Henryk M. Broder / 19.06.2020 / 06:11 / Foto: Pixabay / 133 / Seite ausdrucken

Auch als Rassisten sind wir die besten!

Ein Gespenst geht um in Deutschland, das Gespenst des Rassismus. Wie schon bei der Energiewende, der Klimawende und der Verkehrswende wollen die Deutschen auch diesmal ganz vorne mit dabei sein.

Nicht nur in den USA gebe es Rassismus, so kann man es derzeit überall lesen und hören, auch in Deutschland, und der sei genauso schlimm wie in den USA, wenn nicht schlimmer, weil subtiler. Auch die Polizei und die Bundeswehr seien rassistisch verseucht, behaupten die Co-Vorsitzende der SPD und die Wehrbeauftragte des Bundestages, derweil Tausende gegen den „Alltagsrassismus“ demonstrieren und „I can’t breathe!“ rufen, die letzten Worte von George Floyd. 

Geradezu exemplarisch: die Stellungnahme einer „Influencerin“, die immer dachte, sie wäre „das am wenigsten rassistische Mädchen der Stadt“ und sich nun fragt: „Trage ich womöglich auch, also ich selber, ich ganz persönlich, Mitschuld?“ an dem, was am 25. Mai in Minneapolis passiert ist, habe sie „je genug getan, um solche nicht zu ertragenden Ungerechtigkeiten zu verhindern?“

Denn: „Man muss nicht den Abzug drücken, um Verantwortung zu tragen.“ Wie viel „Rassismus“ in ihr schlummert, sei ihr erst bewusst geworden, als sie spät nachts „im schummrigen Licht einer Straßenlaterne“ an einer „Gruppe dunkelhäutiger Jungs“ vorbeiging und sich „plötzlich unwohl“ fühlte, obwohl die Jungs eigentlich „nett“ aussahen, wie „Möchtegern-Hip-Hopper, die eine Boygroup gründen wollen“.

Nicht minder vorbildlich: Die Übergangsvorsitzende der CDU und Bundesministerin für Verteidigung, Annegret Kramp-Karrenbauer. „Wir müssen uns eingestehen“, gab sie neulich zu Protokoll, „dass es auch in Deutschland Alltagsrassismus gibt“. Und der beginne „oft schon mit einer überheblichen Haltung“, indem „wir“ davon ausgehen, „dass wir Dinge besser können als andere auf der Welt“.

Ja, so betrachtet sind „wir“, AKK und ihre Partei eingeschlossen, Bilderbuchrassisten, haben „wir“ uns doch in den vergangenen Wochen jeden Tag aufs Neue darüber gefreut, dass „wir“ mit der Corona-Pandemie viel besser fertig werden als alle anderen Nationen auf der Welt.

Tucholsky hatte recht: „Nie geraten die Deutschen so außer sich, wie wenn sie zu sich kommen wollen.“ Derzeit drehen sie wieder einmal hohl.

Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche

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Leserpost

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Hans-Jacob Heidenreich / 19.06.2020

Ein brillanter Kommentar -  kurz, knapp, knackig und meilenweit entfernt von den drei verzweifelten “FDP”-Artikeln dieser Woche in denen mit zehnmal so vielen Worten vergleichsweise nicht einmal ein Hundertstel an Inhalt befördert wurde! Man merkt, wo die eigentlichen Qualitäten der Achse liegen. Danke, Herr Broder!

Thomas Klementa / 19.06.2020

Lieber hmb, Sie haben mich morgens schon herzlich zum Lachen gebracht: allein die Überschrift ... Dabei führt der deutsche Wahn ständig vor lauter Kopfschütteln zu einem veritablen Schleudertrauma.

Anton Weigl / 19.06.2020

Na sowas. Der Alltagsrassismus beginnt in Deutschland bereits damit,weil wir uns einbilden alles besser zu können als der Rest der Welt. Noch vor kurzer Zeit war doch ausgerechnet von den Verantwortlichen in Deutschland zu hören, daß wir am besten das Klima mit unseren Klimaschutzprogramm retten können. Und jetzt ist das Alltagsrassismus ?

G. Kramler / 19.06.2020

Seht her! Ich mit moralisch besser als alle anderen! Hier! Ich! Ich! Ich! Seht doch, ich bin so schuld! Seht mich! Schuld! Sühne! Hier!

A. Mack / 19.06.2020

Sie meinen Frau von den Bedenken? Die Ausführungen über Prekariat Fernsehen und Tipps für Jungmodels sind vielleicht eher ihr Metier und Nivea.

M. Mahler / 19.06.2020

Wer wagt es Merkels Rassismus zu kritisieren der in “Wer wenn nicht wir?” zum Ausdruck kam.

beat schaller / 19.06.2020

Lieber Herr Broder, das was Sie hier schreiben ist zwar sehr treffend, aber es ist wirklich böse! Auch wenn es so stimmt, dann sagt man das einfach nicht so. Meine Frage an sie: Könnte man das eventuell ein wenig schminken? Denken Sie doch nochmal darüber nach und auch über die Aussagen von AKK, die muss es ja wissen, die sitzt ja in der Regierung und die haben ja immer Recht.  Sie sind wirklich kein Diplomat….und das ist sehr gut so, dann versteht man Sie auch immer. b.schaller

Dieter Kief / 19.06.2020

Tucholsky hatte unrecht, wie ich finde, weil das, was sich da antirassistisch gibt, nicht “die Deutschen” sind. Sie hätten es im Hauptstrom gerne so, aber es stimmt nicht. Bitte bedenken: Wenn man die Leute (in Deutschland auch!) fragt: Bist du weiß, gelb, schwarz usw. (Jude), sagen sie zu 99+ Prozent die Rasse, die sie - nach biologischen Merkmalen betrachtet, tatsächlich sind. Ich gebe zu, dass diese befunde (!) im Medienhauptstrom nicht vorkommen. Aber auch das ist - leider (!) keine deutsche spezialität, sondern ein Teil der postmodernen Groß-Denkverirrung (cf. Petersons Kritik an der Postmoderne- gucken Sie’s, wenn Sie mögen, Henryk M. Broder, mal nach bei Jordan Peterson - hier auf Achgut, Gott sei Dank! - - - PS - Es gibt bei Steve Sailer, einem Mann, der seit Jahrzehnten zu diesem Thema bloggt - und zwar auf sehr hohem Niveau und (!) korrekt - einen Vorschlag, er sagt Rassen sind biologisch betrachtet: Großverwandtschaftsgruppen. Also: Wen das Wort Rasse stört: Der könnte auch so reden: Von Großverwandtschaftsgruppen. Die Deutschen zählen da übrigens zu den Kaukasiern.

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