Es war zu erwarten, daß zu diesem Artikel eine Menge Kommentare eingehen dürften, so ähnlich waren meine Gedanken, als ich heute morgen die Achse las. Nun inzwischen ist hierzu in den Kommentaren (und vom Autor selbst) wohl fast alles gesagt. Viel Richtiges, aber auch viel Blödsinn. Zwei Gedanken will ich nun auch noch äußern. Die Einschätzung des Grafen Stauffenberg durch den Autor sieht für mich doch sehr nach der zeitgeistigen Ignoranz historischer Gegebenheiten aus, wie sie bei den derzeitigen Denkmalumkippern deutlich zutage tritt. Stauffenberg und seine Verbündeten waren Widerstandskämpfer, sogar die mit den größten Erfolgsaussichten, und müssen nicht zu solchen “hochgejubelt” werden. Ob einem deren Ansichten nun heute passen oder nicht. Der Autor nennt das ja selbst eine Philippika und schlägt einen etwas provokanten Ton an. Es ist auch nicht falsch immer mal wieder darauf hinzuweisen, daß es sich bei Hitlers Krieg im Osten um einen Vernichtungskrieg gehandelt hat. Ein kleiner Teil der apologetischen Kommentare hier legen nahe, daß dieses Faktum sich noch nicht überall herumgesprochen hat. Eine andere Sache ist es allerdings mit einer gewissen Hybris von heute aus auf die Lebenswirklichkeit der Deutschen von damals herabzublicken. Kann der Autor wirklich sicher sein, was die Leute damals dachten? Was der Autor schreibt ist im Wesentlichen seine Meinung, seine Schlüsse, die er aus den Berichten der Vergangenheit ziehen zu müssen glaubt. Das ist natürlich völlig in Ordnung. Ich konnte mich allerdings nicht des Eindrucks erwehren, daß der Autor zu denen gehören zu scheint, die gerne ein “Tätervolk” konstruieren wollen. In seinen Stellungnamen zu den Kommentaren hat der Autor das dann überraschend bestätigt. Da ist es immerhin eine ganze “Tätergeneration”.
Herr Zeyer, wie zu lesen ist, sind Sie in Berlin, Hauptstadt der DDR, geboren. Dann werden Sie gewiss von Kindesbeinen auf wie ich auch die deutsche Schuld am 2. Weltkrieg und an den Judenmorden in Zahlen, Bildern, Texten, Filmen usw. veranschaulicht bekommen u. verinnerlicht haben. Darum wundert es mich nicht, dass mir Ihr Artikel in gewisser Weise bekannt vorkommt. Vielleicht brächte eine Recherche im Archiv des ND Ähnliches ans Licht. Mir stellt sich allerdings die Frage, was Sie heute zu der x-ten Wiederholung solch pauschaler Aussagen bewegt hat. Sie sind unhistorisch und zeugen von ungenügender Sachkenntnis. Vorhaltungen dieser Art nerven. „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.“ ist doch nicht etwa Ihr Ernst?
Angesichts des verlorenen Krieges, der eigenen Opfer, der Zerstörung des Landes und insbesondere der Offenbarung des Völkermordes an den Juden und an anderen Ethnien etablierte sich in der Bundesrepublik Deutschland zunächst ein behelfsmäßiges Narrativ, das ich nur verkürzt anreißen möchte. Die Schuldigen am Leid der Deutschen waren Hitler, Göring, Himmler und Heydrich (alle schon tot), die SS stellte die Täter, wir, das Volk, wussten nichts von Einsatzgruppen und Todesfabriken. Die Wehrmacht blieb sauber, ihre Soldaten waren selbst Opfer des Regimes und ansonsten die besten Soldaten der Welt. Damit ließ sich leben. Die Generalität verlegte ihre Memoiren mit dem stets gleichen Tenor: Ohne Hitlers aberwitziges Eingreifen hätten sie den Krieg auch im Osten erfolgreich zu Ende führen können (von Mansteins: „Verlorene Siege“), wem das zu schwer war, der las Bahnhofsheftchen, wie „Der Landser“. Der Autor feuert auf Schimären, die seit Jahrzehnten ihre Akzeptanz verloren haben. Das Geschichtsbild jener Epoche ist längst differenzierter, vor allem sachlicher geworden, ich kenne kein anderes Land, das auch nur ansatzweise bemüht war, eigenes Fehlverhalten und Schuld in die wissenschaftliche Untersuchung mit einzubeziehen. Mag sein, dass dies in Politik und Medien nicht oder nur zeitverzögert zur Kenntnis genommen wird. Und in der Sowjetunion? In seiner Geheimrede nach Stalins Tod thematisierte Chruschtschow u.a. den Opfergang der Rotarmisten, herbeigeführt durch Stalin und seiner blutsaufenden Generalität. Dabei blieb es, eine Institutionalisierung in der russischen Geschichtsschreibung unterblieb, bis heute. Vielleicht ein Grund, dass mir pompöse Siegesparaden wie die auf dem Roten Platz nicht liegen. Sagt ein Zeitgeschichtler i.R..
Also, Herr Zeyer, mit Ihrem zweiten Nachtrag zu den Kommentaren hauen Sie ja noch mal so richtig auf die Kacke. Der „Deutsche verzerrt sich zur Kenntlichkeit“ und so weiter. 2Teutonischen Furor tiefbrauner Untertanen“ in der Kommentarspalte. Massenhaft. Ja, mein Gott, wenn Sie sich als Kolumnist bei der taz, der Zeit oder dem Spiegel bewerben wollen, warum tun Sie das hier? Vielleicht auch als Ghostwriter bei das Hengameh Yogi Dingens (Stichwort: Müll)? Oder haben Sie heute einfach nur einen über den Durst getrunken?
