Henryk M. Broder / 23.04.2019 / 13:00 / Foto: Stefan Klinkigt / 94 / Seite ausdrucken

Claudia Roth in den Spuren von Claas Relotius

Als es in Deutschland noch so richtig fies kalt war, brach Claudia Roth zu einer zweiwöchigen Reise in wärmere Gefilde auf, die als Fact-finding-mission deklariert wurde. Als ob ausgerechnet Claudia Roth sich noch eine Meinung über den Klimawandel bilden müsste, reiste sie mit einer Delegation, die aus ihr und zwei gleichgesinnten MdBs bestand, über Bangladesch und Australien auf jene berühmten Inseln im Südpazifik, die seit Jahrzehnten ebenso wie die ARD und das ZDF gegen ihren Untergang ankämpfen. Und zurück, wieder über Australien, nach Berlin, wo inzwischen die ersten Krokusse durch die Wiese vor dem Reichstag brachen.

Zuletzt hat Claas Relotius aus der Inselwelt östlich von Australien berichtet, allerdings war er nicht direkt vor Ort, sondern hatte sich in einem feinen Hotel in Los Angeles einquartiert.

Ganz anders dagegen Claudia Roth, die mit Claas Relotius nur die Initialen gemein hat. Sie flog tatsächlich 41.000 Kilometer, was einer Erdumrundung gleichkommt, "um das Klima zu retten", wie man später in der BILD lesen konnte, die als einzige überregionale Zeitung die Fährte aufnahm. Derweil Frau Roth sich von den Strapazen der Reise soweit erholt hatte, dass sie ihr Reiseprotokoll schreiben und online stellen konnte. Nur vier Wochen nach ihrer Rückkehr aus der Südsee und fester denn je davon überzeugt, dass es "unsere Aufgabe sein muss, die betroffenen Staaten darin zu unterstützen, effektive und würdevolle Lösungen vor Ort zu entwickeln", es sei "eine Frage historischer Klimagerechtigkeit, dass wir in den Industriestaaten nicht weiter den Kopf in den Sand stecken, sondern Verantwortung übernehmen". – Jeder weiß, dass Reisen bildet. Trotzdem ist es erstaunlich, welche Einsichten ein kurzer Inselaufenthalt befördern kann, wenn es nicht gerade die Halligen im Wattenmeer vor Schleswig-Holstein sind.

Und jetzt kommt die Pointe. Nach Claudia Roth meldete sich Patrick Gensing zu Wort, der als „Faktenfinder" für die ARD tätig ist, und behauptete, an dem Verdacht, Frau Roth habe ihre Reise "verschweigen" wollen, sei nichts dran, absolut gar nichts. Die „angeblich verschwiegene" Reise der Bundestagsvizepräsidentin sei doch auf der Seite der Pressestelle des Bundestages angezeigt worden. Über den Sinn und Zweck der Reise, über die Kosten, für die der Steuerzahler aufkommt, verlor der große Faktenfinder (oder Erfinder) kein Wort.

Dafür beschloss er seine Klarstellung mit dem Zitat eines namenlosen Roth-Sprechers, es gehöre zur Aufgabe einer Vizepräsidentin des Bundestags dazu, "gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen anderer Fraktionen den Bundestag nach außen zu vertreten, diplomatische Beziehungen auszubauen, sich vor Ort über die politischen Herausforderungen unserer Zeit auszutauschen..., in diesem Falle auch im direkten Gespräch mit den Betroffenen von klimabedingter Migration und Flucht".

Also überall, wo das Klima zuschlägt, vor allem aber auf den Fidschi-Inseln, auf Nauru und Kiribati. 

Foto: Stefan Klinkigt

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C. Sauer / 23.04.2019

Der Staatsfunk muss doch seine Beschützer decken. Wer 8 Milliarden im Jahr verplempern kann, muss dafür schon alle an die Brust lassen, die bereit sind, gegen Antidemokraten zu kämpfen, die etwa dafür eintreten könnten, dass künftig ein Redakteur nicht mehr fünfstellige Monatsbezüge dafür erhält, dass er ganz wichtige Reportagen zum Thema „soziale Armut“ in Deutschland dreht, um dann denen, über die er berichtet, noch mehr „Gebühren“ abzuzocken.

Sebastian Laubinger / 23.04.2019

Besonders wütend bin ich, weil ich noch zu gut in Erinnerung habe, wie besagt CR bei einer Demo hinter einem Transparent herlief, auf dem “Deutschland du mieses Stück Scheisse” geschrieben stand. Das “miese Stück Scheisse” bzw. seine steuerzahlenden Bürger “dürfen” Frau Claudia Roth fürstlich alimentieren, und nicht nur das: Wir dürfen anscheinend auch noch für solche Ausflüge blechen. Unverschämt ist auch, dass man uns am liebsten verbieten würde, auch nur mit dem Auto zur Arbeit zu fahren (so wegen Feinstaub und CO2), während unsere Damen und Herren ReGIERungsvertreter und Parlamentarier zum Eisessen in die USA fliegen. Zerrte man unsere Parlamentarier an den Ohren aus dem Reichstag und würde man sie nötigen, anonym Bewerbungen zu verschicken, wie viele von denen bekämen auch nur ein Vorstellungsgespräch? Die meisten dieser selbsternannten Experten kapitulieren doch schon vor einfachsten Zusammenhängen. Aber das Geld anderer Leute verprassen, das könnense! Nein, das ist NICHT Sozialneid. Ich gönne anderen, was sie haben. Das kratzt mich nicht. Was mich stinksauer macht, ist, dass uns bleeden Steuerzahlern immer und immer mehr aus der Tasche gezogen werden soll, während unsere Parlamentarier sich nicht nur vollautomatisiert immer größere Schlucke aus der Diätenpulle genehmigen, sondern auch noch auf unsere Kosten Luxusurlaube machen, die denen von Milliardären in NICHTS nachstehen—mit einem Unterschied: Milliardäre bezahlen ihre Urlaube selber…

