Dirk Maxeiner / 18.04.2012 / 08:21 / 0 / Seite ausdrucken

Gegen das Leben

Der Zeitgeist beschert uns derzeit eine neue Form von wissenschaftlichen Studien, die alles und jedes auf seine Klimaverträglichkeit hin berechnen. Auch der menschliche Stoffwechsel gerät mehr und mehr ins Fadenkreuz, besonders die Dicken haben es den Klimarettern angetan. Nachdem den Wohlgenährten bislang ihre angeblich höheren Krankheitskosten aufs Butterbrot geschmiert wurden, werden sie jetzt zusätzlich als Klimaschädlinge durchs Ökodorf getrieben. Die Logik lautet so: Diese Menschen schleppen viele Milliarden Tonnen Übergewicht mit sich herum, das zuvor in Form von Schweinebraten, Kartoffelchips und Cremetorten erzeugt werden musste. Alleine in den USA würden dafür pro Jahr umgerechnet fünf Milliarden Liter Benzin vergeudet.

Ein unablässiger Strom solcher bahnbrechenden Erkenntnisse sorgt dafür, dass der Mensch permanent ein schlechtes Gewissen hat, insbesondere wenn er männlichen Geschlechts ist. Die Gender-Forschung hat soeben herausgefunden: Männer sind auch Klima-Schweine. Das ist in kurzen Worten das Ergebnis einer Studie die Toni Meier und Olaf Christen vom Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaft der Universität Halle-Wittenberg vorgelegt haben. „Welchen Einfluss hat die geschlechtstypische Auswahl der täglichen Speisen auf das Weltklima? fragen sie.  Sodann türmen sie ein paar schlichte Glaubenssätze aufeinander und nennen das dank Zuhilfenahme eines Rechenschiebers Wissenschaft. Und das geht so: Erstens droht uns eine Klimakatastrophe. Zweitens ist daran das vom Menschen ausgestoßene Kohlendioxid schuld. Drittens sind Frauen bessere Menschen. Das erkennt man beispielsweise daran, dass deutsche Männer im Schnitt mehr Fleisch essen als Frauen. Bei der Produktion von Fleisch entstehen aber mehr Treibhausgase als beim Züchten von Gemüse. Ergo: Männer schädigen das Klima mehr als Frauen. Und deshalb, so die Empfehlung, müssten Männer „nachhaltigere“, sprich weiblichere Ernährungsmuster annehmen.

Nun kann man diese bestechende Logik ganz einfach dadurch zerstören, dass man schweizer oder deutsche Frauen mit vietnamesischen Männern vergleicht. Dabei käme dann heraus, dass Frauen gefälligst die Ernährungsgewohnheiten asiatischer Männer anzunehmen haben. Was soll also die Unterscheidung nach Geschlecht?  Und wenn’s denn sein muss: Wie steht es mit der deutlich höheren Lebenserwartung der Frauen? Macht die die Bilanz nicht wieder zunichte? Wer nur ein paar Zentimeter weiter denkt, kommt so schnell zum misanthropischen Kern einer Forschung, die sich längst gegen das Leben selbst richtet.

Es ist unglaublich, welche Gedanken da mittlerweile in Forscher-Köpfen grassieren. Matthew Liao, Professor für Philosophie und Bio-Ethik an der New York University, veröffentliche jüngst ein Papier, in dem der klimakompatible Mensch vorgeschlagen wird. Erstens müsse er kleiner sein (siehe oben, vietnamesischer Mann), was man durch gentechnische Eingriffe durchaus erreichen könne. Des weiteren könne der Fleisch-Appetit durch bestimmte Drogen aberzogen werden . Schließlich müsse der Drang sich Fortzupflanzen gedämpft werden.

Alles klar: Kleine Menschen sind besser als große Menschen. Und keine Menschen sind besser als kleine Menschen. Wir werden also erst klitzeklein geschrumpft und am Schluss sind wir gar nicht mehr da. Dem gleichen Gedankengut entspringt ein Aufsatz, den die Wissenschafts-Zeitschrift „Climatic Change“ veröffentlichte. Darin werden die „externen Treibhaus-Kosten“ eines Neugeborenen beziffert. Für Industrieländer taxieren sie den Schaden (!) eines neuen Erdenbürgers auf 28.200 Dollar, in einem Entwicklungsland auf 4.400 Dollar. Wenn überhaupt, dann sollen Kinder demnach nur noch unterhalb der Armutsgrenze geboren werden.

Der britische „Optimum Population Trust“ veröffentlichte 2008 eine Studie des Rechtsprofessors Carter Dillard, in der dieser fordert, das Recht sich fortzupflanzen auf ein oder maximal zwei Kinder zu beschränken: „ Eine Politik, die die Fortpflanzung als privat behandelt, ist regressiv, umweltschädigend und besonders asozial. Solange wir keine Maßnahmen ergreifen, werden wir nur unverantwortliche Fortpflanzung und den damit verbundenen Schaden ermutigen.“ Inzwischen hat Jonathon Poritt, Vorsitzender der britischen Nachhaltigkeits-Komission, die Forderung übernommen. Mehr als zwei Kinder seien „unverantwortlich“.

Neu ist das alles nicht. Alexander King, einer der Gründer des Club of Rome, meinte zum Thema der Malariabekämpfung: „Mein Problem ist, dass es die Überbevölkerung verstärkt.“ Der Verhaltensforscher und Umweltaktivist Konrad Lorenz bekannte in einem seiner letzten Interviews: „Gegen Überbevölkerung hat die Menschheit nichts Vernünftiges unternommen. Man könnte daher eine gewisse Sympathie für Aids bekommen.“

Wir lernen: Wer lebt schadet der Umwelt. Und wer stirbt bedauerlicherweise auch.
Darüber klärte gerade Maike Schaefer, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen in der Bremer Bürgerschaft auf. Sie stellte eine Anfrage an den Senat der Hansestadt, in der sie ihrer Sorge über die Umweltbelastung durch Tote Ausdruck gibt. „Wie bewertet der Senat,“ wollte Frau Schaefer unter Anderem wissen, „umweltfreundlichere Alternativen zur Einäscherung, wie zum Beispiel die Promession (Gefriertrocknung mit anschließender Kompostierung)?“  Immer mehr Menschen würden sich Gedanken um ihren postmortalen ökologischen Fußabdruck machen. „Schließlich,“ so die Abgeordnete, „wird man am Ende in der Umwelt begraben.“ Und dies sei eine erhebliche Belastung, denn „bei der Verwesung können Medikamentenrückstände und Schwermetalle ins Grundwasser gelangen.“

Erschienen in der Basler Zeitung vom 13.4.2012

 

 

 

 

 

 

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