Henryk M. Broder / 24.11.2019 / 06:29 / Foto: Sandro Halank / 91 / Seite ausdrucken

Ein Preis für Heiko

Wenn es regnet und zugleich die Sonne scheint, wenn also Sonnenstrahlen auf Regentropfen treffen, wird das farblose Sonnenlicht gebrochen und in seine farbigen Bestandteile zerlegt. So entsteht ein Regenbogen. 

Ein ähnliches Phänomen kann man derzeit in der deutschen Politik beobachten. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht irgendein antisemitischer Vorfall bekannt wird; zugleich nimmt jeden Tag irgendein Politiker Haltung an und verkündet, für Antisemitismus könne es in Deutschland „keinen Platz“ geben.

Wenn es aber für Antisemitismus keinen Platz in Deutschland gibt, wie kann es dann sein, dass sogar der „Antisemitismus-Beauftragte“ der Bundesregierung den Juden rät, in bestimmten Stadtteilen auf keinen Fall eine „Kippa“ zu tragen, um feindselige Reaktionen zu vermeiden?

Im Gegensatz zum Regenbogen lässt sich dieses Rätsel physikalisch nicht erklären. Es muss sich um eine Art von Bewusstseinsspaltung handeln, um ein Ich, dem die Kontrolle über sein Es entglitten ist.

Letzte Woche wurde der Außenminister der Bundesrepublik mit dem „Preis für Verständigung und Toleranz“ des Jüdischen Museums Berlin geehrt, was an sich schon ein Witz ist – als ob man einem Busfahrer einen Preis dafür verleihen würde, weil er seinen Job macht und sich dabei an die Verkehrsregeln hält.

Wie der Herr, so das Gescherr

Im Falle von Heiko Maas war die Pointe aber eine andere. Während der, gerührt und den Tränen nahe, den „Preis für Verständigung und Toleranz“ entgegennahm, stimmte der deutsche Botschafter bei den Vereinten Nation sieben von acht Anti-Israel-Resolutionen zu, nicht zum ersten Mal.

Er tat das bestimmt nicht ohne Wissen und Zustimmung seines Dienstherrn, des Außenministers, der seinerseits „wegen Auschwitz in die Politik“ gegangen ist. Und wenn Heiko Maas „Auschwitz“ sagt, dann meint er auch „Auschwitz“, das deutsche Konzentrationslager in der Nähe der Stadt Oswiecim in Südpolen.

Er meint nicht die Ächtung des Staates Israel als diplomatisches Vorspiel zu einer Endlösung der Israel-Frage im Nahen Osten. Ohne sich zu schämen, hofiert er auch die iranischen Mullahs und Ayatollahs, die Palästina von der „zionistischen Besatzung“ befreien wollen.

Das ist praktizierte Toleranz im Dienst der Verständigung. Dafür hat er den Preis verdient.

Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche.

 

Von Henryk M. Broder erschien am 8. November 2019 das Buch „Wer, wenn nicht ich – Henryk M. Broder“. Der Autor befasst sich darin mit „Deutschen, Deppen, Dichtern und Denkern auf dem Egotrip“. Das Buch kann im Achgut.com-Shop bestellt werden.

Foto: Sandro Halank CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Marc Blenk / 24.11.2019

Lieber Herr Broder, nur in einem Land, das politisch antisemitisch bestimmt wird, kann sich ein solcher Außenminister auf seinem Posten halten. Die Israel - und Judenverachter sind wieder mal in Amt und Würden. Man schämt sich nicht, seine Politik damit zu begründen, dass man den Juden vor sich selbst schützen müsste. Was für den Juden am Besten ist, weiß besser als dieser also Herr Maas, der Netzwerkdurchsetzer vom Außendienst. Und die musealen Berliner Preisezuschusterer in ihrer Welt des Wahnsinns meinen - ja was meinen die eigentlich? Dass die Mullahs die Juden bald umarmen? Dass die Judenverachtung von in Deutschland lebenden Muslimen zu venachlässigen ist und sich im Sande verläuft? Dass Israels Zukunft durch die Unterstützung der Mullahs gesichert wird? Dass Israél sich nur selbst aufgeben muss, damit es nicht zum nächsten Holocaust kommt? Dass man sich nur heftig genug an die herrschende deutsche politische Agenda ranschleimen muss, damit man politisch noch wahrgenommen wird? Dass man einfach nur weit über den Dingen schweben muss, um an dieser Agenda zu partizieren? Dass der Antisemitismus der Muslime dadurch gebrochen wird, dass man das alte Feindbild des autochthonen Deutschen weiter am kochen hält? Dass man die Realität durch politische Mantren verändern kann?.... Herr Maas jedenfalls ist für jedes politsche Gegengeschäft bereit.

