Zerschlagt Facebook!

Das Oligopol von Facebook, YouTube & Co. macht die Nutzer der sozialen Netzwerke machtlos. Sie sind der Willkür des Algorithmus ausgesetzt. Die vermachteten Strukturen gehören zerschlagen.

Am 4. Oktober gingen zwar noch nicht die Lichter aus, aber die sozialen Netzwerke des Facebook-Konzerns gleichzeitig in die Knie. Angeblich 3,5 Milliarden User sollen davon betroffen gewesen sein, dass bei Instagram, Facebook und WhatsApp für rund sieben Stunden nichts mehr funktionierte. Marc Zuckerberg kostete das an Börsenwert rund zwei Dollar je User. Er wurde um ca. sieben Milliarden Dollar ärmer. Jetzt ist er nur noch der fünftreichste Mann der Welt, auch wenn der Reichtum nur auf dem Börsenkurs fußt.

Die Panne macht deutlich, wie abhängig wir vom Silicon Valley sind. Die Netzwerke abzuschalten, war bestimmt keine Absicht, aber menschliches Versagen. So wurde die Störanfälligkeit eines Gesamtsystems deutlich, wenn es nur von wenigen Unternehmen kontrolliert wird. Je größer das Konglomerat, desto gefährlicher wird jeder Fehler.

Dabei war das Internet am Anfang ganz anders gedacht. Im Gegensatz zu den konventionellen Telefonsystemen sollte es sich um ein dezentrales Netz mit vielen Knoten handeln, mit dem nicht durch einen sowjetischen Atomschlag auf eine Zentrale die gesamte Kommunikation zerstört werden könnte. Die Verlagerung der drei sozialen Netzwerke ohne Redundanz auf einen „Knoten“ mag zwar betriebswirtschaftlich sinnvoll sein. Sie birgt aber die Gefahr des Totalausfalls. 

In den USA gerät der Konzern aufgrund der Aussagen einer früheren Mitarbeiterin just am selben Tag in die Schlagzeilen, weil sie der Facebook-Tochter Instagram vorwirft, auf dem Rücken der jungen Nutzerinnen Geschäfte zu machen. Auch die Willkür, mit der der Konzern den Algorithmus ändert und durch „Community Standards“ die Meinungsfreiheit einschränkt, würden an Brisanz verlieren, wenn er keine marktbeherrschende Stellung hätte. Achgut-Leser wissen darüber hinaus dank Joachim Steinhöfel, dass Sperren und Löschungen, die auf der Basis der „Community-Regeln“ ausgesprochen werden, nahezu immer gegen die Meinungsfreiheit verstoßen.

Aus dem Netz wurde ein Angebots-Oligopol

Je weniger Marktteilnehmer es gibt, desto weniger intensiv ist der Wettbewerb zwischen ihnen. Auch wenn das Konstrukt der „vollständigen Konkurrenz“ ein Hirngespinst ist: Wenn viele Anbieter vielen Nachfragern gegenüberstehen, sind die Leistungen hoch und die Preise niedrig. Stehen auf der einen Seite (Angebot oder Nachfrage) wenige Marktteilnehmer und auf der anderen Seite viele, nennt man das ein Oligopol. Wenn es nur einer ist, dann ist es ein Monopol. Je geringer die Anzahl der Wettbewerbsteilnehmer auf einer Seite, desto größer ist ihre Marktmacht und desto geringer die Intensität.

Die sozialen Netzwerke haben ein Angebotsmonopol. Wer privat oder geschäftlich viele Menschen erreichen will, kommt um die sozialen Netzwerke nicht herum und muss die Bedingungen des Oligopolisten erfüllen. Er hat keine Alternative zu den sozialen Netzwerken, ihrem Algorithmus und ihren „Community Standards“. 

