Thomas Rietzschel / 22.10.2018 / 06:20 / Foto: Pixabay / 51 / Seite ausdrucken

Saudi Arabien, der Islam und die praktizierte Barbarei

Dafür, dass der saudiarabische Journalist Jamal Khashoggi am 2. Oktober hingerichtet wurde, nachdem er das Konsulat seines Landes in Istanbul betreten hatte, als sei er in die Hände Draculas gefallen, gibt es bisher keine Beweise – keine, die der Öffentlichkeit vorliegen. Vermutlich werden wir nie erfahren, ob stimmt, was unterdessen durchsickerte, dass die saudischen Schergen ihr Opfer tatsächlich bei lebendigem Leib zerstückelten, bevor sie dem Geschändeten die Gnadenspritze gaben. Die Gerüchte sind längst ins Kraut geschossen.

Darauf, dass die Scheichs in Riad zunächst Stein und Bein schworen, Khashoggi habe ihre Vertretung unbeschadet verlassen, bevor sie einräumten, er sei bei einem „Faustkampf“ – fünfzehn gegen einen – unglücklicherweise ums Leben gekommen, nun aber nicht wissen wollten, wo die Leiche abgeblieben ist, auf all das mag sich jeder seinen eigenen Reim machen. Die Araber stehen seit jeher im Ruf begnadeter Märchenerzähler. Dank ihrer blühenden Phantasie sind sie schnell mit Geschichten bei der Hand, die anderen die Schuld in die Schuhe schieben. Wer darauf etwas gibt, macht sich zum Hehler.

Wenn die regierenden Prinzen jetzt behaupten, mit dem Vizegeheimdienstchef Ahmad al-Assiri und dem hochrangig angesiedelten Medienberater Saud al-Kahtani zwei Täter dingfest gemacht zu haben, die auf eigene Faust handelten, besagt das gar nichts – außer, dass es ihnen, weil sie sich ertappen ließen, demnächst ergehen könnte wie dem systemkritischen Journalisten, für dessen Ausschaltung ein Sonderkommando nach Istanbul in Marsch gesetzt wurde.

Eine Hinrichtung auf Raten

Wäre das wahrhaftig gegen den Willen der Herrscherfamilie geschehen, trüge sie sich ernsthaft mit der Absicht, einen neuen Kurs, den einer zivilisierten Gesellschaft, einzuschlagen, müsste sie umgehend den Blogger Raif Muhammad Badawi freilassen. Seit 2012 sitzt er im Gefängnis, wegen „Beleidigung des Islam“ zu zehn Jahren Haft und tausend Peitschenhieben verurteilt. Fünfzig davon hat er schon abbekommen. Mit der Verabreichung der restlichen 950 muss er täglich rechnen. Was ihm droht, ist eine Hinrichtung auf Raten durch eine qualvoll in die Länge gezogene Prügelstrafe.

Ein Einzelfall ist der seine so wenig wie der des eben ermordeten Jamel Khashoggi. Die Barbarei hat Methode. Die praktizierte Rachejustiz offenbart das hässliche Gesicht eines Islam, auf dessen ideologischem Fundament der saudiarabische Staat unverändert steht. Dass Haftbefehle und Todesurteile, die offiziellen sowie die heimlichen, inzwischen per Smartphone und PC übermittelt werden, ändert nichts an den archaischen Verhältnissen. Ihre religiös begründete Unmenschlichkeit ist schlichtweg unvereinbar mit den humanistischen Grundsätzen aufgeklärter Gesellschaften.

Wer gleichwohl behauptet, der Islam „gehöre“ zu Deutschland, weiß nicht, wovon er redet. Zwar gebietet die Trennung von Kirche und Staat, jedem das Recht freier Glaubensausübung im privaten Bereich zuzugestehen. Nur gehört der Islam deshalb noch lange nicht zu unserem Land.

Und was macht Frau Merkel?

Denn wäre es so, dann müssten die politischen und strafrechtlichen Gebote dieser Religion auch bei der Gestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse berücksichtigt werden. Wir fielen um Jahrhundert zurück, in Zeiten, da religiöse Ideologien das Handeln des Staates bestimmten. Was das nach sich ziehen würde, hat das Schicksal des Journalisten Jamel Kashoggi eben schrecklich gezeigt.

Seine Ermordung war ein gleichsam religiös gebotenes Verbrechen, ebenso wie die Prügelstrafe, bei deren Vollstreckung Raif Muhammad Badawi der Tod droht. Mit staatlicher Duldung hat sich solcher Folter in Europa zuletzt die „heilige Inquisition“ schuldig gemacht, lange bevor uns die Aufklärung von diesem Wahn erlöste.

PS: Es ist damit zu rechnen, dass beim gestern gestarteten Wirtschaftsgipfel in Riad zahlreiche Manager aus den Chefetagen der deutschen Wirtschaft mit am Tisch sitzen werden. Immerhin ist Saudi-Arabien nach Algerien der zweitgrößte Abnehmer deutscher Rüstungsgüter. Auf über 400 Millionen soll sich das Geschäft bis zum Jahresende belaufen. Ob auch Lederpeitschen zu den gelieferten Waffen gehören, ist nicht bekannt.

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Leserpost

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Petra Wilhelmi / 22.10.2018

Das hässliche Gesicht des Islam interessiert Gutmenschen schlichtweg nicht. Sie betteln in Aufmärschen darum, dass alle lieb zu Muslimen sind. Also: wir zu den Muslimen, andersherum wird das nie gefordert. Sie fordern somit in ihren Aufmärschen letztendlich die Islamisierung Deutschlands, denn die wird am Ende von allem stehen, wenn deutsche Linke, Grüne und Gutmenschen sowie die vielen, vielen jungen Leute nicht rechtzeitig zur Besinnung kommen. Daran glaube ich aber nicht. Wenn schon ein grünlinker Bruder seine ermordete Schwester auf dem Altar der Ideologie opfert, wird es schwer werden, diese faschistische Ideologie aus Deutschland zu verbannen.

