Henryk M. Broder / 09.11.2023 / 14:00 / 59 / Seite ausdrucken

Wehret den Anfängen? Dafür ist es jetzt zu spät!

Es ist alles schon mal dagewesen. In den Protokollen der Weisen von Zion, in den Gesetzen zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre, in den Aufrufen der RAF und der Charta der Hamas. Solange die Hamas Raketen auf Israel abfeuert, ist alles in Ordnung. Aber wehe, Israel schießt zurück. Ein Blick zurück in das Jahr 2014.

Vor genau neun Jahren und drei Monaten schrieb ich für die Welt einen Text über die Reaktionen deutscher Juden auf antisemitische und antiisraelische Proteste im Gefolge einer israelischen Intervention in Gaza. Der damalige Präsident des Zentralrates, Dieter Graumann, wandte sich in einem Brief an die Vorstände und Mitglieder der jüdischen Gemeinden in der Bundesrepiblik: „Liebe Freunde, in diesen Tagen erleben wir alle eine schreckliche, schockierende Explosion von Antisemitismus in diesem Land. Auf deutschen Straßen hören wir antisemitische Slogans von übelster und primitivster Natur. Niemals im Leben hätte ich mir vorgestellt, dass wir so eine Hetze gegen Juden in Deutschland wieder hören könnten…“

Seine Vorgängerin im Amt, Charlotte Knobloch, gab den jüdischen Mitbürgern den Rat, sich „nicht als Jude erkennbar zu machen“, also auf das Tragen von Davidsternen und Kippot in der Öffentlichkeit zu verzichten. „Was wir derzeit erleben, ist die kummervollste und bedrohlichste Zeit seit 1945.“ Während Graumanns Stellvertreter Josef Schuster darüber klagte, dass bei den Demos „bewusst nicht differenziert“ würde, nämlich „zwischen dem Judentum und dem Staat Israel", eine intellektuelle Meisterleistung, die ihresgleichen sucht und nicht findet.

Weg mit der deutschen Schuld!

Wie gesagt, das war vor neun Jahren und drei Monaten. Seitdem hat sich vieles getan aber wenig verändert, abgesehen davon, dass Josef Schuster vom Vize zum Präsidenten des Zentralrates aufgerückt ist und unermüdlich vor der Gefahr warnt, welche von der AfD ausgeht. Ansonsten erleben wir ein Déjà-vu. Israel ist wieder einmal grundlos in Gaza eingefallen und stört die dortige Friedensbewegung beim Bau von Abschussrampen, Tunnelanlagen und Sportplätzen. In Deutschland – aber eben nicht nur, sondern auch in Belgien, Frankreich, Spanien, England und andernorts – demonstrieren die militant-pazifistischen Anhänger der Ein-Staat-Lösung für ein freies Palästina „from the river to the sea", während die Antifa die Zeit für reif hält, sich auf dem Umweg über Palästina von der „deutschen Schuld“ zu befreien. Das Schlusskapitel der „Endlösung der Judenfrage" soll diesmal in Palästina geschrieben werden.

Und wieder reiben sich alle verwundert die Augen, vom Bundespräsidenten bis zum Vorsitzenden des Zentralrates. Auch Felix Klein, seit 2018 Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, kann es nicht fassen, wie es so weit kommen konnte. Er halte „nichts davon, dass wir einen Generalverdacht gegen Muslime hier in Deutschland aussprechen oder auch gegen Palästinenser“ und verwahre „sich sehr dagegen, dass wir nur auf diese Gruppe zeigen“. Zu seinen Aufgaben und Pflichten als Antisemitismus-Beauftragter der Bundesregierung gehört auch, sich um das Ansehen derjenigen Mitbürger zu sorgen, die von einem „Genozid in Gaza“ fabulieren, begangen von Juden, die nichts aus ihrer Geschichte gelernt haben.

Ja, es sind schon seltsame Tage, die derzeit vergehen. Von den etwa 1.400 Ermordeten ist kaum noch die Rede. Der bedeutende Terrorismus-Experte Roger Waters meint, Israel habe die ganze Geschichte nur „unverhältnismäßig aufgeblasen", um wieder einmal die Welt zu täuschen. Wie die Amis es nach 9/11 gemacht haben.

Es ist alles schon mal dagewesen. In der Protokollen der Weisen von Zion, in den Gesetzen zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre, in den Aufrufen der RAF und der Charta der Hamas. Werfen Sie einen kurzen Blick zurück und lesen Sie meinen Text vom 7.8.2014. Hier ist er.

