Thomas Rietzschel / 20.04.2019 / 16:51 / Foto: A.Savin / 41 / Seite ausdrucken

Maas auf Madeira – Eine obszöne Inszenierung

Heiko Maas war auf Madeira. Wozu? Was wollte der Außenminister ausrichten? Wie hätte er den Leidtragenden des schrecklichen Busunglücks vom vergangenen Mittwoch beistehen können? Was hatten die Verletzten und die Angehörigen der Toten von ihm zu erwarten? Über medizinische Kenntnisse verfügt der Diplomat so wenig wie über Erfahrungen im Katastropheneinsatz. Auch ist er noch nie mit einer besonderen seelischen Begabung, mit ausgeprägtem Einfühlungsvermögen aufgefallen.

Welchen Trost sollte der Emissär der Bundesregierung Menschen spenden, denen er weder familiär noch freundschaftlich verbunden ist? Einzig aus der gemeinsamen Nationalität mag sich eine gewisse Nähe des deutschen Politikers zu den deutschen Opfern ergeben. Doch gerade davon will man ja in Berlin schon länger kein Aufhebens mehr machen. Die Kanzlerin selbst riss dem Generalsekretär ihrer Partei das Deutschlandfähnchen aus der Hand, als er es 2014 im Überschwang des Wahlsieges zu schwenken wagte.

Der Genosse im Wege

Was also wollte, was sollte ihr Minister nun auf Madeira? Die erfahrenen Helfer bedurften seines Auftritts nicht. Sie hatten die Lage im Griff. Die Rettung lief und läuft den Umständen entsprechend. Der Genosse Maas stand dabei nur im Wege, raumgreifend mit dem Tross seiner Begleiter und den aufgelaufenen Journalisten, allen voran den Fotografen und Kameraleuten.

Auf sie allein kam es an. Sie mussten die anrührenden Bilder liefern. Aufnahmen einer zelebrierten Anteilnahme und staatlicher Fürsorglichkeit. Schnappschüsse, auf die die Groko sowie die SPD im allgemeinen und Heiko Maas im besonderen gerade jetzt, im Vorfeld der Europa-Wahl, mehr denn je angewiesen sind.

Festzuhalten bleibt nach der Minister-Visite nicht mehr und nicht weniger als ein Missbrauch menschlichen Leids zu propagandistischen Zwecken. Die peinliche Inszenierung eines kleinen Mannes, der immer fürchten muss, übersehen zu werden: eine Obszönität.

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Roland Stolla-Besta / 20.04.2019

Als Außenministrant hat man ja eher selten die Gelegenheit, nach Madeira zu fliegen, und so hat unser Herr Maas offenbar das Angenehme mit dem „Nützlichen“ (Propagandaauftritt) verbunden. Und der verlief auch nur peinlich, somit dürfte der Propagandaeffekt eher nach hinten losgegangen sein. Oder sollte er den Besuch nur wegen der Alliteration getan haben?

Hjalmar Kreutzer / 20.04.2019

Ich bin kein Fan des Maas-Männchens. Allerdings kann ein Politiker nach so einem schrecklichen Unglück eigentlich nichts richtig machen. Hätte sich gar keiner von der Bundespolitik sehen lassen, wäre dies auch nicht optimal. Ich erinnere mich noch gut an die Erbitterung über Merkel angesichts ihrer Fast-Nicht-Reaktion auf den Terroranschlag am Breitscheidplatz, während die polnische Regierung dem ermordeten LKW-Fahrer ein Staatsbegräbnis ausrichtete und den Deutschen ihr Beileid aussprach.  Erst fast ein Jahr später gab es widerwillig das Pflichtprogramm eines Gedenkens. Ich hoffe, Maas konnte für die Angehörigen der Opfer und die Überlebenden etwas mehr tun, als öffentliches Schaulaufen, was aber nun mal zur Politik dazu gehört.