Karla Kuhn / 24.11.2019

“Wenn es aber für Antisemitismus keinen Platz in Deutschland gibt, wie kann es dann sein, dass sogar der „Antisemitismus-Beauftragte“ der Bundesregierung den Juden rät, in bestimmten Stadtteilen auf keinen Fall eine „Kippa“ zu tragen, um feindselige Reaktionen zu vermeiden?”  Herr Broder, so oft wie Sie den Finger in die Wunde legen müßten sie den Ehrenpreis “Der Goldene Finger” erhalten. Wieder köstlich, WIE Sie die Widersprüche beschreiben.  Heute konnte ich Lesen, daß Frau   AKK die CDU als “ZUKUNFTSWERKSTATT”  sieht. Ich war über die “Ehrlichkeit” dieser Frau total baff, gibt sie doch damit zu, daß auch in Zukunft ständig Reparaturen an der CDU durchgeführt werden müssen ??  Soll damit der Flickschusterei offiziell anerkannt werden ?? Bei der SPD scheint das schon lange gang und gäbe zu sein.  “Im Falle von Heiko Maas war die Pointe aber eine andere. Während der, gerührt und den Tränen nahe, den „Preis für Verständigung und Toleranz“ entgegennahm, stimmte der deutsche Botschafter bei den Vereinten Nation sieben von acht Anti-Israel-Resolutionen zu, nicht zum ersten Mal.” ANTI-ISRAEL-RESOLUTIONEN “”  WAHNSINN !  “WIE der Herr, so das Gescherr.” Aber der Herr Eisenreich, der bayerische Justizminister will jetzt die Strafen für “Hass und Hetzte” erhöhen, bis zu FÜNF Jahre Gefängnis sollen möglich werden !!  NICHT die WURZEL soll ausgerottet werden ! Nein an den Symptomen soll geflickt werden, WARUM die entstanden sind, scheint Nebensache zu sein !!

Markus Viktor / 24.11.2019

Zitat von Henryk Broder von letzter Woche: „Das ist etwa so, als würde ein Judenfreund einem Juden auf der Straße „Saujud!” nachrufen, damit niemand auf die Idee kommt, ihm „du gehörst vergast“ nachzurufen.” Dieses wunderbar das vorherrschende deutsche Wesen abbildende Gleichnis habe ich mir näher vorgestellt: Das ist etwa so, als würde einer aus einer Gruppe die anderen aus seiner Gruppe dazu bringen, dem Juden auf der Straße „Saujud!” nachrufen, weil sie sonst „du gehörst vergast“ rufen würden. Diese Vorstellung machte mir deutlicher, dass hier die anderen aus der Gruppe davor geschützt werden sollen, sich als die Rassisten, die sie sind, offenkundig zu machen. Die deutsche Politik schützt also die Israel hassenden Staaten davor, dass ihr Hass und Rassismus offen- und aktenkundig wird, was ihnen vielleicht doch zum Nachteil gereichen könnte. Verharmlosung von und Sich-Gemein-Machen mit Verbrechern. Judenhass-Rassisten - Judenhassersäue - stimmen gegen Israel. Wie lange werden jüdische Organisationen die Verharmlosung dieser Verharmloser durchhalten? Hoffentlich nicht zu lange.

Julian Schneider / 24.11.2019

Antisemiten bekommen einen Preis von einem jüdischen Museum. Feministinnen relativieren Vergewaltigungen durch Neubürger. Linke Hasser und Hetzer werfen anderen vor, zu hassen und zu hetzen. Irgendetwas habe ich in den letzte Jahren verpasst. Galoppierender Wahnsinn? Massenhypnose? Invasion von der Wega?

