Claudio Casula / 28.03.2024 / 11:57 / Foto: Hannes Grobe / 33 / Seite ausdrucken

Kein deutscher Pass für Antisemiten? Lächerlich!

Mit seltsamen Fragen zu Israel und Judentum im Einbürgerungstest gibt Nancy Faeser vor, Antisemiten herausfiltern und ihnen den deutschen Pass verweigern zu können. Ein ridiküles Vorhaben.

Der deutsche Pass ist begehrt. Sogar Clan-Chef Issa Remmo will jetzt einen, schon, damit man ihn dann nicht eines Tages in den Libanon abschieben kann, wo er ursprünglich herkommt. Da ist es doch praktisch, dass gerade beschlossen wurde, den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft zu erleichtern. Schon nach fünf Jahren kann ein Immigrant Deutscher werden, und er muss dafür nicht einmal mehr seinen alten Pass abgeben.

Zeitgleich erfahren wir, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser unter dem Eindruck zunehmender juden- und israelfeindlicher Bekundungen vor allem von Muslimen im Gefolge der Hamas-Massaker vom 7. Oktober sowie des steilen Anstiegs antisemitischer Straftaten und generell der unter Muslimen noch stärker als unter „Bio-Deutschen“ verbreiteten Abneigung gegen Juden und den jüdischen Staat zur Bedingung machen will, dass ein Anwärter auf die deutsche Staatsbürgerschaft sich „zur deutschen Verantwortung gegenüber Israel bekennen“ muss. Dem Spiegel sagte sie, Antisemitismus, Rassismus und andere Formen der Menschenverachtung schlössen eine Einbürgerung aus. Was uns zu der Frage führt, wie Nancy Faeser solche fiesen Einstellungen durch Fragenstellerei zu detektieren gedenkt.

Löwe, Adler, Bär, Pferd

Dazu werfen wir zunächst einen stichprobenartigen Blick in den mitunter befremdlich anmutenden Fragenkatalog, anhand dessen festgestellt werden soll, ob der antragstellende Ausländer „über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt“, und der hier auf der Website des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge einsehbar ist. Er umfasst insgesamt 310 Fragen (300 deutschlandweite Fragen, 10 Länder-Fragen pro Bundesland) nach dem Multiple-Choice-Muster, zum Beispiel Frage 204

„Wie wurden die Bundesrepublik Deutschland und die DDR zu einem Staat?" A) Die Bundesrepublik hat die DDR besetzt. B) Die heutigen östlichen fünf Bundesländer sind der Bundesrepublik Deutschland beigetreten. C) Die westlichen Bundesländer sind der DDR beigetreten. D) Die DDR hat die Bundesrepublik Deutschland besetzt.

Eine wahrhaft tückische Frage! De jure stimmt natürlich B, kritische Geister argwöhnen inzwischen jedoch, dass die Wirklichkeit nach Antwort C riecht.

Aufgabe 29 („Welches Tier ist das Wappentier der Bundesrepublik Deutschland?“) bietet als Antwortmöglichkeiten Löwe, Adler, Bär und Pferd – warum der Lemming hier nicht aufgeführt ist, bleibt rätselhaft.

Aufgabe 4 geht schon eher ans Eingemachte: „Welches Recht gehört zu den Grundrechten in Deutschland?“ Waffenbesitz, Faustrecht, Meinungsfreiheit, Selbstjustiz. Dann muss der Prüfling schweren Herzens „Meinungsfreiheit“ ankreuzen, denn er hat sich ja auf den Text vorbereiten können. Außerdem muss die Frage durchaus nicht dabei sein, denn selbstverständlich muss er nicht alle 310 Fragen beantworten, sondern nur 33 davon. Und von diesen wiederum auch nur 17 korrekt – zur Not kann er raten, wie der Kandidat bei Günther Jauchs „Wer wird Millionär?“. Und selbst wenn er durchfällt, bekommt er eine zweite Chance.

Koran oder Grundgesetz?