Je stärker die marktbeherrschende Stellung, desto stärker sind die Folgen des menschlichen Versagens oder des technischen Defekts. Und die treffen gegebenenfalls ganze Volkswirtschaften weit jenseits der Kursverluste des Mark Zuckerberg an der Wallstreet. Die Vernetzung der Oligopole kann zu einem Flächenbrand führen, der auch Menschenleben kostet. Über Facebook und WhatsApp werden in weiten Teilen dieser Welt auch Zahlungen über die sozialen Netzwerke abgewickelt. Und mancher Enkel kommuniziert mit dem bettlägerigen Großvater über ein soziales Netzwerk. Und der ist dann ohne Außenkontakt.

Die Idee der modernen Wettbewerbspolitik geht auf den intellektuellen Vater der sozialen Marktwirtschaft, Walter Eucken zurück. Er verstarb auf einer Vortragsreise, zu der ihn Friedrich August von Hayek nach London eingeladen hatte, bereits 1950 und geriet darüber weitgehend in Vergessenheit. Vor dem Zweiten Weltkrieg gehörten Monopole und Kartelle zum guten Ton. Eucken prägte dafür den Begriff der Vermachtung.

Heute hängen wir nicht mehr von großen Industriekonglomeraten und Stahlkonzernen ab, sondern vom Takt der Innovationen des Silicon Valley, dem der Rest der Welt nichts entgegenzusetzen hat. Die sind jedoch meist nicht technologischer Natur, sondern Marketing-Konzepte. Im besten Fall unterscheiden sich die jeweiligen Algorithmen ein wenig.

Das Oligopol bereitet der Vermachtung Vorschub und macht uns als Nutzer der sozialen Netzwerke machtlos. Wir sind der Willkür des Algorithmus ausgesetzt, der bestimmt, auf wessen Timeline welche Informationen in welcher Reihenfolge gespült werden und welche ebenfalls durch einen Algorithmus benachteiligt oder gelöscht werden. Genauso wie die ausgesprochenen Sperren der Gesetzmäßigkeit der Willkür folgen.

Die Selbsterfüllende Prophezeiung der Algorithmen

Was wir auf dem Display sehen, bestimmt meist der Algorithmus. Und der wird bestimmt von dem Programmierer, der vermutet, was wir erwarten. Das ist der Konstruktivismus von Paul Watzlawick in Reinform: Wir erkennen nicht nur das, was wir erwarten (Die Welt als Wille und Vorstellung – Arthur Schopenhauer), sondern uns wird nur noch das zugestellt, von dem der Algorithmus vermutet, dass es uns interessiert. Zur eigenen mangelnden Sehstärke kommen so digitale Scheuklappen. Das macht das Öffnen der Timeline zur „Self fulfilling prophecy.“ Weil wir uns nicht darüber klar sind, nicht gelernt haben, damit umzugehen, verzerrt es unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit.

Je mehr Netzwerke und Suchmaschinen, also Algorithmen, wir nutzen und je unterschiedlicher diese sind, desto vielfältiger wird unsere Sicht auf die Welt. Diese Algorithmen werden natürlich durch Werbung durchbrochen. Je mehr der Kunde zahlt, desto mehr Nutzer sehen seine Botschaft an prominenter Stelle. Über die Wirksamkeit dieser Veränderung sei hier nichts vermutet. Je gleichförmiger die Algorithmen, desto eintöniger die von den sozialen Netzwerken ausgespuckten Resultate. Wenn aber die wesentlichen sechs Algorithmen von drei Unternehmen programmiert werden, besteht die Gefahr einer verzerrten Wahrnehmung.

Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, das durch das Grundgesetz geschützt ist. Ihre Einschränkung obliegt eigentlich ordentlichen Gerichten. Eingeschränkt wird die Meinungsfreiheit nicht durch die Überprüfung der Richtigkeit der jeweiligen Aussage, sondern nur dadurch, ob andere Menschen in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt werden. Ansonsten darf man alles, wirklich ALLES sagen. Die ungeheure Menge der Postings macht es für die sozialen Netzwerke unmöglich, die entsprechenden Verstöße gegen das Strafgesetzbuch zu identifizieren. Das erwartet man aber auch nicht vom Wirt der Stammkneipe, an deren Stammtisch solche unflätigen Äußerungen getätigt wurden. Nicht umsonst proklamierte Franz Josef Strauß die Lufthoheit über den Stammtischen.