St. Müffler / 22.10.2018

Sehr geehrter Herr Rietzschel, man kann nicht immer über alles informiert sein und manches Wissen, das man vor sich vor Jahren angeeignet hat, ist längst als Geschichtsfälschung enttarnt. Dazu gehören auch gängige Vorstellungen über die Inquisition. Diese, von der protestantischen Geschichtsschreibung des 19. Jh.s geprägten Bilder, haben mit den mittlerweile zutage geförderten Erkenntnissen rein gar nichts zu tun. Wenn Sie eine humorvolle Kurzdarstellung bevorzugen, empfehle ich Ihnen von Hans Conrad Zander: Kurzgefaßte Verteidigung der Heiligen Inquisition. Vielleicht werden Sie gewisse Gedankenverbindungen nicht mehr knüpfen wollen ... [Daneben (in aller Ausführlichkeit) von Arnold Angenendt: Toleranz und Gewalt.] Herzliche Grüße!

Wolfgang Lang / 22.10.2018

Ich warte schon länger, aufgrund der guten Rüstungsgeschäfte mit dem Land, dass einer unserer Groß-Politiker und Groß-Politikerinnen hinausposaunt: “Saudi-Arabien gehört zu Deutschland!“ In diesen irren Zeiten ist alles möglich. Vor allem bei unseren durchgedrehten Politik-Darstellern.

Gabriel Siegwart / 22.10.2018

Kashoggi war Mitglied der Muslimbruderschaft. Ein Verehrer von Bin Laden. Befreundet mit Assam Tamimi, der in London einen islamischen Propagandasender betreibt, in dem palästinensische Selbstmordattentäter gefeiert und die Hamas gelobt werden. Mohammed bin Salman ließ einen Mann ausschalten, der mit den Muslimbrüdern gegen das Königshaus agitierte. Also ein Machtkampf. In den letzten 15 Jahren wurden in Russland 246 Journalisten umgebracht. Empörung? Maßnahmen? Die Empörung über Saudi Arabien ist berechtigt, aber heuchlerisch. Wo ist die Empörung über die vielen inhaftierten Journalisten in der Türkei?

Martin Stumpp / 22.10.2018

Es kann wie Martin Landvoigt schreibt tatsächlich nicht darum gehen Geschäftspartner nach der Moral auszusuchen. Unterstützung bei Folter und Mord, z.B. durch Lieferung des erforderlichen Equipments kann es aber auch nicht sein. Nur Frau Merkel interessiert Folter und Mord so er im Namen des Islam geschieht nicht. Auch gelten für Muslime in Deutschland bereits andere Gesetze als für Nicht Muslime. Erstere dürfen Kinder unter 14 Jahren straffrei vergewaltigen, so sie behaupten mit ihnen verheiratet zu sein. Sie dürfen Kindern im Namen der Religion schwerste Körperverletzung zufügen, wofür extra das Gesetz geändert wurde. Muslime dürfen Tiere quälen und von länger hier lebenden verlangen auf ihre religiösen Bedürfnisse (Stichwort Ramadan) Rücksicht zu nehmen. Nein der Islam gehört zwischenzeitlich zweifellos zu Deutschland, eingeführt von gewissenlosen Politikern gegen den Willen der Mehrheit der Deutschen Bevölkerung. Die Werte der Aufklärung und Demokratie haben alle bisher in Regierungsverantwortung stehenden Parteien bereits verraten. Die Frage die sich somit stellt ist nicht ob, sondern wann der Islam zur Staatsreligion in Deutschland und Europa erklärt wird. Auch wenn das sicher noch mehr als 20 Jahre dauern wird.

Okko tom Brok / 22.10.2018

Nicht Frieden und Freiheit, sondern Krieg und Tyrannei sind offensichtlich die „Normalzustände“ dieser Welt. Wir durften einige Jahrzehnte einen beglückenden politischen „Ausnahmezustand“ genießen, bevor wir von einer dummen alten Frau und ihren Millionen naiven Jüngern in die Normalität zurückgeschickt wurden. Danke für nichts.

Anders Dairie / 22.10.2018

Der alte wie der neue König aus der Herrscherfamilie der SAUD haben ihre Mißliebigen aller Richtungen, auch im Ausland, verfolgen, kidnappen und sicher auch töten lassen.  Die neue Aufregung ist ein Spektakel. Einige Prinzen aus diesem Haus leben deswegen hier und sind sogar Deutsche.  Weil das so war und ist, ver-stehe ich die ganze Aufregung nicht.  Ist es wegen den Bildern , das die Medien von dieser einen Bluttat in der Köpfen erzeugen?  Gestern sind 14 Afghanen gestorben, weil sie am Wählen gehindert werden sollten.  Sie waren zur falschen Zeit unterwegs.  Es dürfte Lüge sein, dass irgendein Politiker von Rang die Nähe zur Familie SAUD meidet, wegen dem Vorfall Kashoggi.  Sie werden Beamte aus dem 2. Glied schicken und das Fehlen der Leader vorher diplomatisch begründen.  Mit jeder zu erwartenden Million sinkt die Schamgrenze.  Bei SIEMENS dürfte sie in Höhe des letzten Auftrags weggefallen sein.

Günter Hermann / 22.10.2018

Alles richtig beobachtet und analysiert, aber eins fehlt mir: US-Präsident Trump ist doch einer der eifrigsten Verteidiger, oder? Seine wirtschaftlichen Interessen und die seiner Klientel stehen weit über dem Gebot der Humanität.

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