Die Scham ist vorbei - so hieß ein populäres “Frauenbuch”. Und so kömmt es mir vor: sie ist leider vorbei. Es gibt ein ausgeprägtes Selbstbewußtsein durch begütigendes gesellschaftliches Nannytum - da braucht es keine Scham mehr. “Alles gut” lautet der Wahlspruch. Dergestalt sediert, sind die Insassen dann auch willfährig.
Oberprima-Deutschunterricht Ende der 1960er: Für jeden Kommafehler im Aufsatz musste man in der Berichtigung die fehlerhafte Stelle nunmehr richtig schreiben und zusätzlich die jeweilige Kommaregel angeben… WENN man dann in der Berichtigung einen anderen Rechtschreib- oder Kommaregelfehler machte, musste man eine “zweite Berichtigung zur ersten Berichtigung” machen. Ich hatte es seinerzeit mal auf eine “dritte Berichtigung zur…” gebracht. OK, sichalich aus häutiger Sicht etwas extrehm aber irgentwie bedänkenzwert.
Man liest es und ist ratlos. Wir haben jetzt also eine Generation mit Abitur, die an die Universitäten drängen, aber eigentlich nichts oder wenig können. Da wird ihnen auch nicht viel beigebracht, weil auch dort das Halbwissen Einzug gehalten hat. Mmh… Politolog/innen, Soziolog/innen und Gender-Forscher/innen sind Leute, die sich eine Gesellschaft leisten kann, wenn auf der anderen Seite genügend Leute stehen, die tatsächlich Werte schöpfen. Eine Gesellschaft muß wirtschaftlich zerbrechen, und daran hängt am Ende alles, wenn die Zahl der unproduktiven Hofnarren ins unermeßliche wächst. Hofnarren sind keine Leute, die die Rente anderer erwirtschaften. Sie waren schon immer Transferempfänger, abhängig von der Laune des Hofherren.
Der zitierte Schüler schreibt was von “ausgebrannt” sein, von “Leistungsstress” und “Leistungsgesellschaft”. Boah ey ! Wie passt das mit dem heruntergefahrenen Bildungsstandarts zusammen ? Bei 50% Abiturientenquote kann ja wohl von Stress nicht die Rede sein, oder reden sie hier nicht von Lernstress ? Was stresst die lieben Kinderlein denn dann so schlimm ? Ich verstehe das echt nicht - bitte um Aufklärung.
@Raphael Yohanan Gruber: Ich bin ein Geschichts- und Englischlehrer an einem Gymnasium, also nicht einmal ein Deutschlehrer. Um das von Ihnen angesprochene ‘Gejammer von Lehrern’ hier einmal fortzuführen: Ich würde in Ihrem recht kurzen Text an 19 (!) Stellen sprachliche Verstöße anstreichen. Vielleicht hat der Autor des Artikels ja doch recht?
Vorneweg: Entschuldigen Sie, aber ich muss Sie leider korrigieren, denn es heißt “Nazi Göring”! Im Zeitalter der elektronischen Kommunikation wird Sprache schlichtweg überbewertet, genau wie Gesetze. Wenn dann ein Migrantenspross in dritter Genaration das deutsche Grundgesetz nicht versteht: kann er doch nix dazu, kriegt er eben die “GehenichtinsGefängnis” Freikarte, weil er ja nix dafür kann. Und genau, wie bei den Palästinensern, hat jeder Migrantenspross auch in der Xten Generation immer noch einen Flüchtlingsstatus. Sorry, aber für mich ist diese ganze Diskussion nur ein Abgesang auf die Bundesrepublik Deutschland.
Einer meiner Vorschreiber hat hier das Wort “Berufsfähigkeit” eingeworfen. Genau dort liegt das Problem. Wenn alle das Abitur haben weil die Standarts immer niedriger werden ist die Hochschulreife nichts mehr wert. Unsere “Lehrlinge” (im Straßenbau gibt es keine Azubis) werden von einem pensionierten Lehrer betreut damit er ihnen bei der Bewältigung der Berufsschule hilft. Er sorgt dafür das die Jungs und “Mädels” fit sind für die Prüfungen. Vor allem in Deutsch und mathematik. Selbst unsere Mitarbeiter mit Migrationshintergrund suchen unseren Lehrer auf um z.B. Texte vom Amt besser zu verstehen. Die Kosten trägt die Firma und wir legen das auf die Preise um. Herr Geißler, als ich zur Schule ging wurde mehr nach dem realen Leben gelehrt als Heute. Dieses ist zumindest mein Eindruck. Wo sind eigendlich die ganzen Haupt- und Realschüler geblieben? Damit hier nicht gleich Protest kommt: Meine Firma ist im Erd-Tief- und Straßenbau tätig und dazu noch als Spedition. Wir bilden im Tief- und Straßenbau sowie zum Berufskraftfahrer aus.
Ich muss feststellen, dass klassische Bildung weniger Stellenwert hat. Man sieht in der Ausbildung an einer Hochschule nur eine Ausbildung. Dass Bildung an sich einen Wert darstellt, sehe ich bei vielen meiner Kollegen nicht. Es liest praktisch keiner außer mir Bücher. Wahrscheinlich wissen die Leute nicht mal mit den Namen Fontane, Eichendorff oder Novalis etwas anzufangen. Ich bin Informatiker und habe nicht nur überdurchschnittliche viele Fachbücher und -artikel gelesen, sondern eben auch Romane, Gedichte, Novellen usw. Das war mir schon während des Studiums wichtig. Ich bin immer interessiert. Das Lesen von Fachbüchern ist bei meinen Kollegen auch nicht hoch im Kurs. Ich verstehe es nicht. Es gibt auch kaum Interesse für Theater, Oper und klassische Konzerte. Ich komme nicht gerade aus einem Elternhaus, wo das hoch im Kurs stand und musste mir vieles intellektuell aneignen. Ganz schlimm fand ich, dass ich gegenüber jemanden per WhatsApp von “pekuniären Anreizen” sprach und die Person muss dann offenbar erst einen Duden konsultiert haben, weil er hinterher meinte, ein neues Wort gelernt zu haben. Das schlimme ist: Die Person ist jenseits der 40 und hat eine Bankausbildung. Sich zu bilden, ist enorm wichtig, um seinen Sprachschatz zu erweitern. Das passiert implizit, wenn man liest. Ich weiß nicht, ob ich aus der Art geschlagen bin, aber ich fand Bildung schon immer reizvoll. Da ich nun 20 Jahre Kunde bei Amazon bin, wie ich kürzlich beim Login feststellen konnte, fiel sofort ein, was meine erste Bestellung war. Es waren “Die Buddenbrooks” und “Der Prozess”. Ich setzte mir die Herausforderung, beide Bücher zu lesen und hab’s dann auch getan. Zur Zeit bin ich versessen auf Schach und lese sogar darüber und ich will darin besser werden.
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