In den sozialen Netzwerken wird diese Meinungsfreiheit durch die sogenannten „Community Standards“ eingeschränkt. Das sind Regeln der Netzwerkbetreiber, deren Einhaltung durch Algorithmen kontrolliert wird. Diese Algorithmen sind weniger „intelligent“ als von ihren Erfindern proklamiert. Aufgrund der großen Menge der Verstöße werden diese automatisch geahndet, die entsprechenden Äußerungen gelöscht und Sperren ausgesprochen.

Abseits von der Frage der Verfassungsmäßigkeit stellt der zensierende Algorithmus aufgrund seiner mangelnden Qualität pure Willkür dar. Ich persönlich fühle mich fast schon gekränkt, dass noch nie ein Post von mir gelöscht wurde und ich auch nicht gesperrt wurde. Instagram, Facebook, Google, Instagram, Twitter und YouTube mutieren von der privaten Veranstaltung zum öffentlichen Raum, in dem private „Community-Standards“, Zensur durch den Algorithmus im schlimmsten Fall ganze Profile und damit Geschäftsmodelle zerstören, ohne dass ein Gericht diese auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft hätte.

Community vs. Öffentlichkeit

Facebook, Alphabet, Twitter und Co. sind private Unternehmen. Als liberaler Anhänger des freiheitlichen Rechtsstaates neige ich dazu, ihnen das Recht einzuräumen, über ihre Angebote frei zu verfügen, ihnen unliebsame Nutzer auszuschließen und entsprechende Äußerungen zu löschen. Doch diese Sichtweise greift zu kurz. Wie am Anfang dargestellt, haben die sozialen Netzwerke eine marktbeherrschende Stellung. Und die gilt in diesem Fall nicht nur für die kommerzielle Seite der Medaille und die Frage der Verwendung privater Daten, die von den sozialen Netzen zur Finanzierung des Betriebes genutzt werden.

Wer seine durch das Grundgesetz und die Gerichte garantierte freie Meinungsäußerung nicht ausüben kann, wird in seinen Bürgerrechten diskriminiert. Klagen gegen Sperren und Löschungen haben auch deshalb Aussicht auf Erfolg. Deshalb sind die „Community-Standards“ und der Zensur-Algorithmus keine Privatsache der sozialen Medien, sondern der Versuch des Staates, die Zensur zu delegieren. Letztlich machen die sozialen Netzwerke nur Volkes Stimme ohne den Gatekeeper des Leserbriefe lesenden Redakteurs sichtbar. Sie sind die Multiplikation des Stammtischs. Die Meinungsäußerungen sind platt, diskriminierend, drastisch und weichen von den Vorstellungen des Establishments ab.

Für das, was am Stammtisch zur Mitgliedschaft im Verein für deutliche Aussprache berechtigte, erfand man Begriffe wie „Hatespeech“, „Fakenews“ oder „Shitstorm“, weil nun deutlich wurde, dass der Stammtisch als Insel der politischen Unkorrektheit das Denken und die Ausdrucksweise vieler ordentlicher Bürger herausstellte, die ansonsten meist ein schon fast kleinbürgerliches Leben führten.

Das digitale Bierzelt ist dem Politiker, dem Journalisten und auch dem Demoskopen nicht geheuer. Nicht der Redner prägt die Stimmung, sondern das als Shitstorm diffamierte Publikum. Natürlich gibt es auch Äußerungen, die nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt sind. Das festzustellen, obliegt aber nicht den Algorithmen, den Mitarbeitern in Call-Centern vergleichbaren Einrichtungen und dem Regelwerk der „Community Standards“. Aufgrund der marktbeherrschenden Stellung der sozialen Netzwerke handelt es sich jedoch nicht um einen privaten Club, sondern um einen öffentlichen Raum. Und für die Einschränkung der Meinungsfreiheit in diesem Raum sind das Grundgesetz, das Bürgerliche Gesetzbuch und das Strafrecht maßgeblich. Ob es sich um einen Verstoß gegen diese Gesetze handelt, muss von Gerichten festgestellt werden und nicht von Algorithmen.

