Henryk M. Broder / 27.05.2020 / 11:00 / Foto: Acgut.com / 61 / Seite ausdrucken

So macht ein Puffbesuch keinen Spaß!

Corona hat unser Leben neu formatiert. Da ich schon immer im Home Office gearbeitet habe, hat sich für mich nicht viel verändert. Ich gehe jetzt nur öfter zu ALDI als früher. Der Supermarkt ist der sozio-kulturelle Mittelpunkt meines Lebens. Allen Vorsätzen zum Trotz komme ich nicht dazu, die Bücher zu lesen, die ich schon immer lesen wollte – Fukuyamas "Identität", Raspails "Heerlager der Heiligen" –, was auch damit zu tun hat, dass das Kultur- und Fortbildungangebot im Netz geradezu explodiert ist. Konzerte, Lesungen, Diskussionen, Gottesdienste – alles findet im Netz statt. Und täglich wird es mehr. 

Heute zum Beispiel lädt das American Institute for Comtemporary German studies (AICGS) zu einem Webinar über Germany’s Colonial Past 30 Years after Reunification ein, von 1 pm bis 2 pm, MEZ vermute ich. Nun war ich bis jetzt der Meinung, dass Deutschlands koloniale Vergangenheit mit der Aufgabe von Togo, Kamerun, der Palau-Inseln und anderer Überseegebiete spätestens 1919 vorbei war, aber ich lasse mich gerne eines Besseren belehren. Es ist wohl an der Zeit, auch Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt in die Unabhängigkeit zu entlassen.

Gleich darauf, von 4 pm bis 4.45 pm, bittet das Aspen Institute Germany zu einer "virtual discussion" über das Thema Politics in the New World: Presidential Approval, COVID-19, and the 2020 ElectionFaszinierend. Ich wollte schon immer wissen, wie die Zustimmungsraten für den Präsidenten – ich vermute, es ist Trump – mit dem Virus Covid-19 korrelieren und wie sich das Virus auf die nächsten Präsidentenwahlen auswirken wird. 

Der Vorteil solcher Webinare und virtual discussions liegt vor allem darin, dass die bei solchen Events übliche "Happy Hour" enfällt. Kein Bier, kein Wein, keine Häppchen. So sparen die Veranstalter Kosten auf Kosten der Besucher, die daheim vor ihren Computern sitzen und Haribos kauen. Gemütlich ist das nicht, aber es kann sein, dass es der Selbstfindung dient.

Die Rückkehr zur Normalität im Erotikgewerbe

Damit wäre der Tag eigentlich schon verplant, wenn da nicht auch noch die Eröffnung der neuen Wandelhalle in Bad Salzuflen wäre, die heute, am 27. Mai, für den Publikumsverkehr freigegeben wird. Da kann man dann hin und her wandeln und sich Gedanken über Deutschands koloniale Vergangenheit machen oder darüber sinnieren, ob Trump trotz oder wegen Covid-19 wiedergewählt oder abgewählt wird.

Und wem das nicht reicht, der kann schon mal damit anfangen, sich mit dem „Hygienekonzept" vertraut zu machen, das der "Unternehmerverband Erotikgewerbe Deutschland" erarbeitet hat, um "eine klare und zeitnahe Eröffnungsperspektive für Prostitutionsstätten" zu etablieren. Nachdem die "Betriebsverbote für andere körpernahe Dienstleistungen wie Friseursalons, Tattoo-, Piercing und Massagestudios" aufgehoben wurden, würde "die fortgesetzte Schließung (der Prostitutionsstätten) gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes" verstoßen.

Um die "Rückkehr zur Normalität im Erotikgewerbe verantwortungsvoll und professionell mit der Politik zu gestalten", sieht der "Stufenplan" vor, "dass in Prostitutionsgewerben zunächst nur erotische Massagen wieder erlaubt werden, Oral-, Vaginal- oder Analverkehr jedoch bis auf weiteres verboten bleiben". Weitere Leistungen sollen nur "unter Berücksichtigung des landesspezifischen Infektionsgeschehens und in enger Abstimmung mit den zuständigen Behörden" wieder zugelassen werden.

Ich frage mich, wer diese Bestimmungen effektiv und grundgesetzkonform kontrollieren soll. Das Ordnungsamt, das Verkehrsamt oder die Freiwillige Feuerwehr? Ein Besuch im Puff macht keinen Spaß, wenn man die ganze Zeit mit dem Grundgesetz unterm Arm herumlaufen muss und die Maske „während des gesamten Verkehrs" nicht ablegen darf.

Dann doch lieber die Wandelhalle in Bad Salzuflen.

Foto: Achgut.com

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Leserpost

netiquette:

Stephan Bender / 27.05.2020

” ... dass in Prostitutionsgewerben zunächst nur erotische Massagen wieder erlaubt werden, Oral-, Vaginal- oder Analverkehr jedoch bis auf weiteres verboten bleiben ...“—- Was für Anfänger! ... Was für Analog-Loser! ... Erst still mit sich selbst kommen, dann umgehend auf die Toilette und dort Eiswürfel pinkeln: Dies ist die hohe Kunst des keimfreien Corona-Sexes, und nichts anderes!

Merlin Michael / 27.05.2020

Herr Kemmerling Sie haben vergessen wie die Mauren und Napoleon in Europa gewüstet haben und Spanien, Portugal und GB alle Weltmeere unsicher gemacht hatten und die Afrikaner nach Amerika versklavten usw. Für dieses Menschen ist nur Deutschland auf der Welt der Übeltäter und Zahlmeister.

Wolfgang Janßen / 27.05.2020

Eine Zusatzfrage zu dem Thema: Wird ein One - Night - Stand zur Zeit als Mordversuch gewertet?

Belo Zibé / 27.05.2020

Da kommt sicher noch eine Doktorarbeit raus:  The anal, oral and vaginal approval, COVID-19, and the 2020 Erection [of dirty old white men, versteht sich ]

Dr. Karl Wolf / 27.05.2020

Geschlechtsverkehr mit 1,50 m Abstand. Also da dürfte es bei den meisten Männern nicht reichen.

Johannes Schuster / 27.05.2020

die Kolonien 30 Jahre danach ?!: Diese Manier sich mit Macht noch den letzten Streif von Moral in Form von Nutella aus dem Hinterteil zu quitschen, das ist so very disgusting. Wenn mich nicht alles täuscht ist Moral das der Volksstrum des Größenwahns kurz vor seinem Kollaps, doch wann der kommt, kann keiner voraussagen: Es fährt ein Zug nach nirgendwo.

Joerg Haerter / 27.05.2020

Eine Frage, gehen Sie auch immer artig mit Maske?

Udo Kemmerling / 27.05.2020

Deutschlands koloniale Vergangenheit hat etwa so lange gedauert wie die Wiedervereinigung jetzt zurückliegt. Warum schreibt eigentlich nie irgendwer über 400 - VIERHUNDERT - Jahre osmanischen Kolonialismus, und darüber, warum praktisch jedes ernst zu nehmende Krisengebiet, inklusive Griechenland als Fiskalkatastrophe, auf dem Boden dieses Kolonialreiches liegt???? Zu Viren und ihren Implikationen ist wirklich alles gesagt, nichts dazu von mir!

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