Henryk M. Broder / 06.05.2019 / 12:00 / Foto: Bundesarchiv / 62 / Seite ausdrucken

Im Online-Kurs zum Faktenchecker

Möglicherweise haben Sie von dem "Recherchebüro Correctiv" noch nie etwas gehört, obwohl Sie jeden Tag SPON, WON, die FAZ und die taz lesen. Zumindest haben Sie noch keinen Artikel gelesen, der mit "Recherchebüro Correctiv" bzw. "Recherchenetzwerk Correctiv" unterschrieben war. Das kommt daher, dass "Correctiv" keine Artikel produziert, sondern sich darauf fokussiert, Fehler in den Arbeiten von Leuten zu suchen, die noch selber schreiben. Man könnte von einem "sekundären Journalismus" sprechen, der eben nicht "creativ", sondern "correktiv" ist. 

Aber das ist noch nicht alles. Das "Recherchebüro Correctiv" bildet jetzt "Bürger aus ganz Deutschland zu Faktencheckern" aus. Faktenchecker wird ein Beruf! Wie Eventmanager, Integrationshelfer und Kampftrinker! Bis jetzt "haben knapp 300 Leute ihr Interesse an dem Projekt angemeldet", etwa 65 haben nach "erfolgreicher Teilnahme" an einem "Onlinekurs" ein "Zertifikat" bekommen, das sie als geprüfte Faktenchecker ausweist. Die Bezahlung der freien Faktenchecker "erfolgt auf Honorarbasis". Hier steht, wie das im Einzelnen abläuft. Die Absolventen der Journalistenschulen steigen demnächst wahrscheinlich gleich auf Faktenchecker um, erstens, weil sie nicht schreiben können und zweitens, weil dafür niemand bezahlen will.

Nun hat sich einer dieser Spezialisten der Achse angenommen, war ja zu erwarten, sozusagen als Gesellenstück. Nach den islamistischen Oster-Anschlägen in Sri Lanka gab die grüne Fraktionsvorsitzende KGE bekannt, sie weile "in Gedanken bei den Angehörigen" und stellte fest: „Terror&religiöser Hass-egal gegen oder von wem-hat in dieser Welt nichts zu suchen!"

Der Faktenchecker von "Correctiv" monierte nicht, dss KGE den Singular benutzt, wo der Plural angebracht wäre, also haben statt hat, er monierte auch nicht, dass die Forderung von KGE, die so tut, als wäre sie eine Theologin, theologisch gesehen reiner Unsinn ist und auch nicht, dass sie einen Terroranschlag zum Anlass nahm, pauschalisierend alle Religionen zu ermahnen, wohl wissend, dass es vor allem eine der großen monotheistischen Religionen ist, die besonders Hass- und Terror-affin ist.

Nein, der Faktenchecker vom "Recherchebüro Correctiv" nahm Anstoß an der Überschrift des Beitrags: Christen, hört auf, Moscheen und Synagogen anzuzünden! und behauptete rotzfrech, wir hätten den Satz KGE „in den Mund" gelegt. 

Wir würden KGE nie etwas in den Mund legen, nicht einmal ein "After-eight"-Täfelchen, und wenn, würden wir es in dicke Anführungszeichen verpacken. Der Satz ist eine ironische Fortschreibung und Konkretisierung des Gemeinplatzes von KGE, Terror und Hass hätten in dieser Welt nichts zu suchen, egal gegen oder von wem. Denn es passiert doch recht selten, dass Christen eine Synagoge, Juden eine Kirche oder beide gemeinsam eine Moschee anzünden. Ein wenig öfter kommt es dagegen zu pyrotechnischen Umbaumaßnahmen von Kirchen und Synagogen durch Angehörige oder Symapthisanten der dritten großen monotheistischen Religionsgemeinschaft.

Aber das muss ein Faktenchecker, der ein Zitat von einem Stilmittel, das man Sinnumkehrung nennt, nicht unterscheiden kann, nicht wissen. Für den Job reicht es, wenn er den IQ eines Algorhitmus hat, der Rabatt und Rabatz nicht auseinanderhalten kann. Ist doch alles irgendwie das Gleiche, und wenn Faktenchecking Spaß machen soll, darf man es nicht allzu genau nehmen, schon gar nicht bei Hilfskräften, die auf Honorarbasis bezahlt werden wie Schiffsschaukelbremser auf einer Kirmes. 

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netiquette:

Tino Harrer / 06.05.2019

Schiffschaukelbremser auf dem Rummel;-) genialer Vergleich, Herr Broder! Und überhaupt haben Sie eine großartige Schreibe, danke! Der Artikel zeigt auch wieder gut auf, in welche Richtung unsere Demokratie abdriftet und das ist beängstigend.  Früher hieß es noch “wer nichts ist und wer nichts kann, geht zu Post und Eisenbahn” Heute kann er oder sie oder divers immer noch Faktenchecker, Berufsdenunziant o.ä. werden

Hjalmar Kreutzer / 06.05.2019

Herrn Wilhelm Müller: „...Studienabschlüsse…., die ... keiner braucht.“ In unserem Lokalblatt gibt es seit einiger Zeit eine Seite über „Medien in der Schule“. Im letzten Beitrag wurden aus Sicht der Noch-Schüler die Wege von Abiturienten ein Jahr nach dem Abitur und Beginn einer Ausbildung / eines Studiums vorgestellt. Nach verschiedenen Praktika und Freiwilligen Sozialen Jahren und begonnenen Studien je drei junge Damen und Herren mit Philosophie, Psychologie, Sozialwissenschaften, Medien, eine Dame mit abgebrochenem Jurastudium, „zu trocken und theoretisch“, letztendlich auch Sozialwissenschaften. Kein/e Einzige/r im Bereich MINT, keine Mediziner oder Zahnmediziner oder Volks- oder Betriebswirtschaftler oder angehende Pädagogen. Man kann nur hoffen, dass die mediale Darstellung nicht repräsentativ für den ganzen Abiturjahrgang ist und sich in fünf bis sechs Jahren doch noch Absolventen in „richtigen“ Berufen finden.

