Henryk M. Broder / 30.11.2023 / 15:30 / Foto: Imago / 26 / Seite ausdrucken

Ernst Piper verlässt PEN Berlin

Der Historiker und Verleger Ernst Piper ist aus dem vor kurzem gegründeten PEN Berlin ausgetreten. Dazu bewogen haben ihn Susan Neiman, die Leiterin des Potsdamer Einstein Forums, und die Schriftstellerin Eva Menasse. „Die selbstherrliche Verachtung, mit der beide über Israel sprechen“, sei „schwer zu ertragen“. 

Heute bin ich aus dem PEN Berlin ausgetreten. Denis Yücel hat mich nach einer Begründung gefragt. Hier ist sie:

Sehr geehrter Herr Yücel,

ich habe mich mein Leben lang auf vielen Ebenen sehr für Israel eingesetzt. Als ich noch Verleger war (1982–1994) habe ich ein großes Programm mit israelischer Literatur verlegt, unter anderen A.B. Yehoshua und Jehuda Amichai, die beide, genau wie Amos Oz und Abraham Sutzkever, immer wieder auf der Shortlist für den Literaturnobelpreis standen, aber ihn natürlich nie bekommen haben, weil seit dem Sechstagekrieg kein einziger israelischer Autor mehr den Nobelpreis bekommen konnte. Der Hass gegen Israel war schon immer weit verbreitet. Ich habe als Verleger, Literaturagent, Herausgeber, Redakteur etwa 30 Bücher von Überlebenden der Shoah betreut. Als NS-Historiker habe ich 40 Jahre lang versucht, einen Beitrag dazu zu leisten, dass die Deutschen gut informiert sind über diese Zeit, und tue das seit Jahrzehnten auch ehrenamtlich als Vorstandsmitglied der Vereinigung Gegen Vergessen – Für Demokratie.

Heute habe ich den Eindruck, dass das Gesicht des PEN Berlin in starkem Maß von Susan Neiman und Eva Menasse geprägt wird. Die selbstherrliche Verachtung, mit der beide über Israel sprechen, fand ich schon immer schwer zu ertragen. Ich war letztes Jahr bei der Buchvorstellung von “Historikerstreit 2.0“, an dem beide mitgewirkt haben, und war erschüttert über das, was ich dort erlebt habe. Frau Neiman erklärte mit Stolz, sie wisse nicht, was der Unterschied zwischen Antisemitismus und Rassismus sei. (Jeder Student könnte ihr das erklären.) Im Buch gibt es einen Beitrag von ihr über den Historikerstreit, den ich 1986 herausgegeben habe. Ein größerer Blödsinn als dieser Beitrag ist über den Historikerstreit wohl nie geschrieben worden.

Seit dem 7. Oktober 2023 ist die Existenz Israels gefährdet wie noch nie, auch wenn die ahnungslose Eva Menasse das Gegenteil behauptet. In dieser Situation möchte ich einfach nicht länger demselben Verein angehören, auch wenn ich normalerweise mit unterschiedlichen Meinungen gut umgehen kann. Ich hoffe auf Ihr Verständnis.

Mit freundlichen Grüßen

Ernst Piper

Foto: Imago

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Peter Krämer / 30.11.2023

Chapeau!

Christian Müller / 30.11.2023

Endlich jemand mit Rückgrat! Bravo Herr Piper! Mögen Ihnen Viele folgen!

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Henryk M. Broder / 03.04.2024 / 12:00 / 120

Kein Freibrief von Haldenwang

Von „Verfassungshütern“ wie Thomas Haldenwang geht die größte Gefahr für Meinungsfreiheit und Demokratie in unserem Land aus. Wenn die Bundesrepublik eine intakte Demokratie wäre, dann…/ mehr

Henryk M. Broder / 12.03.2024 / 14:00 / 62

Christian Wulff: Liechtenstein? Nein, danke!

Unser beliebter Ex-Präsident Christian Wulff hat Angst, Deutschland könnte auf das Niveau von Liechtenstein sinken. Das kleine Fürstentum hat auf vielen Gebieten längst die Nase…/ mehr

Henryk M. Broder / 07.03.2024 / 16:00 / 19

Aserbaidschanische Kampagne verhindert Armenien-Debatte

Eine in Berlin geplante Buchpräsentation und Diskussion über bedrohtes armenisches Kulturgut konnte aus Sicherheitsgründen nur online stattfinden. Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. (DGAP)…/ mehr

Henryk M. Broder / 04.03.2024 / 14:00 / 23

Michael Blume: Vom Zupfgeigenhansl zum Ersten Geiger?

In der Dienstzeit des Antisemitismus-Beauftragten Michael Blume hat die Zahl antisemitischer Straftaten in Baden-Württemberg erfolgreich zugenommen. Aber der Mann hat andere Sorgen. Ende Dezember letzten…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 12:15 / 35

Eilmeldung! Herr Schulz ist aufgewacht!

Im Büro der Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann war nach einem Bericht von Achgut.com die Luft heute morgen offenbar besonders bleihaltig. Richtet man…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 06:00 / 125

Frau Strack-Zimmermann hat Cojones, ist aber not amused

Es spricht für Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ), dass sie mein Schaffen verfolgt. Deshalb hat sie noch eine Rechnung mit der Achse offen. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ) hat…/ mehr

Henryk M. Broder / 22.02.2024 / 10:00 / 80

No News aus Wolfsburg in der Tagesschau

In Wolfsburg stellt sich der VW-Chef auf die Bühne, um Weltoffenheit zu demonstrieren. Die Belegschaft hat derweil andere Sorgen. Die Tagesschau meldet, auch an diesem Wochenende hätten tausende…/ mehr

Henryk M. Broder / 18.02.2024 / 11:00 / 57

Eine Humorkanone namens Strack-Zimmermann

Ja, wenn einem deutschen Politiker oder einer deutschen Politikerin nichts einfällt, irgendwas mit Juden fällt ihm/ihr immer ein. Dass immer mehr Frauen in hohe politische…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com