es könnte einem ja glatt egal sein, wenn es nicht ständig unser aller Geld kosten würde!)

Falk Dietrich / 30.04.2020

Sehr geehrter Herr Broder, seien Sie doch bitte etwas dankbarer und demütiger. Schließlich liefert Ihnen Herr Müller (und die anderen Bekloppten und Bescheuerten) Stoff für ein neues Buch. Ich freue mich schon darauf. Herzlichste Grüße aus Dresden Ihr Falk Dietrich

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Henryk M. Broder / 03.04.2024 / 12:00 / 120

Kein Freibrief von Haldenwang

Von „Verfassungshütern“ wie Thomas Haldenwang geht die größte Gefahr für Meinungsfreiheit und Demokratie in unserem Land aus. Wenn die Bundesrepublik eine intakte Demokratie wäre, dann…/ mehr

Henryk M. Broder / 12.03.2024 / 14:00 / 62

Christian Wulff: Liechtenstein? Nein, danke!

Unser beliebter Ex-Präsident Christian Wulff hat Angst, Deutschland könnte auf das Niveau von Liechtenstein sinken. Das kleine Fürstentum hat auf vielen Gebieten längst die Nase…/ mehr

Henryk M. Broder / 07.03.2024 / 16:00 / 19

Aserbaidschanische Kampagne verhindert Armenien-Debatte

Eine in Berlin geplante Buchpräsentation und Diskussion über bedrohtes armenisches Kulturgut konnte aus Sicherheitsgründen nur online stattfinden. Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. (DGAP)…/ mehr

Henryk M. Broder / 04.03.2024 / 14:00 / 23

Michael Blume: Vom Zupfgeigenhansl zum Ersten Geiger?

In der Dienstzeit des Antisemitismus-Beauftragten Michael Blume hat die Zahl antisemitischer Straftaten in Baden-Württemberg erfolgreich zugenommen. Aber der Mann hat andere Sorgen. Ende Dezember letzten…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 12:15 / 35

Eilmeldung! Herr Schulz ist aufgewacht!

Im Büro der Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann war nach einem Bericht von Achgut.com die Luft heute morgen offenbar besonders bleihaltig. Richtet man…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 06:00 / 125

Frau Strack-Zimmermann hat Cojones, ist aber not amused

Es spricht für Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ), dass sie mein Schaffen verfolgt. Deshalb hat sie noch eine Rechnung mit der Achse offen. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ) hat…/ mehr

Henryk M. Broder / 22.02.2024 / 10:00 / 80

No News aus Wolfsburg in der Tagesschau

In Wolfsburg stellt sich der VW-Chef auf die Bühne, um Weltoffenheit zu demonstrieren. Die Belegschaft hat derweil andere Sorgen. Die Tagesschau meldet, auch an diesem Wochenende hätten tausende…/ mehr

Henryk M. Broder / 18.02.2024 / 11:00 / 57

Eine Humorkanone namens Strack-Zimmermann

Ja, wenn einem deutschen Politiker oder einer deutschen Politikerin nichts einfällt, irgendwas mit Juden fällt ihm/ihr immer ein. Dass immer mehr Frauen in hohe politische…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com