beat schaller / 20.04.2019

so, lieber herr rietzschel, das sitz nun wirklich! das kann ich unterschreiben und es pass so genau in all die inszenierungen auch im zusammenhang mit notre dame. jeder versucht sich selbst in szene zu setzen um möglichst viel aufmerksamkeit zu bekommen. es ist ein einziges trauerspiel und mir scheint es längst nicht möglich zu sein, das alles zu topen! trotzdem schaffen sie es immer wieder. ob mass, ob steinmeier, ob chebli oder die chefin selbst, quasi als votre dame, also jene, die wohl wirklich europäisch ist, im gegensatz zu notre dame, die einfach christlich ist und ein bauwerk und nichts mit eu als bürokratiemonster zu tun hat.  aber, wir wissen ja warum mass in die politik ging! vielleicht wird er ihnen noch sagen warum er nach madeira ging? widerlich! b.schaller

Frank Holdergrün / 20.04.2019

“.... eine Obszönität.” Kürzer ist dieser kleine Wenig nicht auszudrücken, wie wahr. Ein würdiger Vertreter und Motor der Selbstzerstörenden Partei Deutschlands. Ich werde der Zeit danken, wenn sie und er nirgendwo mehr zu sehen ist.

Gisela Aslam Malik / 20.04.2019

Meines Erachtens geht der Besuch des Herrn Maas auf den Rüffel von H.Laschet zurück. Der Min.Präs.NRW’s fand es skandalös, dass während des Notre Dame Brandes nach der “Tagesschau” in der ARD eine Tierdoku lief “während Paris brennt”, bzw. das ZdF auch erst nach einem (sehr,sehr guten) Film im Heute-Journal darüber ausführlich berichtete. Man hätte es wie bei CCN machen sollen: Stundenlang auf die immer gleichen Bilder halten,Voyeurismus bedienen! Wirkliche Neuigkeiten gab es stundenlang nicht dazu. Ich denke beide Sender hatten alles gegeben, was zu sehen und zu sagen war! Mehr gab es nicht. - Nun zu Herrn Maas:  E r   wollte sich nicht nachsagen lassen, dass hier ein tragischer Unfall nicht ausreichend beachtet wurde. Viele Bilder gab es ja nicht, aber m a n   war vor Ort, zeigte, dass das AA sofort reagiert, wenn Deutsche in Not geraten (was völlig neu ist, wenn man an die vielen unbearbeiteten Fälle denkt, deren Höhepunkt während des Chile-Putsches der Tod einer dtsch.Studentin war - alleingelassen mit Folter und Tod). Einen Brennpunkt gab es diesmal selbstverständlich auch - ARD ist lernfähig

Frank Grossfuss / 20.04.2019

Aber die AfD ist populistisch…

Jutta Lotz- Hentschel / 20.04.2019

Ich denke, die Opfer und betroffenen Familien hätten getrost auf die Mitleids- und Betroffenheitsbekundungen eines Politikers, den sowieso niemand in diesem Land für voll nehmen dürfte, verzichten können! Obszön ist genau die richtige Bezeichnung für diese mehr als peinliche Maas´sche Show- Einlage!

Werner Arning / 20.04.2019

Den „Kümmerer“ zu geben, kommt vor Wahlen immer gut. Ein paar hübsche Bilder. Betroffen drein schauen. Besorgt wirken. Jedoch Lösungen vermelden. Hilfe in Aussicht stellen. Als Macher auftreten. So tun, als habe man schnelle Entscheidungen getroffen, ein Machtwort gesprochen. Unbürokratisch geholfen, wo schnelle Hilfe gefragt war. Das ist Politik. Das ist Imagearbeit. Die Kamera ist eingeschaltet. Aber wer weiß, vielleicht hat sich ja tatsächlich der ein oder andere Verletzte oder Angehörige über Heikos Besuch gefreut. Wollen wir das zu seinen Gunsten unterstellen.

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