Dirk Maxeiner / 11.03.2020 / 06:12 / Foto: Amadalvarez / 124 / Seite ausdrucken

Klimaretter begrüßen Corona-Virus

Egal ob Tsunami, Terroranschlag oder Börsencrash: Wann immer sich Schlimmes ereignet, werden Klimaschützer von so einer Art Katastrophen-Eifersucht befallen. Motto: Jetzt habt euch mal nicht so, die einzig wahre, finale und Überhaupt-Katastrophe ist die Klimakatastrophe. Sie ist die Mutter aller Katastrophen, da kommt nix dran und die lassen wir uns nicht von trivialen Kleinunfällen kaputt machen. Aktuell lässt sich das beispielsweise beim Spiegel beobachten, da ist der Kolumnist Christian Stöcker regelrecht beleidigt und klagt: „Covid-19 legt Teile der Weltwirtschaft lahm, Notenbanken senken die Zinsen, Regierungen verkünden drastische Maßnahmen. Warum funktioniert das nicht bei der ungleich gefährlicheren Katastrophe, die uns droht?“ 

Dem Mann kann geholfen werden, die Antwort ist ja relativ einfach und besteht im Wesentlichen aus ein paar einfachen Einsichten: Am Coronavirus sterben konkret jeden Tag Menschen, während es sich beim Klimafieber lediglich um eine vermutete Katastrophe in 50 oder 100 Jahren handelt. „Und dann ist da diese andere potenzielle Katastrophe, ebenso global“, schreibt Stöcker. Man beachte das Wort „potenziell“. Wer die Folgen des Corona-Virus sehen will, muss nur einen Blick nach China oder Italien werfen, für die Folgen des Klimawandels braucht man hingegen eine Glaskugel und einen festen Glauben, ähnlich wie beim Fegefeuer. 

Aber auch da weiß Stöcker Rat: „Glauben Sie nicht mir, glauben Sie den Ökonomen einer Bank, die bis heute ständig Großprojekte zur Ausbeutung fossiler Brennstoffe finanziert“, schreibt er und zitiert aus einem „geleakten internen Bericht“ der Bank JP Morgan. Diese bekannte Großforschungseinrichtung ist zwar nicht in der Lage, den Dollarkurs von morgen vorherzusagen, hat aber zum Thema Klima Bahnbrechendes herausgefunden: "Wir können katastrophale Entwicklungen nicht ausschließen, die das menschliche Leben an sich, wie wir es kennen, bedrohen." Genau wie ich nicht ausschließen kann, dass ich morgen Chefredakteur des Spiegel werde und Christian Stöcker als Korrespondent in die Antarktis versetze. Dort könnte er auch das erste Gebot der Nachhaltigkeit kennenlernen: Ich muss erst mal heute überleben, wenn ich morgen die Welt retten will.

„Plädoyer für das Corona-Virus“

Aber die Sache mit dem Überleben ist in einer Branche, in der Neugeborene schon mal als CO2-produzierende Klimaschädlinge empfunden werden, eigentlich nicht mehr auf der Höhe der Zeit. „Corona-Virus als Klima-Retter“ heißt es bei Telepolis, und Autor Marcin Pietraszkiewicz formuliert als "advovcatus diaboli" ein "Plädoyer für das Corona-Virus". Zitat: „Das kleine Virus hat das Potenzial zu vielen positiven Änderungen“, denn, so die bestechende Logik: „Wie die neuesten Bilder der NASA und der ESA zeigen, ist die Stickoxid-Konzentration über China seit dem Ausbruch der Corona-Epidemie drastisch zurückgegangen. Die NASA spricht von einer Reduktion dieses Treibhausgases um bis zu 30 Prozent“. Und dann werden auch noch Statistiken und mutmaßliche Erkrankungs- und Todesfälle durch Luftverschmutzung mit den Corona-Toten verrechnet und der Schluss nahegelegt: In der Gesamtbilanz alles paletti, Corona rettet massenweise Menschenleben. Die Armen von heute dürfen ruhig sterben, damit die Reichen von morgen überleben können. Zumal das sozialverträgliche Frühableben auch die Krankenkassen entlastet.

Zynismus, Nihilismus und Misanthrophie sind für Klimaretter dieser Couleur feste Lebensabschnittsbegleiter. „Der Klimawandel ist wahrscheinlich langfristig eine weit größere Gefahr für das Überleben als jetzt aktuell das Corona-Virus“, sagt auch der Soziologe Harald Welzer in einem Kommentar auf dem Berliner Radio 1 (RBB), „also wenn wir nur ein Spurenelement des Virus-Aktivismus in der Klimapolitik sehen würden, dann wären wir schon erheblich weiter. Also Corona machts möglich, CO2 anscheinend nicht“.

Und dann bricht der feuchte Traum eines jeden Totalitären aus ihm heraus. Die drastischen Maßnahmen gegen Corona haben es ihm total angetan: „Wir sehen in der Klimapolitik das exakte Gegenteil, das ist alles total kompliziert, man muss auf alle Rücksicht nehmen, die Bürger, die Gelbwesten, die Autoindustrie, die Wirtschaft, die Vogonen, was auch immer und in den Talkshows erklären Markus Söder, Olaf Scholz und Christian Lindner unermüdlich, dass man den Menschen nichts vorschreiben kann, und Freiheit sei ja überhaupt das wichtigste und Öko-Diktatur geht gar nicht und so weiter und so weiter“.

Ja, das wär‘s doch: Auf niemanden Rücksicht nehmen. Bürger, Gelbwesten und sonstige Vogonen unter Hausarrest stellen. Die Freiheit endlich mal ein bisschen aussetzen. Und dann wird endlich das Öko-Paradies über uns kommen. Welzer: „Und am Ende wird man sehen, dass es auch mit weniger von allem geht, ohne dass die Welt untergeht. Wir können lernen, dass wir vieles von dem, was wir jetzt als notwendig voraussetzen, am Ende gar nicht brauchen“. 

