Henryk M. Broder / 04.05.2019 / 06:23 / Foto: Fabian Nicolay / 76 / Seite ausdrucken

FES: Wir meinen es doch gut mit den Juden. Schon immer

Wie Sie bestimmt mitbekommen haben, wurde unser Kollege Chaim Noll von der Friedrich Ebert Stiftung zu einer Lesung nach Leipzig eingeladen und kurzfristig wieder ausgeladen. In einer nachgeschobenen Erklärung des Leiters der FES-Niederlassung in Leipzig hieß es, Noll urteile pauschal und ideologisch, er verachte die deutsche Politik insgesamt, sieht sie als Verräterin - mit Ausnahme der AfD und veröffentliche solche Texte bevorzugt bei der „Achse des Guten“, einem Forum, das man mindestens rechtspopulistisch nennen kann. 

Schließlich übte der Leiter der Leipziger FES-Filiale Selbstkritik, als müsste er sich bereits vor einem Parteigericht verantworten: „Ich muss mir den Vorwurf machen lassen, mich nicht rechtzeitig genug informiert zu haben. Dann wäre diese missliche Situation nicht entstanden. Das bedauere ich.“

Nicht die Ausladung war "misslich", sondern die irrtümlich erfolgte Einladung. Und nachdem die Jerusalem Post die Sache aufgegriffen hatte, trat wieder eine missliche Situation ein. Der Büroleiter der FES in Leipzig sah sich genötgt, ein Statement in Reaktion auf die mediale Debatte um die Haltung der FES zu Chaim Noll abzugeben, in dem er die unsachliche Debatte bedauerte und die Unterstellung anti-israelischer Aktivitäten weitschweifig von sich wies. Das sei ein Vorwurf, der jeder Grundlage entbehrt und uns auch betroffen macht.

"Das Problem ist", hat Dieter Bohlen mal gesagt, "mach einem Bekloppten klar, dass er bekloppt ist". Ähnlich schwierig dürfte es sein, einem Sozialdemokraten klar zu machen, dass sein SPD-Parteibuch ihn nicht davor bewahrt, antisemitischen Unsinn von sich zu geben, ganz im Sinne von August Bebel, der den Antisemitismus den "Sozialismus der dummen Kerls" genannt hat. 

Eine Anfrage beim Leipziger Vorsteher der FES, warum die Achse mindestens rechtspopulistisch sei, blieb unbeantwortet. 

Siehe auch diese Beiträge zum Thema: 

Chaim Noll spricht über die Geschichte seiner Ausladung

Friedrich-Ebert-Stiftung: Die Logik des Anklägers

Warum ich von der Friedrich-Ebert-Stiftung ausgeladen wurde

Foto: Fabian Nicolay

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Martin Stumpp / 04.05.2019

Rechtspopulistisch manchmal auch nur populistisch ist zwischenzeitlich eine andere Bezeichnung für oppositionell. Oppositionell ist jetzt eher positiv besetzt mindestens jedoch nicht negativ. Die DDR sprach deshalb von konterrevolutionär und heute nennt man es eben populistisch.

Udo Kemmerling / 04.05.2019

Ein trauriger Spezialdemokrat beweist seine Kleinkariertheit! Quid novi?

Christa Born / 04.05.2019

Danke für Ihre Berichte hierzu! Unser “Judenknax”. Der Holocaust und das alles, ja das war natürlich nicht richtig. Waren die Nazis. Nie wieder!! Dann die Bombe in der Fasanenstrasse, die Selektion von Juden durch junge deutsche Gutmenschen in Entebbe, die Palästinensertücher an den Unis, die Solidarität mit den Zielen der Fatah, der Brandanschlag auf das Altenheim der Israelitischen Gemeinde München, etc… geht ja nicht gegen den einzelnen Juden, nein nein, es gilt nur dem US-zionistischen Imperialismus. Alles ziemlich weit hergeholt, ich weiss, gehört aber irgendwie doch vertrackt zusammen. Sollte immer mal wieder dran erinnert werden. Hoffentlich veröffentlichen Sie das. Bin gerade stinksauer…

U. Unger / 04.05.2019

@Manfred Lang. Hervorragender Kommentar, schließe mich an. Und vielen Dank für die Blume, da ich besonders schätze, wie viele tolle Autoren hier sogar die (lustigen) Kommentare schreiben! Es gibt dann so Situationen, dass man gar nicht mehr schreiben braucht, was man eigentlich wollte. Es dürften die Kommentare sein, die uns so verdächtig machen. Die verlinkte Erklärung der FES ist die Kurzfassung aller Befindlichkeitsstörungen, die ein Sozialdemokrat derzeit haben kann. Ein schriftlicher Hilferuf.. Heraus kommen dann Texte, deren Gestaltung mit utopisch, bizarr, fragmentarisch umfassend beschrieben sind. Die Verfasser (einer, der das Wort ich krankhaft mit wir verwechselt?) irren , da er Johannes Rau und dessen Aussage, vollkommen falsch versteht. Ich leite aus dem Zitat (J. Rau) andere Verhaltensweisen ab. Präventive und permanente Rücksichtnahme auf israelische Interessen! Sonst nichts. Folgerichtig? Falls ja, könnte ich der FES den Vortrag: “SPD, vom Barmer Ersatzkanzler zu einer Vielzahl Armer Ersatzkanzler.”, anbieten. Allerdings nur gegen Vorauskasse und unter der Bedingung, dass ich Herrn Noll mit einer Freikarte einladen darf.

