Henryk M. Broder / 21.10.2020 / 13:00 / Foto: Acgut.com / 66 / Seite ausdrucken

Fischer-Verlag:  Das Kommuniqué des ZK

Das Interview mit Monika Maron, das in der WamS erschienen ist, entfaltet langsam seine toxische Wirkung. Der Focus der Aufmerksamkeit verschiebt sich – von Monika Maron auf den S. Fischer Verlag. 

Wer im Laufe des Montags bei der Pressestelle des S. Fischer Verlages, in der übrigens nur Frauen beschäftigt sind, anfragte, was da passiert wäre, bekam die Auskunft, es gebe keine Stellungnahme und werde voraussichtlich auch keine geben. Erst gegen Abend besann sich frau eines Besseren und verschickte eine "Pressemitteilung", "Betr.: Monika Maron"Hier ist sie, in vollem Wortlaut:

Der S. Fischer Verlag erhält gegenwärtig zahlreiche Anfragen zum Werk von Monika Maron, weil sich die Autorin in der aktuellen “Welt am Sonntag” in einem Interview geäußert hat. Über die Gründe, der Autorin über die bestehenden Verträge und einen für 2021 geplanten Essayband hinaus keine neuen Buchverträge anzubieten, gab es in den vergangenen Monaten einen intensiven Austausch zwischen Dr. Siv Bublitz, der Verlegerischen Geschäftsführerin der S. Fischer Verlage, und der Autorin beziehungsweise ihrer Agentur.

Dr. Siv Bublitz, Verlegerische Geschäftsführerin der S. Fischer Verlage: “Man kann nicht bei S. Fischer und gleichzeitig im Buchhaus Loschwitz publizieren, das mit dem Antaios Verlag kooperiert.”

Die bei Fischer erschienenen Bücher von Monika Maron bleiben, wenn es nach dem Wunsch des Verlages geht, auch weiterhin in unserem Programm. Zu ihrem 80. Geburtstag hatten sich Autorin und Agentur einen Essayband gewünscht. Der Verlag ist diesem Wunsch gefolgt: Der Band ist bereits in der Frühjahrsvorschau angekündigt, die Auswahl der Texte traf Frau Maron mit ihrem Lektor.

Gleich der erste Satz stellt die Dinge, in Stil und Sprache eines ZK-Kommuniqués, auf den Kopf. Die Anfragen galten nicht dem "Werk" von Monika Maron, sondern dem Umstand, dass S. Fischer die Zusammenarbeit mit seiner Autorin einseitig beendet hatte. Und dazu gab es nur einen dürren Satz der Verlegerischen Geschäftsführerin des Hauses, Dr. Siv Bublitz: “Man kann nicht bei S. Fischer und gleichzeitig im Buchhaus Loschwitz publizieren, das mit dem Antaios Verlag kooperiert.”

"Monika Maron gegenüber wird also das Prinzip der Kontaktschuld angewandt", heißt es in der FAZ von heute, und genau das ist der Fall. Die cancel culture ist um eine Variante erweitert worden. 

Die Pressemitteilung fängt mit einer Lüge an und sie hört mit einer Lüge auf. Es wird bei S. Fischer zu Marons 80. Geburtstag keinen Essayband geben. Die Geschäftsführung müsste es wissen, und sollte das tatsächlich nicht so sein, könnte sie bei der hauseigenen Pressestelle mal nachfragen.

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B. Schulz / 21.10.2020

@Frank Dom / 21.10.2020 “Mir ist unklar, wie sich die deutsche Kultur davon erholen kann, dass überall Linksextremisten und Gratismutige in wichtige Entscheiderpositionen gekommen sind.” Ob sie sich je davon erholen kann, ist fraglich, vielleicht soll sie ja gar nicht. Was uns erwartet, ist inzwischen klar. Man kann es überall beobachten. Sollten Sie sich nicht damit auskennen, lesen Sie doch ein bisschen staatskonforme “DDR-Literatur”.(Oh, da gibt es Perlen!) Betrachten Sie sich die schwelgerisch-schmeichelnd-speichelleckerischen “Kunstwerke” in der bildenden Kunst. Proletarier und Klassenkampf im Spiegel des sozialistischen Realismus (Ein Augenschmaus!)  Suchen Sie nach entsprechenden DEFA-Filmen, (denn es gab ja nicht nur “Die Spur der Steine”). Sind Sie aus dem Westen, dann können Sie sich auf was gefasst machen. ;) Sind Sie aus dem Osten, dann kennen Sie den Ramsch ja.