Wir überspringen Aufgabe 10 („Was ist mit dem Grundgesetz vereinbar?“ Prügelstrafe / Folter / Todesstrafe / Geldstrafe) und halten bei der figelinschen (norddt. für heikel, knifflig) Aufgabe 16 inne: „Wann ist die Meinungsfreiheit in Deutschland eingeschränkt?“ Vorsicht! Die Antwort „bei Kritik am Staat“ ist falsch, die Pläne von Faeser und Haldenwang wurden hier offensichtlich noch nicht berücksichtigt.

Der Begriff Einbürgerungstest wurde zunächst vor allem für den in Baden-Württemberg zum 1. Januar 2006 eingeführten „Gesprächsleitfaden für Einbürgerungsbehörden“ verwendet. Mit dem wollte man die Einstellung insbesondere von Muslimen zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung überprüfen. Da laut einer Studie des Zentralinstituts Islam-Archiv-Deutschland ein Fünftel der in Deutschland lebenden Muslime das Grundgesetz für unvereinbar mit dem Koran halten würden, zweifelte das Innenministerium die Ernsthaftigkeit des Bekenntnisses zum Grundgesetz von muslimischen Einwanderungsbewerbern schon damals an.

Die Zweifel dürften seither eher gewachsen sein. Also was soll denn nun garantieren, dass kein Antisemit in den Genuss der deutschen Staatsbürgerschaft kommt? Fragen zum Holocaust, zum Existenzrecht Israels sowie zum jüdischen Leben in Deutschland, heißt es. Das wüsste man zwar gern genauer, aber für Spiegel-Artikel gibt man ja kein Geld aus. Da überwinden wir schon eher unseren Ekel und sehen bei t-online nach. Dort bleibt man zwar vage, aber das hier ist immer noch besser als nichts:

„Dem ,Spiegel‘ liegen die neuen Fragen bereits vor. Es geht etwa darum, wie ein jüdisches Gebetshaus heißt, wann der Staat Israel gegründet wurde und woraus sich die besondere Verantwortung Deutschlands für Israel begründet. Ebenfalls soll abgefragt werden, wie hierzulande Holocaustleugnung bestraft wird und wer bei den rund 40 jüdischen Makkabi-Sportvereinen Mitglied werden darf.“

Wer darf wohl bei Makkabi kicken?

Gehen wir das mal der Reihe nach durch. Welchen Sinn hat die Frage, wie ein jüdisches Gebetshaus heißt? Abgesehen davon, dass bei den theoretischen Antwortmöglichkeiten Tempel, Synagoge, Schul, Beit Knesset der Deutsche in spe ohnehin ins Schleudern käme. Und was ist der Grund für die besondere Verantwortung Deutschlands für Israel, die sich gerade in den Äußerungen der Außenministerin Annalena Baerbock wieder einmal so trefflich manifestiert?

Sicher der Holocaust, den so mancher Muslim allerdings, wenn er ihn nicht leugnet, doch gern wahlweise herunterspielt, als gerechte Strafe an den Juden deutet oder Hitler im Vergleich zu Netanyahu deutlich besser abschneiden lässt. Auch dieser Bewerber kann locker „Holocaust“ ankreuzen, genauer dürfte man es nicht wissen wollen. Zudem wird mit Spannung erwartet, welche drei alternativen Antwortmöglichkeiten genannt werden.

„Ebenfalls soll abgefragt werden, wie hierzulande Holocaustleugnung bestraft wird“: Na, bei öffentlicher Leugnung des Holocaust oder seiner Folgen drohen nach Paragraf 130 („Volksverhetzung“) des Strafgesetzbuches Tätern bis zu fünf Jahre Haft oder Geldstrafe. Honi soit qui mal y pense. 

Und damit zur letzten und merkwürdigsten Aufgabe: „Wer darf bei den rund 40 jüdischen Makkabi-Sportvereinen Mitglied werden?“ Ist das eine Fangfrage? „Die Juden!“ wird der Prüfling rufen, dabei ist bei Makkabi, hier nachzulesen, „jede und jeder, unabhängig von Religionszugehörigkeit, Nationalität oder Hautfarbe, willkommen. Aber: Gespielt wird mit dem Magen David, dem Davidstern, auf der Brust.“ Es ist kaum anzunehmen, dass ein Einbürgerung begehrender Palästinenser, Syrer oder Libanese gesteigertes Interesse daran hat, ein Trikot zu tragen, auf dem der Davidstern prangt, im Gegenteil pflegen solche Zeitgenossen Makkabi-Spieler eher zu attackieren, aber welchen Sinn sollte diese irre Frage sonst haben? 