Sanne Weisner / 06.05.2019

Faktenchecker ist das neu-deutsche Wort für Religionswächter.

Karla Kuhn / 06.05.2019

“....etwa 65 haben nach „erfolgreicher Teilnahme“ an einem „Onlinekurs“ ein „Zertifikat“ bekommen, das sie als geprüfte Faktenchecker ausweist.”  Ich lach mich schief, in der DDR wurden auch viele Jobs als ABM Maßnahme geschaffen, die hießen dann Stasi-  oder IM - Denunzianten. Da ich weder diese Medien lese, mir auch nicht den Quatsch der G.E: reinziehe, ich vergälle mir doch meine Leben nicht, kenne ich dieses seltsame Konstrukt “Correctiv” nicht und so wird es auch bleiben. Vielleicht wäre es sinnvoll von einem “Experten” mal dieses “Correctiv” unter die Lupe zu nehmen, das wäre dann doch ein ECHTER Faktencheck. Wie sagte man früher ? “Wer nichts wird, wird Wirt” wo mit man den meisten Wirten Unrecht getan hat, und WIE lautet der Spruch heute ??????  Was die Achse betrifft, die meisten negativen Äußerungen sind für mich blanker Neid !

Hubert Bauer / 06.05.2019

@ Archi W Bechlenberg: 1. Ich schmeiße mich weg vor lachen - ehrlich. 2. “Junger Mann zum mitreisen gesucht”. Ich erinnere mich noch, dass das früher an jeden zweiten Fahrgeschäft angeschrieben war. Heute muss es wohl heißen: “Mensch (m/w/d) zum Mitreisen gesucht. Frauen werden besonders aufgefordert sich zu bewerben. An Bewerbungen von Menschen mit Migrationshintergrund sind wir interessiert. Menschen mit Behinderung werden bevorzugt eingestellt.” 3. Auch Michael Klonovsky ist kreativ: Neue Redenswendung: “Er lügt wie ein Faktenchecker”.

Karsten Dörre / 06.05.2019

correctiv.org ist ein Medium, welches Tag und Nacht nach Fehlern im Web Ausschau hält. Da kann man schon mal betriebsblind werden. Ich hatte einen ähnlich Verrückten bei einem meiner Kommentare zu einem Artikel in meiner Lokalzeitung. Der meinte bei meiner Kommentar-Überschrift nicht weiter lesen zu müssen, aber sich fürchterlich über die Überschrift aufzuregen. Meine Reaktion auf ihn war, dass ich mich von ihm dahingehend unterscheide, dass ich nicht nur Überschriften sondern auch Inhalte lese bzw. schreibe. Jeder halbwegs gebildete Journalist nutzt heutzutage einen Titel, der neugierig machen soll, um zum Weiterzulesen zu animieren (die Online-News-Konkurrenz ist riesig und schläft nicht).

Gerhard Schuster / 06.05.2019

Seit Sommer 2015 bin ich auch so ein “Faktenchecker”. “Fakten”, die in Artikeln der Lokalzeitung gefühlt fehlen, finde ich dann meist im originalen Polizeibericht als “arabischer Phänotyp” oder als Klassiker “südländisches Aussehen” wiedergegeben. Allerdings habe ich gefühlt den Eindruck, dass ich als ein derart autodidaktisch qualifizierter “Faktenchecker” beim Recherchebüro Correctiv” keine Chancen hätte.

Manfred Lang / 06.05.2019

Lieber Herr Scheffler, gut ist, dass Sie versucht haben, meinen Kommentar zu verstehen. In der Tat habe ich mich an Henryk M. Broder abgearbeitet. Aber im gerade vergangenen sechswöchigen Süditalien-Urlaub. Dort habe ich insgesamt sechs Bücher von Broder aus dem Zeitraum von 1978 bis heute durchgearbeitet. Ich habe mich dabei immer gut informiert und bestens unterhalten gefühlt. Ich wünsche Ihnen, dass es Ihnen mit Broder, egal mit welchem Medium, immer genauso gehen mag. Beste Grüße und ohne Schaum vorm Mund Manfred Lang

Jochen Lindt / 06.05.2019

Ein Freund von mir hat Ende der 80er als Student (Informatik) den Leuten Computerführerscheine verkauft.  Mit Zertifikat. Wie man Maus und Tastatur bedient und so. Echt Hightech. Heute kann man drüber lachen, aber die Witze darüber und die Randbemerkungen dazu wird er wohl lebenslang nicht mehr los.  Also empfehle ich den zukünftig zertifizierten Faktencheckern die Sache locker angehen zu lassen. Vor allem das Zertifikat gut verstecken, wenn sie nicht noch zukünftiger zur unfreiwilligen Lachnummer werden wollen.

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