Das Vertragsverhältnis zwischen Nutzer und Provider

Man könnte ja meinen, zwischen dem Nutzer und dem Provider bestünde kein Vertragsverhältnis, weil der Facebook- oder Google-Kunde ja nicht für die Bereitstellung der multimedialen Dienstleistungen bezahlt. Diese Interpretation ist jedoch falsch. Ein Vertrag ist eine Vereinbarung auf Gegenseitigkeit. Der Nutzer zahlt mit geldwerten Leistungen, nämlich seinen Daten. Der Provider nutzt diese Daten, um sie außerhalb des Netzwerkes zu vermarkten und innerhalb des Netzes werbliche Informationen an den Nutzer weiterzutragen, die natürlich von einem Algorithmus bestimmt werden.

Durch das aktive Handeln des Nutzers im Netzwerk entsteht zudem für den Provider ein Mehrwert, der durch das aktive Handeln des Nutzers und seine Aktivitäten und die Bereitstellung des „user driven content“ die Attraktivität des Angebots des Netzwerkes und des Betreibers massiv erhöht. Es besteht also ein Vertragsverhältnis zwischen Nutzer und Provider, das den Provider zur Bereitstellung bestimmter Leistungen verpflichtet, weil er eben den vom User bereitgestellten Content nutzt.

Der Provider kann nicht berechtigt sein, diese Geschäftsbeziehung einseitig durch Löschung oder Sperrung zu beenden. Denn für den Nutzer wird dadurch ein erheblicher Eingriff in seine persönliche Selbstbestimmung, sein Eigentum und seine Daten ausgeübt. Gerade bei Löschungen gehen ja auch noch Daten verloren, an denen das originäre Eigentum beim Nutzer liegen. Der Provider ist damit schadensersatzpflichtig, kommt aber wegen seiner marktbeherrschenden Stellung dieser Verpflichtung nicht nach.

Anders gesagt: Die Löschung von Beiträgen und ganzen Konten ist in jedem Fall rechtswidrig. Auch wenn sie temporär ist.

Die Geschichte sozialer Netzwerke

Erinnern Sie sich noch an MySpace? Haben Sie schon mal was von StudiVz gehört? Sind Ihre Kinder bei SchülerVz unterwegs gewesen? Gegenüber diesen sozialen Netzwerken, die sang- und klanglos untergegangen sind, haben Facebook, YouTube, Twitter oder Instagram keinen technologischen Vorteil. Trotzdem sind sie sang- und klanglos untergegangen.

Dafür gibt es drei Gründe: das bessere Marketing, die gefüllte Kriegskasse und die Kombination von beidem. Nicht nur, weil Marketing Geld kostet. Man muss auch die Wirksamkeit des Algorithmus verstehen, um ihn einzusetzen. Ihr Erfolg gründet sich ausschließlich auf einer überlegenden Marketing-Strategie. Technologisch ist keine Innovation in den letzten 20 Jahren feststellbar.

Ein Instrument der weltweiten Wettbewerbspolitik ist die Fusionskontrolle. Die staatlichen Wettbewerbsbehörden können der Euckenschen Vermachtung entgegenwirken, wenn durch den Kauf eines Unternehmens durch ein anderes oder den Zusammenschluss von zwei Unternehmen eine „marktbeherrschende Stellung“ entsteht. Das kann das Bundeskartellamt, die EU-Kommission oder die US-Kartellbehörde dann untersagen. Dabei gibt es natürlich erhebliche Stolpersteine: Was ist der „relevante Markt“, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit der Ausnutzung der marktbeherrschenden Stellung.