Thomas Taterka / 04.05.2019

A propos George Steiner : Lesen Sie bitte die Zitate, die im Wikipediaeintrag aufgeführt sind. Ein Hinweis, in aller Bescheidenheit, - damit man fest “im Sattel sitzt “. Und das Wahlplakat auf dem Foto oben braucht ein Update : es muß heißen ” Wegducken “.

Wiebke Lenz / 04.05.2019

Selbst wenn die Achse rechtsextrem wäre (rechts im Sinne von konservativ ist sie durchaus), so lässt sie durchaus auch andere Autoren zu Wort kommen. Als Beispiel sei die Beheizung mit Holz genannt. Und rechtsextrem bedeutet lediglich, dass die konservativen Gedanken gefestigter sind als bei “normaler” rechter Gesinnung. Die CDU/CSU sitzt bzw. saß ja nicht umsonst auf der rechten Seite im Parlament. Kritisch wird es stets bei links- oder rechtsradikalen Denkweisen und Handlungen. (Seltsamer Weise gibt es in D. aber keinen Linksradikalismus. Ebenso wenig wie es Linkspopulismus gibt.) Ich habe aber noch keinen Artikel auf der Achse gelesen, der zur Gewalt aufrufen würde. Oder mich dazu animiert hätte. Ggf. liegt es aber auch daran, dass - trotz tatsächlicher Meinungsübermittlung - die Artikel entweder gut oder weniger gut recherchiert sind und Berichtigungen in den Leserkommentaren zugelassen werden.

Gotthelm Fugge / 04.05.2019

Tagesstimme / 20190503 / Viktor Orban: “Wenn die Linken gewinnen, wird Europa ein islamisches Kalifat werden.” Stets sind es die vermeintlichen Gutmenschen-Experten des Altparteienkartells, der ungekrönten Modernisierungsgewinner und Globalisierungssieger, die die Lauterkeit der menschlichen Fortschrittsentwicklung mit eben IHRER Moralmeßlatte der ach so “bunten, weltoffenen Gesellschaft” gleich einer Erbpacht beanspruchen. Nur “IHRE” Haltung gilt. Alles andere läuft unter der Rubrik “Hetze” Da kann noch so ein “rosafarbener Elefant im Raum stehen”, sprich, die wahrliche Realität vorliegen, sie wird halt mit der von ihnen “gottgegebenen Haltung” glatt ausgeblendet und weggebügelt. Wie der stark exponentiell ansteigende muslimische Antisemitismus in EU-Ländern. Beispiel gefällig? Hier:  Jüdische Allgemeine (DE)  /  20190503 / “Die Angst geht um” ““Es geht weiterhin ein Gespenst um in Europas jüdischer Gemeinschaft, das Gespenst des Antisemitismus. Online‐Umfrage der EU‐Grundrechteagentur FRA: Die Ergebnisse zeigen , dass Judenhass nicht mehr überwiegend vom RECHTEN Rand kommt. Die Teilnehmer nannten als häufigste Tätergruppen -  radikale Muslime (30 Prozent), -  gefolgt von Menschen aus dem linken politischen Spektrum (21 Prozent), -  Arbeits‐ oder Schulkollegen (16 Prozent), -  Menschen aus dem Bekanntenkreis (15 Prozent) und erst dann -  Personen mit rechtsextremen Ansichten (13 Prozent).”“ Diesen gut recherchierten Investigativ-Beitrag sollten sich auch einmal eine Fr. Knobloch (ehemalige Präsidentin des ZR der Juden in DE) sowie der Beauftragte der BR für jüdisches Leben in DE/Antisemitismus Felix Klein antun, bevor sie wieder einmal im Claas-Münchhausen-New-Fake-Strong-Hater-Relotius -SPIEGEL-Mode ihre unsäglichen Hetzattacken und haltlosen Plattitüden gegen die demokratisch legimitierte Partei AfD tsunamiartig lostreten (Jetzt auch mit original WeLT-Karmann-&-FAZ-Bender-Bashing-Siegel!) und das mündige Leservolk einfach für blöd verkaufen wollen!

Uta-Marie Assmann / 04.05.2019

Sollte Chaim Noll tatsächlich <die deutsche Politik insgesamt verachten und sie als Verräterin sehen>, zeigt dies sein analytisches Denkvermögen - und sein Rückgrat !

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