Thomas Rietzschel / 05.04.2020 / 13:00 / 18 / Seite ausdrucken

Auf die Taschen!

Im moralischen Einvernehmen mir Frank-Walter Steinmeier wollte sich die hessische Landtagsfraktion der Linken in der vergangenen Woche von ihrer besten Seite zeigen. Noch bevor unser Bundesprediger, Pardon, der Bundespräsident, seine Deutschen ermahnte, „zeigen wir einander doch das Beste in uns – zeigen wir Mitmenschlichkeit, zeigen wir Solidarität“, brachten die Genossen den Rest der Abgeordneten mitmenschlich in Verlegenheit. 

Da viele in der Corona-Krise gezwungen wären, mit dem Kurzarbeitergeld, „sechzig Prozent des letzten Nettoverdienstes“, auszukommen, forderten die Genossen, sollten jetzt auch die Mitglieder des Hohen Hauses auf die „automatische Diätenerhöhung“ verzichten. Das Risiko, demnächst selbst weniger als erwartet zu erhalten, hielt sich freilich in Grenzen. Damit, dass die anderen Parteien auf den Vorschlag eingehen würden, war nicht ernsthaft zu rechnen. Absehbar hingegen ihre Beschämung.  

Wie erhofft folgte sie der Herausforderung auf dem Fuß. Stante pede verwahrten sich CDU und Grüne dagegen. Die Linke, hieß es, sei auf dem Holzweg, da es gar keine „automatische Diätenerhöhung“ gäbe. Vielmehr würden die Bezüge Jahr um Jahr an „die Reallöhne und Netto-Verdienste“ der Arbeitnehmer angepasst. Da wundert sich der Laie, indes sich der Fachmann fragt: Dümmer gehts wohl nimmer?

Denn erstens handelt sich bei dem Procedere einer jährlichen Anpassung, gleich in welcher Höhe, selbstverständlich um einen Automatismus. Und zweitens muss die Orientierung am Einkommen der Arbeitnehmer nicht immer zu einer Erhöhung der Diäten führen. Dieser Seifensieder jedoch scheint weder der CDU noch den Grünen bisher aufgegangen zu sein. Umso gespannter darf man sein, wie die Parlamentarier im nächsten Jahr ihren Schnitt machen wollen, wenn die Reallöhne sinken, zwangsläufig infolge der der wirtschaftlichen Talfahrt während und nach der Pandemie. 

Mit welchen Rechenkünsten werden sie uns überraschen? Welches wird die „beste Seite“ sein, von der sich die Linke dann zeigt? Unsererseits jedenfalls werden wir die Entwicklung im Auge behalten. Übers Jahr bei Philippi sehen wir uns wieder. Versprochen!

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Erik Mekel / 05.04.2020

Was für Heuchler!Die AFD hat bisher gegen jede Erhöhung gestimmt-wo war DIE LINKE damals?

Ernst Dinkel / 05.04.2020

Herr Rietzschel, jeder (auch Sie!) muss einsehen, dass jede Verringerung des monetären Anreizes zur Aufnahme einer politischen Tätigkeit indiskutabel ist. Das hätte nur eine weitere Absenkung des Niveaus in unseren Parlamenten zur Folge; wer will denn dann noch? Obwohl, vielleicht täten sich da ganz neue Modelle auf um die Arbeitslosenstatistik zu verbessern. Win-Win-Situation ?

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