Robert Studt / 23.04.2019

@Hans-Peter Trostek: Ab einem gewissen Alter ist man für sein Aussehen selbst verantwortlich. Und in der Karikatur hat sie direkt was sympathisches.

Andi Laufer / 23.04.2019

Das “Reiseprotokoll” ist lesenswert: ● Die derzeitige Erderwärmung von 1 Grad Celsius wirkt “als Multiplikator bestehender Probleme ” und “bedeutet den Verlust jahrtausendealter Kultur” ● Nur durch “radikalen Klimaschutz” kkönnen “irreversible Kettenreaktionen im Erdsystem” und “Auswirkungen auf die Menschenrechte weltweit” verhindert werden ● Neben dem “radikalen Kampf gegen die Klimakrise” müssen “würdevolle Lösungen” entwickelt werden ● Historische Klimagerechtigkeit .... ● Globale Gerechtigkeit ..... ● ...... Liest das eigentlich irgendjemand vor der Veröffentlichung? Das ist schon ein irres Geschwurbel ohne inhaltlich fassbare Substanz - für eine Reise von 41.000 km und die entsprechenden Kosten darf man mehr erwarten. Ungenügend!

Andreas Rochow / 23.04.2019

Diese Person schwebt frei und erhaben über jeglicher Kritik. Es ist in höchstem Maße beunruhigend, ja regelrecht bedrohlich, dass eine Figur wie Claudia Roth sich wie eine Boulevard-Nudel reineweg alles leisten kann, was sich für ein ernstzunehmendes Mitglied des Bundestages schlechthin verbietet! Die stille Duldsamkeit darob wird von den Grünen hoffnungsfroh als Vorabstimmung für die EU-Wahl gewertet. Mehrheiten haben sich an die grüne Unanständigkeit gewöhnt. Obwohl die Diktatur der grünen Dekonstruktion der Markenkern dieser Partei ist, ist ihr bisher der Absturz in der Wählergunst erspart geblieben. Soll es wahr sein, dass Mehrheiten wieder(!) eine unerklärliche Affinität zur menschlichen Tragödie haben? Die Antwort werden wir am 26. Mai erfahren, wenn das Endergebnis der Stimmauszählung verkündet wird.

Armin Karrer / 23.04.2019

Tolle Politiker. Anstatt ihren Urlaub selbst zu bezahlen, reist man auf Staatskosten. Ein Handwerker kann das nicht. Ich finde es toll wie Frau Roth zum Klimaschutz im Flugzeug beiträgt. Würde sie den Urlaub selbst bezahlen, die Klappe halten und nicht so einen Schmarrn daherreden, würde ich ihr den Urlaub wie allen anderen Bürgern selbstverständlich gönnen. In ihrem nächsten Leben wird sie dann höchstpersönlich die Welt verbessern und auf das Fliegen und das Autofahren verzichten.

Udo Kemmerling / 23.04.2019

Die Höhe des Meeresspiegels kann man am Nordseestrand ermitteln! Das ist die verfluchtnochmal selbe Wasserfläche wie die um Kiribati, Shishmaref oder Schmöckenpöckshofen!!!! Es müßte hier also Unmassen “Klimaflüchtlinge” geben, allein Hamburg hat wahrscheinlich mehr Einwohner als die Südsee!!! Herr, laß Hirnvom Himmel regnen!!!

Claudia Müller / 23.04.2019

Sie können es einfach nicht lassen, diese Politiker und glauben ihnen stehe das alles zu. Hatte während des Studiums zwei Professoren, die gleichzeitig MdB waren und eben auch solche schönen Reisen auf Staatskosten unternahmen, von denen sie regelmäßig berichteten (anstatt zu lehren). Man fliegt 1. Klasse, wohnt in die teuersten Hotels, hat vor Ort Fahrservic und beste Betreuung und wird vom Gastland hinten und vorne gepampert. Kurzum: es ist reiner Polit-Tourismus auf Kosten der Steuerzahler, der als Erfahrungsaustausch ausgegeben wird (der Berliner Oberbürgermeister Müller fährt auch alle naslang ins Ausland, um Erfahrungen vor Ort zu sammeln). In dem Artikel fehlen mir ein paar wichtige Angaben, die Herr Broder, den ich sehr schätze, vermutlich nicht beschaffen konnte: z.B. was hat diese Reise den Steuerzahler gekostet? Was bedeutet der Flug über 41.000 km ökologisch, also in Co2 umgerechnet (ökologischer Fußabdruck)? Fliegen ist ja bekanntlich eine der größten Luftverschmutzungen. Es ist gut, dass man mit solchen Artikeln die grünen Pharisäer stellt, die uns Wasser verordnen, selbst aber Champagner saufen.

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