Eine falsche Entscheidung kann auch maßgebliche Folgen haben. Das Bundeskartellamt untersagte den Kauf von ProSiebenSat1 durch den Axel Springer Verlag. Das Problem war die Definition des „relevanten Marktes“. Das Bundeskartellamt hat damals nur Print und TV berücksichtigt, nicht aber das Internet und die „sozialen Netzwerke“. Dadurch wurde die Entwicklung eines multimedialen Medienkonzerns, die Etablierung eines schlagkräftigen Content Providers als Wettbewerber des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des Silicon Valley Oligipols verhindert. 

Für den deutschen Meinungsmarkt war das auch dramatisch, weil ein wesentlicher Gegenspieler zu den öffentlich-rechtlichen Sendern nicht zu befürchten stand.

Bei den sozialen Netzwerken war das anders. Die Kartellrechtler haben nicht verhindert, dass Facebook seine Marktmacht dadurch erhalten hat, dass es Instagram und WhatsApp gekauft hat und somit lästige Konkurrenten in das eigene Geschäftsmodell integriert. Alphabet hat dasselbe mit YouTube gemacht. Das Problem ist die Kapitalkonzentration des Silicon-Valley-Oligopols, die dazu ausreicht, sich jeden gefährlich werdenden Wettbewerber einzuverleiben und so das Angebot einzuschränken. Damit sinkt die Wettbewerbsintensität und die Vermachtung steigt.

Die Zerschlagung der sozialen Netzwerke – ein notwendiges Übel

In den letzten Monaten könnte man meinen, TicToc hätte das Oligopol aus eigener Kraft gefährdet. Doch TicToc ist im heimischen China ein Monopolist und kann sich darauf verlassen, dass die merkantilistische Kommunistische Partei die amerikanischen Wettbewerber schlicht aussperrt. Das ist eine neue Strategie, aber vielversprechend für die Umsetzung einer Strategie ist es nicht. Auch wenn ein Grund ist, die Kommunikation der eigenen Bevölkerung unter totaler Kontrolle zu halten, handelt es sich doch um eine Marktzugangsbeschränkung und Wettbewerbsverzerrung. Erst durch den Auftritt auf den Märkten außerhalb Chinas entsteht Konkurrenz, die das Unternehmen nötigt, sein Produkt kontinuierlich zu verbessern. 

F. A. von Hayek sagt: Wettbewerb ist das beste Verfahren neuen Wissens. Je geringer die Wettbewerbsintensität, desto zentralistischer das eingesetzte Wissen. Jede Zentralisierung, jede Verlagerung auf Algorithmen reduziert das in einer Gesellschaft vorhandene Wissen auf das der Wenigen, die ihn formulieren und konzipieren. Und wie das Rad, das nicht erfunden wurde, sondern auf vielen Kontinenten zu vergleichbaren Zeiten entdeckt, führt die Vermachtung zum Gegenteil. Wissen, das die marktbeherrschende Stellung gefährdet, wird unterdrückt. Durch Zensur, den Algorithmus oder Ignoranz. Damit missbraucht das Silicon-Valley-Oligopol seine marktbeherrschende Stellung. Leider kann man ihm nicht auch noch Preisabsprachen oder Kartellbildung nachweisen, obwohl sich alle Beteiligten ohne Absprachen marktkonform verhalten. Die Kartell- und Wettbewerbsgesetze sehen für die Unterbindung zwei wesentliche Instrumente vor: Strafzahlungen und die Zerschlagung.

2017 musste Facebook 117 Millionen an die EU-Kommission zahlen. Grund waren falsche Angaben bei der WhatsApp-Übernahme. Hätten entsprechend richtige Angaben zu einem Verbot geführt? Im Juni 2017 verhängte die Kommission eine Geldbuße in Höhe von 2,42 Milliarden Euro gegen Google wegen Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung der Google-Suchmaschine durch unzulässige Vorzugsbehandlung des eigenen Preisvergleichsdienstes. Eine Kartellbuße von 4,34 Milliarden Euro verhängte die EU-Kommission im Juli 2018 gegen Google, weil man im Fall des Smartphone-Betriebssystems Android seine Marktmacht missbraucht und damit gegen das EU-Wettbewerbsrecht verstoßen habe. Aufgrund der Diskriminierung von Wettbewerbern hat die EU-Kommission 2019 eine Strafe von 1,49 Milliarden Euro verhängt. Das lässt die Vermutung zu, dass diese Strafzahlungen mittlerweile eingepreist sind und aus der Oligopol-Rente spielend finanziert werden. Sie werden im besten Fall ignoriert. 