Donald Adolf Murmelstein von der Böse / 24.11.2019

Gutentag Herr Broder, Die ideologischen Backpfeifen schmerzen besonders dann, wenn sie z.B. von einer Person kommen, von der man geglaubt hatte sie für die eigenen Zwecke instrumentalisieren zu können. Das entsprechende Exempel wurde (siehe Interview im CORRIERE DELLA SERA vom 23.12.2019) dieser Tage von LILIANA SEGRE, Überlebende des Holocaust und Senatorin auf Lebenszeit (Italien) statuiert – Worte, die dem links-liberalen Lager Italiens stark aufgestoßen sind. Darin hat LILIANA SEGRE unmissverständlich klar gemacht, daß sie sich für etwaige Dämonisierungen gegenüber Matteo Salvinis und der LEGA nicht vor dem links-liberalen Karren spannen läßt. (Faranno perciò molto male alla sinistra le parole pronunciate ieri da Liliana Segre in un’intervista al Corriere della Sera in cui la senatrice prende le distanze da chiunque provi a strumentalizzarla per demonizzare l’avversario politico Salvini o per imporre l’egemonia del pensiero unico). Dem nicht genug mußte das links-liberale Selbstverleugnertum Italiens (anti-sovranisti) mit Entsetzen zur Kenntnis nehmen, daß die ehrenwerte LILIANA SEGRE alles andere als eine Gegnerin von Matteo Salvini (LEGA) und Gioria Meloni (FI) ist. (siehe auch IL LIBERO – “Liliana Segre, lezione agli antifascisti della domenica: “Cosa penso di Matteo Salvini”). Danke für Ihr neues Buch. Ihr Murmelstein von der Böse

Walter Knoch / 24.11.2019

Sehr geehrter Herr Broder, ich habe gerade am Mittagstisch Ihr Buch zu Ende gelesen. Ihr neuestes. Sie kommen dabei immer wieder auf die langen 1000 Jahre zwischen 33 und 45 zu sprechen. Betonen auch immer wieder die Deutschen und ihr Schweigen. Meine Lehre aus diesen 1000 Jahren, die sie gefühlt auch waren: Ich trage keine Schuld. Meine Eltern auch nicht. Aber ich trage Scham mit und eine Lehre: Diese 1000 Jahre verlangen meine Solaridität mit den Kleinen, den Verfolgten, den Opfern. Sie verlangen Gegenwehr. Wehr gegen jeglichen totalitären Anspruch, auch wenn er sich im Gewande einer Religion verbrämt. Diese Solidarität verletzt der schmale Saarländer, der wegen Auschwitz in die Politik ging, in einem unerträglichen Maß. Es ist wieder die Zeit angebrochen, in der man sich für die deutsche Politik schämen muss. Israel im Regen stehen lassen, seinen Staatssekretär zu der Jubelveranstaltung “40 Jahre Gottesstaat im Iran schicken”. Es ist jedoch nicht allein dieser Außenminister. Es ist eine ganze Riege, die nicht mehr um die Verpflichtung eines Staatswesens weiß, das seine Freiheit geschenkt bekam. Vorne dran ein Bundespräsident mit Kranz vor Arafat, mit Kranz und Verneigung. Mit breitem Lächeln, der Empfang der Mullahs mit den blutigen Händen. Und - da kommt auch eine CDU - ins Spiel: Im “besten” Deutschland, das wir je hatten, darf eine Terrororganisation weiter ihr verbrecherisches Unwesen treiben. Zeit für Scham. Aber wie ist eine solche Preisverleihung möglich? Ich verstehe sie nicht.

Rolf Lindner / 24.11.2019

Auf mich wirkt der Heiko wie eine Reinkarnation Erich Honeckers. Nicht nur äußerlich und in seinem Gebaren. Ob es etwas mit der geografischen Herkunft zu tun hat? In seiner ideologischen Heimat war es jedenfalls üblich, die Parteilinientreuen und -getreuen mit Preisen für Selbstverständlichkeiten zu überhäufen. Für Frieden und Völkerverständigung - Seid bereit!- hieß es damals. Immer bereit! - höre ich Heiko antworten und stelle ihn mir mit einem blauen Halstuch vor und die Hand zum Gruß erhoben - zum Pioniergruß natürlich.

herbert binder / 24.11.2019

Sehr geehrte, liebe Frau @ Schönfelder (bitte um Verständnis für diese so höflichkeitsgesättigte Anrede), daß es eine derMAASen kluge und intelligente, belesene und gebildete sowie dazu sprachmächtige Person wie Sie, es geschafft hat, meine kleinen Anmerkungen quasi in den falschen Hals zu bekommen, macht mich doch sehr, sehr…stutzig. Trotz Stand-by-Modus der Netzyklopädie muß man aber nicht ständig und lustvoll durch jede sich darbietende Pfütze trampeln. [Exposé und Ausführung] Deutlichkeit ja - aber auch “zwang"sweise Drastik? Das will manchmal wohlüberlegt sein. Ein lieber Gruß. Ach, um das nicht unerwähnt zu lassen: gefreut hat mich Ihres Briefes Klarheit und Kürze. (sogar) Ich habe es diesmal geschafft, nicht nur intellektuell, den komplett zu lesen.

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