Henryk M. Broder / 10.06.2020 / 14:00 / Foto: Freud / 53 / Seite ausdrucken

Herr S. und sein treuer Knappe, Herr K.

Das Bundesverfassungsgericht hat dem amtierenden, gelegentlich unsichtbaren und manchmal hyperaktiven Bundesinnenminister ins Stammbuch geschrieben, was er darf und was er nicht darf, nämlich: in seiner Funktion als Minister gegen das Gebot staatlicher Neutralität zu verstoßen. Seehofer hatte ein Interview mit sich selbst, in dem er die AfD als "staatszersetzend" bezeichnte, auf die Homepage seines Ministeriums gestellt. 

Seehofer war klug genug, sich einer Stellungnahme zu diesem Urteil zu enthalten. Er schickte seinen parlamentarischen Staatssekretär Günter Krings an die Front, der sich "sehr erfreut" darüber zeigte, "dass das Gericht in dankenswerter Klarheit festgestellt hat, dass auch ein Bundesinnenminister, auch Horst Seehofer, am politischen Meinungskampf teilnehmen darf". Hier bei 7:00

Das aber war weder Gegenstand der Verhandlung noch der Tenor des Urteils. Niemand hatte auch nur den Versuch unternommen, Horst Seehofer die Teilnahme am politischen Meinungskampf zu verbieten. Als CSU-Pappkamerad kann er so viel Dampf ablassen, wie er will, als Privatmann sowieso, nur muss er sich in seiner Funktion als Mitglied der Regierung an das "Neutralitätsgebot" halten und darf zur Selbstpromotion keine staatlichen Ressourcen nutzen. "Die Zulässigkeit der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung endet dort, wo Werbung für oder Einflussnahme gegen Einzelne im politischen Wettbewerb stehende Parteien oder Personen beginnt." Das müsste selbst ein einfaches Gemüt wie Günter Krings, der Vorsitzende der CDU-Landesgruppe NRW im Deutschen Bundestag, begreifen. Aber nein, er stellt das Urteil auf den Kopf, in der festen Überzeugung, die Menschen da draußen im Lande, werden es ihm abnehmen. Das ist Betrug am Souverän.

Das Etikett "zersetzende Elemente" war übrigens sowohl im Dritten Reich wie in der DDR ein wichtiger Begriff im Kampf gegen Oppositionelle. Insofern muss auch in diesem Fall die Frage erlaubt sein, wer hier "zersetzend" wirkt. Könnte es diesmal der Innenminister sein? Oder sein parlamentarischer Staatssekretär?

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Leserpost

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Steffen Bartels / 10.06.2020

Klasse, Broder!

Frank Holdergrün / 10.06.2020

Sie würden eher ihre Frau in den Keller schicken als einen Fehler zugeben. Viele Politiker sind Zersetzer der guten Sitten, des Anstandes und bürgerlicher Regeln. Ihr Verhalten gleicht immer mehr jenen Feudalherren, die Menschen in Frankreich zu einem Sturm hinrissen. Der Regierungspräsident Lübcke beging 2015 eine der schlimmsten verbalen Fehlleistungen der jüngeren Geschichte, es war ein furchtbarer Fall des politischen Extremismus (Prof. Egon Flaig, “Was nottut”, S. 58) Auf der gleichen Stufe steht für mich die Aussage Seehofers, der besser Spielzeugeisenbahn spielen sollte. Gut, dass ihm das Stop-Signal gezeigt wurde. Sich selbst als demokratische Parteien, die AfD als nicht-demokratisch abzukanzeln, ist ebenso dreist und ein Angriff auf das Bürgertum. Sie tun es nahezu täglich. Und eine gewählte Oppositon, die größte, kam in den letzten Monaten im öffentlichen Diskurs, in Medien, einfach nicht mehr vor. Ein schwerer Fehler.

Karl-Heinz Vonderstein / 10.06.2020

Ja, es gibt wohl diesen innigen Wunsch vieler in den Reihen von sowohl CDU, CSU, SPD, FDP, Grüne und Linke, die AfD am Verfassungsgericht, Verfassungsschutz und am Grundgesetz vorbei verbieten zu wollen.Was natürlich nicht demokratisch wäre.Auf Facebook postete mal einer, warum man denn die AfD nicht auch mit undemokratischen Mitteln bekämpfen dürfe, da die AfD doch unsere freiheitliche Demokratie beseitigen möchte.Gab ihm dann ne Antwort und schrieb, wenn man das dürfe und tut, dann würde man doch selber schon die freiheitliche Demokratie beseitigen.So tickt es bei dem ein oder anderen bei uns.

Walter Weimar / 10.06.2020

Im nächsten deutschen Staatensystem wird es dann heißen, „zersetzende Elemente“ sind Ausdrücke des Dritten Reiches, der DDR und der BRD. Irgendjemand wird feststellen, viele Gemeinsamkeiten mit unterschiedlichen Mitteln.

Heiko Stadler / 10.06.2020

Man achte doch bitte auf die Mimik des “hocherfreuten” Günter Krings beim Interview. Bilder sagen eben mehr als 1000 Worte.

Karsten Kaden / 10.06.2020

War es nicht Seehofer, der Kahrs wegen des Gebrauchs von dienstlichem Papier zu dienstlichen Zwecken “beurlaubt” hat? Der Mann ist offensichtlich senil und gehört eher in ein Pflegeheim als ins BMI.

Eberhard Berger / 10.06.2020

Wenn man schon den Begriff “staatszersetzend” hätte anbringen wollen, dann doch im Zusammenhang mit diesem famosen Konzert von FeineSahneFischfilet, das der Bundespräsident uns ernsthaft empfohlen hat. Die Kritik der AfD an diesem Vorgang war absolut gerechtfertigt.

Frank Stricker / 10.06.2020

Günter Krings, da war doch was ? Richtig, das war doch dieser selbstgefällige Kotzbrocken , der versucht hat Frau Lengsfeld und Sie , lieber Herr Broder, mit der gemeinsamen Erklärung 2018 vor dem Petitionsausschuß lächerlich zu machen. In seiner Vita setzt er sich vehement für den Schutz “Geistigen Eigentums” ein. Nur schade,dass er irgendwie selber “Geistig obdachlos” wirkt……...

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