Der Deutsche Journalisten-Verband, vertreten durch seinen Vorsitzenden Frank Überall, hat den amerikanischen Präsidenten Donald Trump aufgefordert, "sofort seine Medienhetze zu beenden". Überall sagte: „Heute knüpft er sich CNN vor, morgen vielleicht die USA-Korrespondenten von ARD und ZDF.“ Man kann ja nicht wissen, wozu so ein Mann fähig ist, und deswegen muss der Deutsche Journalisten-Verband einschreiten, bevor es zu spät ist. Es sei nicht hinnehmbar, heisst es in einer Mitteilung des DJV vom 3. Juli, "dass ausgerechnet das Staatsoberhaupt der USA das in der amerikanischen Verfassung festgeschriebene Grundrecht der Pressefreiheit mit Füßen trete".
So weit, so gut. Schließlich ist es eine unserer nationalen Aufgaben, aufzupassen, dass die Amis sich an ihre Gesetze halten, derweil unser Justizminister ein Gesetz durchpeitscht, das seinesgleichen in der Welt sucht. Und was sagt der DJV zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz von Heiko Maas? Nun, der Verband ist nicht begeistert, verhält sich aber staatstragend verhalten. Ende März legte der DJV eine "Stellungnahme... zum Referenten-Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in Sozialen Netzwerken" vor, in dem er Vorschläge machte, wie das Gesetz verbessert werden könnte. Die Kritik an dem Gesetz war nicht gundsätzlich, sondern punktuell. Es sei, nach Auffassung des DJV, "in erster Linie ein Gesetz zum Schutz von Verbrauchern vor strafbaren oder unwahren Äußerungen im Netz".
Am 1. Juni, einen Monat bevor der Bundestag das Netzwerkdurchsetzungsgesetz beschloss, meldete der DJV, Justizminister Heiko Maas stehe "wegen seiner Vorlage zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) nun seit gut zwei Monaten unter Beschuss". Und: "Die Bundesregierung täte sich selbst einen Gefallen, wenn sie das NetzDG nicht vor der Bundestagswahl durchpeitschen würde." Immerhin.
Kurz zuvor, am 19. Mai, gab der Vositzende des DJV, Frank Überall, dem SWR ein Interview, in dem er u.a. sagte: "Wir wollen keinen Sheriff, der privat irgendwo in den sozialen Netzwerken rumwütet, sondern wir wollen ernsthafte Menschen, die auch wirklich abwägen können." Denn: "Politische Meinungen sind keine Brüste." Der DJV lehne das Gesetz nicht grundsätzlich ab, es müsse nur präzisiert werden.
Und was passierte, nachdem der Bundestag, entgegen dem Rat des DJV, das Gesetz in der letzten Sitzung der laufenden Legislaturperiode doch verabschiedet hatte? Der DJV forderte "Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf, das am heutigen Freitag vom Bundestag verabschiedete Netzwerkdurchsetzungsgesetz nicht zu unterschreiben". Die vorgenommenen Änderungen am Entwurf des Gesetzes "beseitigen nicht die vom DJV kritisierten Ungenauigkeiten und reichen nicht aus, um die Meinungsfreiheit wirksam zu schützen".
Das wars! Heiko Maas hatte die Ratschläge des DJV in den Wind geschlagen. Kein Wort darüber, das Gesetz sei möglicherweise ein Anschlag auf die Demokratie, und auch keine Spekulationen, Maas knöpfe sich heute Facebook vor und morgen vielleicht schon SPON und WON. Maßvoller und zurückhaltender konnte eine Kritik kaum sein. So maßvoll und so zurückhaltend hatten Angehörige der Kreisleitungen der SED die Entscheidungen des ZK kritisiert. Als nicht ausreichend, um die Fünf-Jahres-Pläne zu erfüllen den Sozialismus vor dem Klassenfeind zu schützen. Konstruktive Kritik vom Besten.
Die DJV-Stellungnahme zu Trumps "Medienhetze" hat im Weißen Haus Panik ausgelöst. Das letzte Mal war so etwas im Rahmen der Operation Paukenschlag im Jahre 1942 passiert, als drei deutsche U-Boote vor der amerikanischen Ost-Küste aufkreuzten.