Wertlose Abfragerei, eine Nebelkerze

Die Ankündigung deutet nicht darauf hin, dass man dem Bewerber wirklich ein Bekenntnis zum Existenzrecht Israels abringen will. Wann der moderne Staat Israel gegründet wurde, weiß jeder Araber: 1948, denn die Niederlage der arabischen Invasoren im anschließenden Krieg und ihre Folgen werden noch heute als „Nakba“ betrauert. Die stupide Abfrage von bloßem Wissen über Juden und Israel, das man sich beizeiten aneignen kann, sagt rein gar nichts aus. Ein Islamist, der einen Brandanschlag auf ein jüdisches Gebetshaus in Bochum oder Berlin plant, braucht den Begriff Synagoge nicht, es sei denn, er muss nach dem Weg dorthin fragen. Die Frage müsste also eher lauten: Was ist in Deutschland verboten? A) Ramadan-Beleuchtung, B) Muezzin-Ruf, C) Allahu-akbar-Rufe bei einer Demo, oder D) Anschlag mit Molotow-Cocktails auf eine Synagoge.

Vielleicht wird ja auch noch die Frage aus dem Hut gezaubert, ob der Prüfling ein Gefilte-Fisch-Rezept kennt, man weiß es nicht. Seine möglicherweise rabiat antisemitische Gesinnung wird jedenfalls mit derartigen Fragen nicht herausgefiltert. Und täte man es doch, dann darf er im Sinne der Taqiyya hier auch mal lügen. Guten Gewissens.

Beim Faeserschen Vorhaben handelt es sich um nichts anderes als um eine weitere Nebelkerze. Ein Juden und Israel hassender Muslim muss sich garantiert keine Sorgen machen, dass sein Begehr nach dem deutschen Pass deswegen abgeschmettert werden könnte. Es soll nur so aussehen, als täte die Politik etwas, schließlich hat sie versprochen, jüdisches Leben im Lande zu schützen. Aber grau ist alle Theorie, „entscheidend is aufm Platz“.

Claudio Casula arbeitet als Autor, Redakteur und Lektor bei der Achse des Guten.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

M. Friedland / 28.03.2024

Herr Waidjuk: Ganz so blöd wie Sie denken sind die USA nicht: diese Fragen ermöglichen es, jemanden selbst nach Jahrzehnten und erfolgter Einbürgerung wieder auszuweisen wegen falscher Angaben bei der Einreise…. das haben schon so manche Alt-Nazis erfahren dürfen.

Torsten Hopp / 28.03.2024

Denke, die Passvergabe an Einreisende oder nicht lange hier Lebende oder so wird damit drastisch zurückgehen. Empfehle noch folgende Frage: Wie verhalten Sie sich bei der nächsten Pandemie? a) ich lasse mich 20 mal impfen; b) ich lasse mich nicht impfen; c) ich denzunziere Impfgegner (mehrere Antworten können richtig sein).

Horst Jungsbluth / 28.03.2024

Ich glaube kaum einer der Autoren oder Foristen hier auf der “Achse” wird in die Geschichte eingehen, aber diese Innenministerin wird es schaffen und wenn der Wahnsinn in diesem Staat so weitergeht, dann wird sie sicherlich sogar noch für den Friedensnobelpreis nominiert. Übrigens, Hitler wurde das auch. In Berlin erhielt eine gebürtige Deutsche, die nie die Stadt verlassen hatte,  bereits vor dem Krieg durch Heirat die Staatsbürgerschaft der Schweiz. Als ziemlich alte Frau beantragte sie dann wieder die deutsche Staatsbürgerschaft und musste dann auf dem Amt auch die Frage beantworten, ob sie überhaupt “deutsch” sprechen könne, was sie als sehr gebildete Frau besser konnte, als der Befrager. Natürlich musste sie die Schweizer Staatsbürgerschaft aufgeben, was damals noch ganz logisch war. Heute ist eben nur noch der Irrsinn logisch.