Dem Genossen Stalin waren die Bürger der Sowjetunion auch ziemlich egal. Und wenn man als Sowjetsoldat dem Feind in die Hände fiel, war es besser, man kam in deutsche Gefangenschaft als zurück zur Roten Armee, wo man als Spion erschossen wurde.
Habe just erst die Leserbriefe und Ihre Nachträge gelesen, werter Herr Zeyer. Wenn ich das richtig verstand, machten Ihre Eltern den „roten Kasner“ und „migrierten“ wegen der gruseligen Nazireste von West nach Ost? Sie wissen aber schon, Herr Zeyer, daß der Osten genauso zu Nazideutschland gehörte, wie der von Ihrer Familie verlassene Westteil, mit dem Unterschied, daß sich die Ostnazis in SED-Schergen verwandelten und einen neuen Unrechtsstaat etablierten. Woher nehmen Sie die Arroganz den DDR-Staat über eine Demokratie zu stellen? Sie selbst sind mittlerweile ein vermögender Mann, der, mehr wie viele von uns Lesern, sich intensiv in die marktwirtschaftlich gewinnbringenden Regularien mit Erfolg einarbeitete. Das ist eher antisozialistisch. Glauben Sie nicht, daß Ihr Geschichtsbild nicht unerheblich aus Ihrer persönlichen Vita gespeist wird? Sie saßen selbst in einem Unrechtsstaat (und ich weiß wovon ich spreche), und deuten mit dem Finger auf die bösen, verkappten Nazis im Westen und stellen alle unter Generalverdacht. Schauen Sie welche Mitläuferqualitäten die Menschen bereits bei einer gefakten Virushysterie entwickeln. Sie sind zu intelligent, um diese gefühlsbetonte Geschichtsbetrachtung aufrecht zu erhalten. Meine Meinung. Sind Sie vor dem Mauerfall in die Schweiz ausgereist? Grüße aus der sonnigen Pfalz. Tim@Koppentraht, das liebe ich an Euch Grünen, die Intoleranz des Kritikers bemängeln, während man selbst zur Diffamierung ansetzt. Es gibt halt immer zweierlei Maß; eins für die Guten und eins für die Bösen und Sie bestimmen wer wo verortet wird.
Mir und ich denke das spreche ich einige “Revisionisten” (Ironie) hier, geht es um eine Geschichtsschreibung, die sich an ALLEN historischen Tatsachen orientiert und die eben nicht Meinung aka Propaganda als Wahrheit verkauft. Das ich mich als Deutscher frage, was ist eigentlich mit dem Gessler-Hut, den ich hier alltäglich zu grüßen habe, finde ich mehr als verständliich. Wieso soll jeder über mich als Deutschen alles abkübeln dürfen und ich darf nichts mal nachfragen. Besonders nerven dabei die “Das weiß doch jeder”-Beweise, die meist auf CIA und KGB-Quellen (altbekannte Hüter der reinen Wahrheit) zurückgehen. Über die Recherche-Fähigkeit der Zeyer-Anhänger, sagt es doch etwas aus, dass einige denken zu scheinen, Herr Zeyer sei Schweizer. Fake-News. Da sieht man schön wie über der Tatsache Zeyer lebt und arbeitet in Schweiz, eine Annahme zur Wahrheit wird. Herr Zeyer ist ein Deutscher.
Interessant, wie die Emotionen in dieser Angelegenheit noch heute unangebracht “hochfahren”! Nun kann man ja alles drehen und wenden wie man mag - am Ende war es ohne jeden Zweifel Deutschland, das als “Volk ohne Raum” den Krieg begann, den Hitler in “Mein Kampf” überdeutlich vorgezeichnet hatte. Da hilft es auch nichts, Ribbentropp-Molotow, die sowjetische Rüstung etc. anzuführen. Und wer wollte den unfasslichen Blutzoll, die unfasslichen Leiden und Zerstörungen leugnen, die Deutschland nun einmal angestellt hatte? Wer davor sein Haupt nicht in Demut beugen mag, hat in meinen Augen wenig verstanden und auch nicht viel mehr Anstand auf seinem Konto. Zu Polen: Der Hitler-Stalin-Pakt ist aus historischer Sicht der nachvollziehbare Wunsch der UDSSR gewesen, insbes. die aggressiven Gebietseroberungen Polens 1919 - 21 rückgängig zu machen und die völkerrechtlich begründete „Curzon-Linie“ wieder herzustellen. Dass dabei auch weitere völkerrechtswidrige Gebietsaufteilungen üblerweise vereinbart wurden, ist kennzeichnend für die Epoche, es ist die der Entstehung und Arrondierung der Nationalstaaten. In vielen anderen Staaten lief es nicht grundlegend anders, wie jeder wissen sollte. Und es kann doch wirklich nicht im Ernst ein Zweifel daran bestehen, dass die Mehrheit der deutschen Bevölkerung selbst in den letzten Kriegstagen und unter entsetzlichen Verlusten und Entbehrungen weiterhin nicht aufbegehrte und der Teil der Bevölkerung, der ein sich hi und da doch noch regendes Aufbegehren sofort denunzierte oder direkt dagegen brachial vorging, nicht unbeträchtlich war. Es war wohl Gordon A. Craig, der nach den Chequers-Protokollen die Idee eines deutschen Nationalcharakters ablehnte, und geschichtliche Linien, Institutionen, kulturelle Traditionen und Strukturen als prägend für das Verhalten der deutschen Bevölkerung ansah. Daran hat sich offenbar tragischerweise nicht viel geändert!
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