Für 2155 Euro rückt sich ein Leistungsträger bei ARD und ZDF nicht mal die Krawatte zurecht bzw. zieht sich den Lippenstift nach. Aber die sind ja auch unverzichtbar, um die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten. Das muss angemessen honoriert werden.
Der tagtägliche Wahnsinn und das geschildert von einem Richter. Ich hege zwar massive Vorurteile gegen Winkeladvokaten, aber Richter fallen nicht darunter. Ein ungeschönter Bericht aus den Tiefen eines zusammenbrechenden Systems in dem mittlerweile jede Statistik mehr oder minder geschönt bzw. manipuliert wird. Wunderbar zu lesen, dass man sich für 2155€ brutto u.U. abstechen lassen darf, das nenne ich mal puren Zynismus! Warum werden nicht Sozialarbeiter mit dem Job “beehrt”, die könnten die teils hochaggressiven Leute dann zu Tode quatschen. Das Buch ist bereits gekauft.
Als Polizeibeamter erfahre ich durch das Buch nichts Neues. Am Anfang meiner Berufszeit, wenn man von ähnlichen Zuständen berichtete, wurde man in den allermeisten Fällen belächelt und als betriebsblind eingestuft. Aber es war schon zu dieser Zeit von Leuten mit entsprechender Berufserfahrung klar erkennbar, wohin die Reise geht. Heute, nach über 20 Jahren, in einer Zeit, in der sich die Kollegen grösstenteils innerlich von der Justiz, ja sogar von diesem Rechtsstaat, verabschiedet haben (unsere Arbeit wird durch die Justiz einfach ad absurdum geführt), in einer Zeit, in der der sich aber die Missstände nicht mehr unter dem Deckel der bürgerlichen Wahrnehmung halten lassen (entweder, weil man schon persönlich von der justiziellen Misere betroffen war oder eben durch die Berichterstattung durch die Medien), in dieser Zeit eines der wichtigsten Bücher überhaupt. Meine Anerkennung für Herrn Schleif, sich klar gegen den Mainstream zu positionieren und Klartext zu reden. Ich wünsche ihm den grösstmöglichen Erfolg beim Verkauf seines Buches und die nötige Kraft, nicht vor dem Gegenwind einzuknicken, der ihm jetzt stark ins Gesicht blasen wird. Für die Zukunft würde ich mir auch wünschen, dass sich meine Berufsgruppe, inkl. Führung, in der Mehrheit von der aktuellen Politik und Justiz verbal emanzipiert und auch ganz klar öffentlich die Missstände anprangert. Denn die Bürger werden immer noch absichtlich dumm gehalten, offiziell wohl, um sie nicht zu verunsichern. Ich würde dagegen sagen, sie werden dumm gehalten, um von der blanken Unfähigkeit in Politik und Justiz abzulenken.
Das ist das Dilemma, wenn man nach außen ein arrogantes und narzisstisches Unfehlbarkeitsbild unterhält: Unter der Decke fängt es an zu florieren - und zwar in dem der Niedergang logarithmisch zum narzisstischen Theater gedeiht. Am Tag des höchstmöglichen kompetenten Getues wird der Laden unter den Mißständen zusammenbrechen. Es ist dies ein altes aus Babylon bekanntes Prinzip. Wobei die Babylonier sicher an der Liberalität scheiterten, denn an einem bis zum Wahnsinn gesteigerten Gedanken an den totalen Staat, der das Denken des einzelnen auflöst. Und in der Frage des Rechts und seiner Ausführung wird die Sache - schlimmer als es sich Tacitus hätte träumen lassen - zum Verhängnis. Denn so wird das Gericht als Ort des wohlen Wägens zu einem Bahnhof. Und das liegt nicht am Geld, sondern an der erodierten Bildung, wo schon mal der Corpus iuris fehlt, und alles nur nach der “kommunizierten Ethik” ausgerichtet wird, - auf eine Interdependenz, deren letztes Ende Dekadenz heißt, weil alles nur noch Gefälligkeiten und Günstlingswirtschaft sind, als wäre man in Schillers “Kabale und Liebe” gelandet. Die Deutsche Justiz hat sich vom Kaiser nie freigemacht - und auch nicht von ihren weit dunkleren Kapiteln des Mordes unter dem Schirm des Führers und der Paragraphen.
Herr RiAG Dinslaken, SCHLEIF, beschreibt die vernachlässigte Fürsorgepflicht. Als die Bundeswehr nach dem 9/11 nach Afghanistan geschickt wurde, Kanzler Schröder war nach 2002 doch eingeknickt, geschah das ohne Schuss-Westen. Die haben sich Soldaten für 1,000 Dollar von den Amerikanern privat (!) besorgt. Denen wäre nie eingefallen, ihre Leute so zu “verheizen,” Auch nicht, ihre Leute ohne Bergung vom Gefechtsfeld ohne Hubschrauber zu lassen, was die deutsche Politik noch jahrelang zuließ. Dafür haben dann US-Flieger im Kugelhagel, in Todesverachtung, gesorgt (Wohlgethan “Endstation Kundus” und Heike Groos “Es ist auch euer Krieg”). Herr Schleif beschreibt einen üblen, neudeutschen Charakterzug: Abnehmende Empathie und Anstand, das sind Verfallserscheinungen.
Die Resultate der Merkel-Politik sind in den Institutionen angekommen.
Auf meinem Weg ins Gericht musste ich meine Sachen durch den Metalldetektor fahren lassen, auf meine Frage hin, was mit Plastiksprengstoff sei, kam keine Antwort, nur Schulterzucken. Und die stichfesten Westen werden erst angeschafft, wenn ein Entscheider oder deren Familienmitglied betroffen ist, wetten? Habe ich schon erwähnt, dass Deutschland fertig hat?
Wenn es nicht so ernst wäre, müßte ich jetzt herzhaft lachen: der Amtsschimmel wiehert. Aber so funktioniert staatliche Verwaltung. Manchmal nimmt man Besonderheiten eines Einzelfalls, um absurde allgemeine Regeln zu erstellen. Ein anderes Mal, wie bei den stichsicheren Schutzwesten für die Justizwachtmeister, handelt man nicht, obwohl der Handlungsbedarf offensichtlich ist. Zum ersten Punkt fällt mir die Regelung hinsichtlich Flüssigkeiten bei der Passagierkontrolle an Flughäfen ein. Da gab es einmal ein paar Fälle, wo böse Menschen Flüssigsprengstoff in Flugzeuge mitnahmen. Seitdem wird ein Riesentheater veranstaltet und jeder Fluggast muß seine halbvolle Cola bei der Kontrolle wegschmeißen, um sich jenseits der Kontrolle für den vierfachen Preis eine neue Cola zu erstehen. Wäre der Sprengstoff in den Bügeln einer Brille versteckt gewesen, müßten wohl alle Brillenträger ihre Brillen abgeben. Das wäre sicher eine prima Konjunkturmaßnahme für alle Augenoptiker im Duty-free-Bereich. Auf die Idee, die Kontrolle auf die speziellen Charakteristika der Person abzustellen, darf man nicht kommen. Das heißt ja auf deutsch, glaube ich, racial profiling. Dabei ist es doch sehr unwahrscheinlich, daß die gepflegte Dame von schätzungsweise 70 Jahren eine Bombe mit sich führt. Gut, ich weiß, könnte eine getarnte IS-Kämpferin sein: Perücke mit grauen Haaren, auf ältere Dame geschminkt, den leicht schwerfälligen Gang antrainiert, jaja, jaja … Also weg mit der Flasche Apfelschorle!
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