M. Posselt / 28.03.2024

Der Autor kommt wahrscheinlich aus den “alten” Bundesländern. Ich schätze ihn sonst sehr, aber hier - wenn auch satirisch - die Antwort C als “wirklich” zu nennen, ist verfehlt. Die Bürger in den “neuen” Bundesländern besitzen mehrheitlich - auf Grund der Geschichte - eine bessere politische Bildung, das zeigen auch die Wahlumfragen. Im “Westen” träumen immer noch viele vor sich hin oder schlafwandeln in Richtung Krieg und Totalitarismus. Das trifft natürlich nicht auf alle zu!

Klaus Schmid / 28.03.2024

Bei der Prüfung gibts die Fragen und Antworten doch bestimmt auch mindestens auf Arabisch und Türkisch?

jan blank / 28.03.2024

Das erinnert mich an einen herrlichen Strip von Carl Barks, in dem Onkel Dagobert Fragen gestellt wurden wie: “Aus welchem Metall sind Goldmünzen geprägt?”

Günter Wagner / 28.03.2024

Gehe mal davon aus, dass dann die Staatsministerin, die für Kultur und Medien zuständig ist, bald keinen Pass mehr hat.

Fritz Irmgardson / 28.03.2024

Was ein sinnloser Aufwand! Ich fordere für den Erhalt der Staatsbürgerschaft die Unterzeichnung von akzeptierten Regeln, ähnlich AGB. Bei Verstößen wird diese verliehene Staatsbürgerschaft unwiderruflich entzogen und diese Person muss das Land verlassen.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Claudio Casula / 08.05.2024 / 12:00 / 33

Noah, Mohammed und die fehlenden Kinder

Die jetzt kursierende Liste mit den beliebtesten Namen für Neugeborene macht eine Entwicklung deutlich und ignoriert eine andere.  Und da ist sie wieder, die Liste…/ mehr

Claudio Casula / 04.05.2024 / 06:15 / 111

Wollt Ihr den totalen Stuss?

Jüngst brillierte SPD-Chefin Saskia Esken in einer unter deutschen Politikern beliebten Disziplin: dem Nazi-Vergleich, ohne zu begreifen, wie geschichtsvergessen und verleumderisch dieser ist. „Wer heutzutage in einer…/ mehr

Claudio Casula / 03.05.2024 / 06:15 / 138

Good Buyx!

Nach acht Jahren, davon vier als Vorsitzende, ist Alena Buyx aus dem Deutschen Ethikrat ausgeschieden. Anlass, ihr Wirken in der Corona-Zeit noch einmal angemessen zu würdigen. In einer…/ mehr

Claudio Casula / 01.05.2024 / 06:15 / 82

Der Tag der verschmähten Arbeit

Auch an diesem 1. Mai werden Politiker wieder über Arbeit sprechen und dabei reichlich heiße Luft emittieren. Selbst haben sie immer häufiger mit echter Arbeit…/ mehr

Claudio Casula / 29.04.2024 / 12:00 / 103

Hamburg auf Kalifat-Kurs

Seit vielen Jahren ist Hamburg eine Hochburg des Islamismus, doch die Behörden haben vor allem ein Auge auf den Rechtsextremismus. Am Wochenende riefen hier über 1.000 Islamisten…/ mehr

Claudio Casula / 27.04.2024 / 06:00 / 100

Mario Voigt und die Lizenz zum Twittern

Im digitalen Raum regt sich unvermindert Widerstand. Jetzt liebäugelt auch Thüringens CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt mit Zensur-Fantasien. Mehr als vier Jahre ist es her, da wurde die Wahl eines…/ mehr

Claudio Casula / 25.04.2024 / 06:00 / 108

Boris der Große im ZDF

Ein Film über Verteidigungsminister Boris Pistorius im ZDF wird als Meisterwerk der Hofberichterstattung in die Fernsehgeschichte eingehen. Vor einer Woche zeigte das ZDF die Doku „Mensch Merz!…/ mehr

Claudio Casula / 24.04.2024 / 06:25 / 58

Mit Inhalierscham das Klima retten

Schlechte Nachrichten für die 6,1 Millionen Patienten in Deutschland, die auf Inhalatoren angewiesen sind: Sie sind von einer neuen EU-Verordnung betroffen. Die Verordnung über fluorierte Treibhausgase und…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com