Mir wird derzeit vorgeworfen, ich hätte mich über den Nationalsozialismus lustig gemacht. „How dare you!“ würde Greta sagen. Es tut mir wahnsinnig leid und ich bitte um Vergebung, dass ich nicht der Jude bin, den sich manche Deutsche wünschen.
Da ich weder auf Facebook noch auf Twitter „unterwegs“ bin – ich habe auch kein Dixi-Klo in meiner Wohnung – und weil ich gerade Ferien am Strand von Eyrarbakki mache, habe ich erst mit zwei Tagen Verspätung von dem Shitstorm erfahren, der sich soeben über mich entladen hat. Dazu gibt es nichts zu sagen, außer: Ich arbeite seit vielen Jahren, eigentlich schon Jahrzehnten, daran, mich unbeliebt zu machen. Was vor 42 Jahren mit einem lustigen Text in der ZEIT begann, macht sich inzwischen reichlich bezahlt. Claudia Roth, die charmante und charismatische Staatssekretärin für Kultur und Medien, hat diesen Prozess in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen klug zusammengefasst. Broders „Geschäftsmodell beruht auf Hetze und Falschbehauptungen“. Das war die Retourkutsche dafür, dass ich sie einmal als einen „Doppelzentner fleischgewordene Dummheit, nah am Wasser gebaut und voller Mitgefühl mit sich selbst“ bezeichnet habe.
Aber das ist mittlerweile Geschichte. Außerdem wurde Frau Roth vor Kurzem von „50 jüdischen Prominenten“ rehabilitiert, und das ist die letzte Stufe vor der Seligsprechung durch den Papst oder die Konferenz der Länderkulturminister.
Zurück in die Gegenwart. Ich finde es sehr lustig, wenn die Nachkommen von Angehörigen der Waffen-SS, der SA, der Sonderkommandos und der „Kraft-durch-Freude“-Armee einen Juden belehren, was der Nationalsozialismus war, wie nachhaltig er die deutschen Menschen aller Identitäten und Geschlechter traumatisiert hat und wie sehr sie noch immer darunter leiden, was in den NS-Jahren von 33 bis 45 passiert ist. Dabei haben die Juden den Deutschen den Holocaust längst verziehen, andersrum freilich gilt noch immer der Satz: „Die Deutschen werden den Juden den Holocaust nie verzeihen.“
Mir wird derzeit vorgeworfen, ich hätte mich über den Nationalsozialismus lustig gemacht. „How dare you!“ würde Greta sagen. Ein im WDR angestellter Karnevalist schreibt: „Broder hat das Recht über den NS Witze zu reißen verwirkt, als er begann, das Andenken nicht nur seiner Familie wie Dreck zu behandeln.“ Und nennt mich einen „kleinen Kapo“. Nun, den Kapo lass ich mal gelten, verbitte mir aber den Zusatz „kleiner“.
Haben die Juden den Panzerbau finanziert?
Ich würde gerne wissen, wer es war, der diese Knalltüte autorisiert hat, darüber zu entscheiden, wer wann und weshalb ein Recht „verwirkt“ hat. War es der Intendant des Hohen Hauses, der Rundfunkrat oder gar die Staatsministerin für Kultur und Medien?
Natürlich mache ich mich über den Nationalsozialismus lustig, was sonst? Ich befinde mich damit in bester Gesellschaft, in einem Raum mit Ernst Lubitsch, Mel Brooks, Charly Chaplin, Woody Allen, Roberto Benigni, Radu Mihaileanu. Die sitzen am großen Tisch, und ich schaue ihnen respektvoll von einem Stehplatz zu. Sie denken, ich bin größenwahnsinnig? Stimmt. Aber das finde ich immer noch besser, als sich jeden Tag in der WDR-Kantine die Kante zu geben.
Ein Wort noch zu einem anderen Kameraden, der mich vor kurzem einen „Faschisten“ genannt hat. Es ist ein Bio-Mann, der sich für „die schönste Frau der Welt“ hält. Dermaßen als Experte für parapsychologische Phänomene ausgewiesen, ruft er mir zu: „Nichts, absolut nichts war gut am Nationalsozialismus. Die Arbeitslosen kamen von der Straße, weil sie Panzer bauen mussten. Das Geld dafür stammte unter anderem aus der ‚Arisierung jüdischer Unternehmen‘.“
Echt jetzt? Wieso hat mir das bisher niemand gesagt? Könnte man diesen Satz nicht auch dahingehend deuten, die Juden hätten den Panzerbau finanziert? Irgendwie hört er sich so an.
Also, meine lieben proto- und krypto-deutschen Freunde: Es tut mit wahnsinnig leid und ich bitte euch alle um Vergebung, dass ich euch dermaßen enttäuscht habe, dass ich nicht der Jude bin, der euch von eurem schlechten Gewissen, das eh nur ein eingebildetes ist, befreit, euch die Absolution erteilt und darum bittet, darauf zu achten, dass Israel nicht die Fehler wiederholt, die eure Großeltern begangen haben. Es gibt doch solche Juden in Hülle und Fülle, die Barenboims, Levits, Mendels, Disches, Brumliks, Naumanns, Neimans & Co. Das sind die Guten, die helfen euch gern, auf die könnt ihr euch verlassen.