Henryk M. Broder / 10.02.2021 / 12:00 / Foto: re:publica / 111 / Seite ausdrucken

Frau Karliczek schafft ein wenig Abhilfe

Wenn Sie wissen möchten, wo das Land, in dem Sie gut und gerne leben, steht und wohin es torkelt, dann reicht es eigentlich, dass Sie sich die letzten Statements des Kanzleramtschefs und Hobbyimpfers Helge Braun und des Ministers für Wirtschaft und Energie Peter Altmaier anhören. Nicht, dass die beiden Unwahrheiten verbreiten würden, nein, sie präsentieren nur alternative Fakten, die so authentisch sind wie der Doktortitel von Franziska Giffey. 

Wenn von den Allzweckwaffen im Umfeld der Kanzlerin die Rede ist, muss auch über die charismatische Bundesbildungsministerin Anja Karliczek gesprochen werden. Sie tritt nicht sehr oft vor Kameras und Mikrofone, weil sie bei dem Versuch, ihre Gedanken in Worte zu fassen, meist schwächelt. Aber wenn sie es tut, dann macht es Wummm!

Zum Beispiel bei einer Pressekonferenz mit mehreren dazugeschalteten Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen am 8. Januar, über die das heute journal am selben Abend berichtete. Hier ab 8:22. Man wolle, sagte die Ministerin, mit der "Leitlinie" dieser Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, "genau die Unsicherheiten beseitigen, die aktuell bei vielen, die das zu entscheiden haben, wie gehts weiter, doch in den Augen stehen, dass die Unsicherheit, die da ist, dass wir die, die Unsicherheit, die da ist, dass wir hiermit ein klein wenig Abhilfe schaffen können".

Sogar die Yucca-Palme ließ die Blätter hängen

Das war eine glasklare Ansage, mit der die Bundesbildungsministerin die Ergebnisse vieler Pisa-Studien resolut bestätigte. Bildung ist für alle da, nur mit der Sprache hapert es noch ein klein wenig. Ein Berliner Schulleiter äußerte sich "entsetzt" über die "Handreichung" der Ministerin: "Mindestens sechs Monate zu spät und überflüssig wie ein Kropf." Die Ministerin aber lachte, winkte ins Publikum und sprach sich selbst von jeder Verantwortung frei. Das Thema "Schulschließung" werde in der "Leitlinie nicht behandelt", das sei eine Frage, die "an anderer Stelle behandelt werden" müsse.

Was sollte also die ganze Leitlinie, die mühsam auf 28 Seiten ausgearbeitet wurde?

Ein paar Stunden später ließ sich die Ministerin im ZDF-Morgenmagazin von Dunja Hayali befragen, die schon ahnte, was da auf sie zukam und deswegen Frau Karliczek um "kurze, präzise Antworten" bat. Diese aber ignorierte die Bitte und mäanderte sich von einem Gemeinplatz zum nächsten. Dunja Hayali aber gab nicht nach und brachte die Plaudertüte aus dem Bildungsministerium an den Rand eines Kollaps. Hier.

Vielleicht war die Nacht kurz gewesen, mag sein, dass sie durchgearbeitet hatte, jedenfalls endete der ministerielle Versuch, die "Handreichung" zu erklären, mit einem technischen K.O. zugunsten der ZDF-Moderatorin, die immer wieder nachlegte. Es war eine schmerzliche Erfahrung für die Ministerin, als würde sie barfuß über die Via Dolorosa gehen. So schlimm, dass sogar die Yucca-Palme im Hintergrund die Blätter hängen ließ.

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Leserpost

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Stephan Bujnoch / 10.02.2021

Dummerweise scheint Frau Karliczek nicht zu wissen, wie wahr der Spruch auf ihrem Täfelchen ist. “Wir werden einen Job machen, den die Welt noch nicht gesehen hat”. Ihresgleichen freuen sich schon darauf,- der bürgerliche Noch-denker bekommt einen riesen Schrecken vor dem, was von solchen intellektuellen Papiergewichten angezettelt, auf ihn zukommt!

Karl Heinz Zeill / 10.02.2021

Hauptsache die Quote stimmt….

Dr. Inge Frigge-Hagemann / 10.02.2021

Es wäre wahrscheinlich sinnvoller, Ministerposten an diejenigen zu vergeben, die über einschlägige Erfahrung in dem Bereich, den sie ministeriell vertreten sollen, verfügen. Bei dieser Dilettantenregierung wurde das wohl nicht für nötig gehalten, sodass Hotelfachfrauen, Banklehrlinge, Rechtsanwaltgehilfinnen , Call-Center Beschäftigte u.a.m. Minister geworden sind. Nichts gegen solche Berufe, der fehlende Bezug zum jeweiligen Ministerressort ist das Problem.

Robert Jankowski / 10.02.2021

Ich habe meinen Brechreiz überwunden und mir Frau Hayali angetan. Am gruseligsten ist, dass selbst diese Systemfunk-Frau der Ministerin zusetzt. Einfach nur gruselig, wie konzeptlos Frau Karliczek da herumschwafelt! Schwurbel Politik vom Feinsten!

Johannes Schuster / 10.02.2021

Herr Broder: Unterstellen sie dieses Personal einem Führer, dann sind es nicht banale Menschen, sondern solche, die hochgefährlich sind. Es braucht nur einen Befehl und ein klein wenig Glauben und, was heute lächerlich wirkt entfaltet Einsichten, auf deren Tiefe man bei der Güte eines guten Kaffees bei einem Blumenstrauß gerne verzichten möchte. Wir sprechen doch langsam über das angenehme der Farbe über einer Magmakammer, die wir verdrängen, oder ?

A.Pinkvos / 10.02.2021

” Wir werden einen Job machen den die Welt noch nicht gesehen hat “ - das erinnert schon stark an die Beschwörung von Wunderwaffen der frühen Jahre. Gebracht hat es damals nichts, für die Sache. Aber es gibt ja eine neue Sache (seit der wellenförmigen Machtergreifung). Da kann man wieder auf ein Neues mit Wundern aufwarten.

Peter Helling / 10.02.2021

Ich kann da nicht mehr drüber lachen. Ich versuche es, aber es geht nicht mehr.

Heiko Stadler / 10.02.2021

Das Schwurbeln dient dazu, Fehlentscheidungen und Unwissenheit so darzustllen, als handelte es sich um eine hochkomplexe Angelegenheit, die der vermeintlich dumme Zuhörer nicht begreift.

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