Henryk M. Broder / 22.02.2019 / 17:01 / 43 / Seite ausdrucken

Steinmeier und die Hohe Schule der Diplomatie

Es ist noch nicht lange her, dass unser geliebter Bundespräsident, der Friede sei mit ihm, am Grab von Yassir Arafat einen Kranz niedergelegt und sich verneigt hat. Nach Angaben der deutschen Vertretung in Ramallah war es das erste Mal, dass ein deutscher Bundespräsident den verstorbenen (und nach Ansicht vieler Palästinenser und ihrer Freunde von Israel heimtückisch ermordeten) "Rais" auf diese Weise ehrte, dessen Politik hunderte von Israels und noch mehr Palästinenser das Leben gekostet hat. 

Nun hat Steinmeier, möge Gottes Segen ihn auf allen seinen Wegen begleiten, kräftig nachgelegt und den iranischen Ayatollahs zum 40. Jahrestag der Revolution in einem Telgramm (hat der Mann keine email-Adresse?) seine „herzlichen Glückwünsche“ übermittelt. So wie er der Königin von England zu einem Terroranschlag in Manchester kondoliert hat. Diplomatische Routine, das eine wie das andere. Das muss ein Bundespräsident können. 

Jetzt steht die Frage im Raum, zu welchem Anlass oder bei welcher Gelegenheit Steinmeier, möge der Herr ihm immer beistehen, wieder gratulieren oder kondolieren wird. Hier ein paar Anregungen unsererseits.

Am 7. November 1917 übernahmen die Bolschwiki unter Lenin die Macht in Russland. Die Große Sozialistische Oktoberrevolution war ein voller Erfolg, von den Millionen von Toten mal abgesehen. Ein Glückunsch-Telegramm des deutschen an den russischen Präsidenten wäre ein Zeichen der Verständigung in diesen unruhigen Zeiten.

Am 20. Oktober 2011 kam der libysche Staatschef Muammar Muhammad Abdassalam Abu Minyar al-Gaddafi unter bis heute ungeklärten Umständen ums Leben. Ein Kondolenz-Telegramm des deutschen Präsidenten an das libysche Volk wäre ein Beitrag, um verlorene Sympathien für Deutschland in Libyen wiederzugewinnen.

Am 29. Mai 1994 gab der letzte Staatsratsvorsitzende der DDR im chilenischen Exil den Geist auf. Ein Beileidsschreiben an Honeckers Enkel Roberto Yáñez, Liedermacher, Maler und Autor, wäre ein kleiner, aber nicht unwichtiger Beitrag im Dienst der deutschen Einheit.

Am 14. Mai 1948 rief David-Ben Gurion den Staat Israel aus. In diesem Fall wäre eine Doppelstrategie von Nutzen. Ein Glückwunsch-Telegramm an die Knesset in Jerusalem und ein Kondolenzsschreiben an das Büro der Arabischen Liga in Kairo. 

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Leserpost

netiquette:

Wilfried Cremer / 22.02.2019

Steinmeier ist ein Mann des Ausgleichs. Er passt das Amt des Bundespräsidenten an auf SPD-Niveau. Die Hosen der Vereinigten Genossen sind in etwa gleich gefüllt.

Rudolf Dietze / 22.02.2019

Das hätte ich der BILD nicht zugetraut. Danke für den Link. Ein Grußschreiben nach Russland könnte auf der Agenda stehen. Bei Israel glaube ich nicht an Doppelstrategie.

alexander meyer / 22.02.2019

Den Hinterbliebenen der Gesteinigten,Gepeitschten ,an Laternen u Baukränen aufgehängten u ins Exil Vertriebenen mögen jetzt erkennen,daß das alles doch richtig gewesen sein muß,wenn sogar der Hohepriester der Moral BP Steini gratuliert ! Ja,da kommt Freude auf ! Wann gibt es einen Gedenktag für Idi Amin ?

P.Steigert / 22.02.2019

Wahrscheinlich werden sich Exil-Iraner auch bald unsicher fühlen unter diesem BP und AM. Wenn die nicht sowieso schon längst ihre Weitermigration planen.

Dirk Jungnickel / 22.02.2019

Nichts gegen ein Beileidsschreiben an Honeckers Enkel.  Aber bitte, Henryk M. Broder, keine semantischen Schnitzer. Wo war da ein Geist , der da entfleuchte ?

Martin Schumann / 22.02.2019

Den Vorschlag habe ich schon öfter gemacht, aber er hat es nie durch die netiquette geschafft: Wenn Steinmeier sich vor dem Judenmörder Arafat verneigt, ist es doch nur konsequent und ehrlich das auch am Grab von Eichmann zu tun und dabei noch die Israelis zu tadeln, weil diese so böse sind und die Todesstrafe vollstreckt haben.

Thomas Weidner / 22.02.2019

Herr Broder - Sie haben ja vollkommen Recht. Aber zum Lachen ist das nicht mehr. Dieser Bundespräsident ist absolut indiskutabel.

Ralf Ehrhardt / 22.02.2019

Lieber Herr Broder, warum wollen Sie unserem allerwertesten Bundespräsidenten Steinmeier , der Friede sei natürlich mit ihm, unbedingt körperliche Schmerzen bereiten, und raten ihm hinsichtlich der Ausrufung des Staates Israel am 14. Mai 1948 durch David-Ben Gurion zu einer Doppelstrategie? Dies stünde doch im krassen Gegensatz zur aktuell praktizierten Außenpolitik Deutschlands. Macht mir den Heiko nicht wuschig ! Ein Kondolenzsschreiben an das Büro der Arabischen Liga in Kairo sollte doch wohl ausreichen; oder ? P.S.:  Die übrigen Termine habe ich mir auf ´Wiedervorlage`gelegt. Im übrigen: wann hat denn US-Präsident Trump bei Steinmeier den nächsten Wv.-Termin zum gratulieren oder kondolieren; oder sind alle USA Termine ersatzlos gestrichen ?

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