Na, hoffentlich hört das unsere Kanzlerin nicht, die liebt nämlich den Ausnahmezustand, weil man da so schön alternativlos durchregieren kann. Und sie stellt auch immer wieder fest, dass wir vieles von dem, was wir als notwendig erachten, gar nicht brauchen. Nach Fukushima hat sie festgestellt, dass wir keine Atomenergie brauchen. In der Flüchtlingskrise 2015 hat sie festgestellt, dass wir keine Grenze brauchen. Womöglich stellt sie diesmal fest, dass wir keinen Auslauf mehr brauchen und den Hausarrest lieben lernen, weil das auch fürs Klima besser ist. Eine echte Win-win-Situation.

 

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hans meier / 11.03.2020

Wenn jetzt Millionen an Corona sterben, müssen wir deren CO2-Einsparung aber auf die Überlebenden umrechnen, die dann anteilig etwas mehr verbrauchen dürfen. Die Pandemie darf nicht zu einer Minderung des Gesamtausstoßes führen.

Jens Richter / 11.03.2020

“Zynismus, Nihilismus und Misanthropie” sind viel zu große und schweichelhafte Bezeichnungen für diese Publizisten. Es sind Geistesgestörte. ICD10 F20-29 beschreibt diese Klientel ganz gut.

U.L. Kramer / 11.03.2020

Dass so eine Aussage irgendwann kommen würde, war mir klar, ich hatte schon früher damit gerechnet. Man könnte es auch einfacher zusammen fassen, das wäre nämlich ehrlicher: “Corona ist super für das Klima, denn es tötet die ganzen alten Umweltsäue!”. Sorry, aber genau das steckt doch eigentlich dahinter, oder nicht? Und wenn die Alten und Kranken tot sind, dann sind KV und RV saniert und es ist viel Platz für neue Menschen…, also eine Win-Win-Situation, außer für Alte und Kranke. Die fallen unter Kollateralschaden. Langsam bekommt man den Eindruck, dass das zögerliche Handeln der Regierung Absicht ist. Immerhin strömen in wenigen Jahren die geburtenstarken Jahrgänge in die Rente. Österreich schließt seine Grenzen, aber wir können das nicht. Was machen wir mit den Italien-Urlaubern, die nach D zurück kehren? Vermutlich nichts. Ich denke nach den Ferien in Hamburg werden dort die Infektionszahlen drastisch ansteigen, denn Viele haben tatsächlich noch ihren Urlaub nach Südtirol angetreten. Die Reisewarnung kam nämlich zu spät, da waren in Hamburg schon ein paar Tage Ferien. Absicht oder Dummheit? Vielleicht beides… Kein Virus ist illegal, Corona Welcome!  /Sarkasmus off

Sepp Kneip / 11.03.2020

Wenn Historiker einmal über diese unsere Zeit berichten, wird ihnen nichts anderes einfallen, als von einer grünen Hölle zu schreiben, deren Teufel die Menschen zu Irren gemacht haben. Zu Irren, die nicht mehr ein und aus wussten und sich in ihrem Irrsinn selbst umbrachten. Sie haben das Klima gerettet und gerettet, aber das Klima wollte gar nicht gerettet werden. Es blieb, wie es war, obwohl alle Autos mit Verbrennungsmotor abgeschafft, alle Kraftwerke stillgelegt und das Fliegen verboten wurde. Als dann der Blackout kam, nahmen sich die Irren, die noch irrer geworden waren, das Leben. Ob die grünen Habecks und Baerbocks überlebt haben? Ich weiß es nicht.

Donatus Kamps / 11.03.2020

Ich fand den Artikel von Christian Stöcker ungeheuerlich. Ich habe versucht, einen Beitrag abzusetzen, aber ich bin einfsach nicht bei SPON durch den Filter gekommen. Somit kommentiere ich jetzt hier den SPON-Artikel von Christian Stöcker ##### “Warum funktioniert das nicht bei der ungleich gefährlicheren Katastrophe, die uns droht?” Herr Stöcker stellt eine Frage, und als höflicher Mensch will ich antworten: Die Gefährlichkeit von Corona ist belegt mit Zahlen von Toten und Überlebenden einer Infektion und mit einer realen Ausbreitungsgeschwindigkeit, die Gefährlichkeit des Klimawandels hingegen ist ein Postulat von Computer-Simulationen. Kurz: die Virus-Gefährlichkeit ist REALITÄT, die CO2-Gefährlichkeit ist VIRTUALITÄT. Ersteres ist WISSEN, zweiteres GLAUBEN. Direkter und mit weniger politischer Rücksichtnahme formuliert könnte man auch sagen: die Verknüpfung von Corona mit der Klimathematik ist eine Instrumentalisierung der Corona-Toten für die linksgrüne Agenda des Klima-Sozialismus.

Sabine Ehrke / 11.03.2020

@Wolfgang Kaufmann da fällt mir noch ein ‘nur eine tote #Umweltsau ist eine gute Sau’ , lässt sich beliebig erweitern.

Rolf Menzen / 11.03.2020

Seit wann sind Stickoxide klimaschädlich? Unsere Atmosphäre besteht zum größten Teil aus Stickstoff.

Sabine Ehrke / 11.03.2020

@rudi brusch ganz, ganz pöse Zungen behaupten, die 2,4 Mio CO2-Ausatmer Lücke, welche endlich freien Wohnraum, weniger Renten - sowie Gesundheitskosten verursachen wird, kann aufgefüllt werden. An den EU Außengrenzen wird schon mit den Hufen gescharrt.

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