Stephan Braun / 21.10.2020

Ich habe mir soeben “Artur Lanz” beim Antaios-Verlag bestellt. Ätschi Bätschi S.Fischer - Verlag. Und sollte mir jemand zu Weihnachten ein Buch vom S.Fischer - Verlag schenken, dann wird endlich mal wieder der Kachelofen angezündet)))

Dr. Jürgen Kunze / 21.10.2020

Ich hoffe ja, dass die Mitarbeiterinnen des Fischer-Verlages nicht die Autobahnstrecken benutzen, die die Nazis gebaut haben und hoffentlich lassen sie sich auch nicht an dem von den Nazis entweihten Muttertag feiern: Es könnte eine Kontaktschuld auftreten.

Thomas Taterka / 21.10.2020

Wenn man genau ( ! ) hinschaut , sind die meisten Traditionshäuser in der deutschen Verlagslandschaft bereits von der ZK- Seuche befallen und die großen superkommerziellen Ketten wirken wie vorbildliche Dachverbände. Wenn man als Autor angemessen honoriert werden möchte , muß man da durch. Intellektuelle Unabhängigkeit ist ein Auslaufmodell, ältere Baureihe. Stirbt aus. Wer Glück hat,  wird noch geschont.  ( Ich sag ja nicht, daß mir das gefällt ) Die Kunst besteht darin, zu sagen, was man will, ohne daß sich jemand gedemütigt fühlt . Demütigung schreit nach Rache . Und beleidigt fühlen sich eh schon alle . - Das sind die Fakten.

Chr. Kühn / 21.10.2020

Ich besitze einen Atlas des Teutschen Reiches vom Ende des 19. Jhdts. Gestochen scharfe Lithografien, eine Augenweide und ein historisches Zeugniswerk. Da war Elsaß-Lothringen noch teutsch, und Schlesien, Pommern, Ostpreußen sowieso. Gehe ich richtig in der Annahme, daß ich zwecks politischer und anderer Korrektheiten eine begrenzte Buchverbrennung vorzunehmen und die Asche ans Bundeskanzlerinnenamt zur senden habe…?

Manfred Sonntag / 21.10.2020

Der Verlag hofiert offensichtlich nur noch linke Autoren. Lesen Sie dazu den Artikel “Es lebe die Reproduktion” von Eva von Redecker im Philosophie Magazin 06/2020. Dann verstehen Sie, warum der Verlag S. Fischer sich von Frau Maron getrennt hat. In dem genannten Beitrag erkennt man sehr deutlich das Frau Eva von Redecker auch Taktgeber im linken Milieu ist. Etwas abgewandelt kann ich sagen, sie ist Establishment, sie empfindet sich aber als Opposition. Eine andere Meinung als die ihre kann nur reaktionär und damit für den Verlag S. Fischer mittlerweile untragbar sein. Ihr neues Buch „Revolution für das Leben“ erschien am 23.09.2020 im Verlag S. Fischer. Nicht die Neuerscheinung ist das Problem, sondern das zur gleichen Zeit einer anerkannten und langjährigen Verlagsautorin aus politischen Gründen gekündigt wurde. So entstehen “Meinungskorridore” und “betreutes Denken” auf Grund von vorauseilendem Gehorsam.

Wilhelm Rommel / 21.10.2020

Verehrter Herr Broder, vielleicht erleben wir es eines nicht allzufernen Tages ja noch, dass gemainstreamte Kultursendungen wie ttt oder aspekte einen Mitteilungsblock vormontiert bekommen - musikalisch eröffnet mit den ersten Takten der Internationale (bis ‘Signale’) und der schnarrend vorgetragenen Einleitungsformel: “Die Bundes-Schrifttumskammer gibt bekannt…”. Dann könnten Verlautbarungen wie die des S. Fischer Verlages kommen - wir leben in spannenden Zeiten und haben noch spannendere vor uns! Und - just by the way: Den Begriff “Kontaktschuld” (wow, ein lichter Moment bei der FAZ!) wird man sich merken müssen…

M. Haumann / 21.10.2020

Bei der AfD-Hirse war ja ja das Produkt ja noch unmittelbar kontaminiert, konnte es doch eventuell ganz physisch durch die Hand eines Bösen gegangen sein und es bestand die Gefahr für den Konsumenten, an einer akuten Schwefelvergiftung zu versterben. Völlig logisch also. Aber hier ist die Kontaminationskette so weitläufig, dass man nicht mehr durchblickt. Produkt erstklassig, Produzentin aufgrund überragender Lebensleistung nicht als direkt toxisch zu kategorisieren, aber das Produkt stinkt ab jetzt, weil die Produzentin einmal einem dubiosen Subunternehmer einen Auftrag erteilt hat… Können sich Bücher eigentlich jetzt auch gegenseitig im Regal infizieren?

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