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Michael Müller / 09.11.2023

Was dieser Felix Klein sagt, ist richtig gut: “Im Übrigen kann jede Person antisemitisch diskriminiert werden, auch selbst wenn man gar nicht jüdisch ist. Wenn sich Männer zum Beispiel eine Kippa aufsetzen, werden sie von anderen Menschen als jüdisch wahrgenommen, auch wenn sie es gar nicht sind.” Genau, das ist nämlich mein Problem. Am Schabbes ziehe ich mir - wie fast alle Deutsche - eigentlich immer wieder mal eine Kippa an, obwohl ich gar nicht jüdisch bin. Auf alle Fälle gucken mich die Alis dann immer so an, als werde ich als jüdisch wahrgenommen. Da sieht man doch, dass die irgendwas an der Waffel haben.

Peter Holschke / 09.11.2023

@P. F. Hilker - Dann überwinden Sie ihre Trägheit und googeln wenigstens mal. Nur weil Sie davon noch nicht gehört haben, ist es nicht gleichbedeutend, dass etwas unwichtig ist.

Johannes Schumann / 09.11.2023

@M. Vogel: Ja, diese Funktionäre kann man vergessen. Juden fühlen sich doch bestimmt nicht von denen vertreten. Die erinnern ein wenig an die Kirchenvertreter in der DDR, die eng mit der SED paktierten. Und was Friedman angeht, so hat er doch vor dem 7. Oktober noch kräftig gegen Aiwanger ausgeteilt und das Wort “Jugendsünde” (m. E. heißer Kandidat, Unwort des Jahres zu werden, bei der linksideologischen Jury) in diesem Zusammenhang kritisiert. So ein Flugblatt ist natürlich keine Jugendsünde, sondern ein schlimmes Verbrechen. Schlimmer ist nur noch Völkermord. Jugendsünde wäre es gewesen, hätten man in Aiwangers Tornister Koks und im Keller ein paar ukrainische Zwangsprostituierte gefunden, gelle? Friedman ist einfach unmöglich. Ich fand ihn mal gut, weil er ein scharfzüngiger Moderator war, der die Politiker grillte, wie es sich gehört. Aber der ist doch schon lange eingenordet, möglicherweise wegen der Nutten damals, traut er sich nicht mehr, klar zu denken und zu reden.

Johannes Schumann / 09.11.2023

Mir haben sich die Bild- und Tondokumente von 2014 eingebrannt: “Jude, Jude, feiges Schwein. Komm heraus und kämpf allein.”, und auch “Hamas, Hamas, Juden ins Gas.” - WDR-Reporter die von Ort davon berichteten und meinten, es wäre eine friedliche Demonstration. Eine Polizei, die einen Lautsprecher oder ein Megaphon dem Mob bereitstellt. Angesichts dieser Demos im Jahre 2014 anschließend die Massenzuwanderung aus diesen archaischen Kulturen zuzulassen, war einfach nur bekloppt. Interessanterweise ist noch niemanden den Zynismus mit dem “feigen Schwein” aufgespießt. Eine aufgehetze Menge von hunderten jungen Männer verlangt von einem Juden, doch alleine zu kämpfen. Und weil er es nicht tut, gilt er als feiges Schwein. Nun waren die jungen Männer auch nicht bereit, alleine zu kämpfen. Auch faule Schweine? Oder ist das meine Islamfeindlichkeit, Moslems in die Nähe von Schweinen zu rücken?

Chris Groll / 09.11.2023

@Dr. Guido Scherer, stimme jedem Ihrer Sätze zu.

P. F. Hilker / 09.11.2023

At Schuster und Holschke, durch regelmäßiges Meditieren kommt der Kopf zur Ruhe und die Gedanken verstummen. Meine Eltern und Großeltern haben den 2. WK LIVE miterlebt. Aber von Johanna Haarer habe ich nie etwas gehört und ich bin in einer interessierten und liberalen Unternehmerfamilie aufgewachsen. Wie ich gelesen habe, war sie eine Nationalsozialistin, die den Nationalsozialismus in ihrer Disziplin vorgelebt hat. Natürlich hat Frau Buhr recht. Schauen Sie nach vorn. Obsession macht blind. Meine Großeltern und Eltern haben den Krieg lebend und gesund überstanden und dann nach vorn geschaut.

Talman Rahmenschneider / 09.11.2023

Ich las übrigens in einem amerikanischen news-outlet, dass unter diesem Schwachmaten massenhaft Terroristen über die Grenze zu Mexico kommen. Einige werden aufgehalten, aber nicht alle.

Sam Lowry / 09.11.2023

Es ist ja schon sehr schlimm, ABER: “Bundesamt für Migration verzeichnet höchsten Wert seit 2016”... und es kommt noch schlimmer!

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