Vor einer Woche wurde der Börne-Preis für Essays, Kritik und Reportage an Wirtschaftsminister Robert Habeck verliehen, in der Frankfurter Paulskirche. Man muss schon eine Weile suchen, bis man den Grund für diese Auszeichnung in Habecks literarischem Werk findet.
Es war einmal, so beginnen die Märchen, die wir den Kindern erzählen, inzwischen aber auch eines, das Erwachsene bisweilen zu hören bekommen: das Märchen von der FAZ, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, von der es einmal hieß, hinter ihr stecke „immer ein kluger Kopf“.
Das war ein werbewirksames Kompliment an die Leser des Blattes. Indem sie sich durch die FAZ über das Weltgeschehen, über Wirtschaft und Kultur unterrichten ließen, durften sie sich geistig erhoben fühlen in den Stand der Gescheiteren. Der Slogan besagte ja auch, dass es besonders kluge Köpfe seien, die die „Zeitung für Deutschland“ machten.
Falsch war das nicht, man denke nur an den für das Feuilleton zuständigen Herausgeber Joachim Fest oder den Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki. Ihre Meinungen mussten nicht jedem gefallen, bezeugten aber allemal einen großen Bildungsfundus. Heute steht an der Stelle von Joachim Fest Jürgen Kaube als verantwortlicher Herausgeber des Kulturteils, ebenfalls ein – wie wir bisher annahmen – gescheiter Kopf. Nun aber müssen wir uns korrigieren, müssen sogar fragen, wie es um Kaubes literarisches Urteilsvermögen bestellt ist. Hat er doch, wie bei der Verleihung des Börne-Preises üblich, als alleiniger Juror die Auszeichnung in diesem Jahr dem amtierenden Bundeswirtschaftsminister und vormaligen Kinderbuchautor Robert Habeck zugesprochen.
Die Jagd auf den Wolf
Welcher Teufel, fragt man sich, mag den Mann geritten haben? Immerhin soll der Preis Autoren ehren, die „im Bereich des Essays, der Kritik und der Reportage Hervorragendes geleistet haben“ und Börne ebenbürtig sind. Nun stimmt es zwar, dass der in Frankfurt geborene Autor als politischer Publizist nie das Niveau eines Heinrich Heine erreichte. Die beiden waren lebenslang tief zerstritten, haben sich befehdet, aber nie mit der groben Keule aufeinandergeschlagen, sondern mit spitzer Feder gefochten. Börne war ein Meister der sprachlichen Polemik.
Dass auch, geht es nach Jürgen Kaube, Robert Habeck ein solcher sein soll, ist uns neu. Worin, bitteschön, besteht sein publizistisches Schaffen? Die FAZ spricht in Rätseln, wenn sie dazu poetisch angehaucht faselt: „Die Waage als Zeichen des politischen Denkens und Handelns verbindet den Bundeswirtschaftsminister und Publizisten Robert Habeck (Die Grünen) mit dem politischen Publizisten Ludwig Börne (1786 bis 1837): Das immer neue Ringen um ‚Maß und Mitte‘ sieht Habeck als Merkmal der Demokratie der Bundesrepublik.“
Wo, bitte, wo kann man Beiträge lesen, die diesem Lob entsprechen würden, etwa in dem Werk „Jagd auf den Wolf“, das er wie andere Kinderbücher zusammen mit seiner Frau verfasste? Nun, rein sprachlich spricht einiges dafür, dass das gemeint sein könnte. Bewegt sich der unterdessen zum Wirtschaftsminister avancierte Habeck weiter auf dem solistischen Niveau von Kinderbüchern.
In der Diskussion um das Verbot älterer, noch mit fossilen Brennstoffen betriebener Heizungsanlagen besänftigte er die verstörten Bürger unlängst mit der Aussage, wer schon älter sei und noch eine der demnächst verbotenen Anlagen in seinem kleinen Hexenhäuschen habe, könne diese weiter betreiben. Auch könne er die Anlage, wenn sie ein „Aua“ habe, wieder „heile machen“ lassen. Wahrlich eine Sprachkultur, die es verdient, mit einem nach Ludwig Börne benannten Preis ausgezeichnet zu werden.
Auweia!