Zusätzlich zu den Strafzahlungen ist das Silicon-Valley-Oligopol bereit, gegenüber den Regierungen inhaltliche Konzessionen zu machen und vermeintlich missliebige Meinungsäußerungen zu zensieren, zu löschen und die entsprechenden Konten zu sperren. Der jüngste Fall trifft Impfgegner, wenn diese auf mögliche Nebenwirkungen hinweisen. Mittlerweile nimmt Google keine Werbung an, die den Eindruck erwägt, den Klimawandel zu leugnen. Und YouTube sperrte bis zur Einstweiligen Verfügung von Joachim Steinhöfel Videos der Künstleraktion „AllesaufdenTisch”, die Aufklärung in Sachen Corona von der Politik fordert. Eine solche Praxis verstößt gegen das verfassungsrechtlich garantierte Gut der Meinungsfreiheit. Weil die Betreiber der Social Media reichweitenmäßig ohne Alternative sind, verzerren sie den Meinungsmarkt durch Missbrauch. Auch die Sperre des von mir nicht besonders geschätzten russischen staatlichen TV-Senders RT ist reine Willkür, denn auch Propaganda ist von der Meinungsfreiheit gedeckt. 

Nachdem die Strafzahlungen sich als wirkungslos erweisen und die Bereitschaft der Betreiber sozialer Netzwerke offensichtlich ist, die Meinungsfreiheit durch Algorithmen zu beschneiden, ist davon auszugehen, dass als Ultimo ratio nur die Zerschlagung des Oligopols bleibt. Die kann von den Kartellämtern angeordnet werden.

Wie funktioniert die Zerschlagung?

Die Zerschlagung muss natürlich so organisiert werden, dass die Staaten möglichst nicht durch Enteignung schadensersatzpflichtig werden. Deshalb wird der Verkauf von Unternehmen, respektive Unternehmensteilen, über die Börse oder einen anderen Weg anzuordnen sein. Dies bedeutet die Veräußerung zu Marktpreisen. Darüber hinaus ist eine Verringerung der Fertigungstiefe zu prüfen. Die Unternehmen können etwa gezwungen werden, ihr Infrastrukturangebot zu verkaufen, das dann anderen Anbietern zugänglich wird.

So werden aus drei Teilen des Oligopols sechs: Facebook, Google, Instagram, Twitter WhatsApp und YouTube. Hinzu kommen die kleineren Anbieter wie LinkedIn oder XING. Den „zerschlagenen“ Firmen muss natürlich vorgeschrieben werden, auch ihr operatives Geschäft zu trennen. Jeder muss für sich seinen Algorithmus weiterentwickeln, Server und Infrastruktur betreiben und die Aufsicht über die Meinungsäußerungen ordentlichen Gerichten übertragen und nicht einem Algorithmus.

Das macht es auch den kleineren Anbietern wie LinkedIn oder XING leichter, im Wettbewerb mit den großen zu bestehen. Die Marktzugangsbeschränkungen werden erleichtert. Allen Beteiligten muss auferlegt werden, Content der User, die auf konkurrierenden Plattformen hochgeladen oder formuliert wurden, diskriminierungsfrei zu verlinken. Weitere Akquisitionen müssen den bisherigen Teilen des Silicon-Valley-Oligopols verboten werden. 

Wettbewerb ist das zentrale Koordinationsprinzip der offenen Gesellschaft. Die Idee des Ordoliberalismus von Walter Eucken war, die Vermachtung als negative Auswirkung auszuschließen und zu verhindern. Eucken hätte sein Modell sicher weiterentwickelt, wenn er länger gelebt hätte. Weil sein Modell auf die Kartelle der Schwerindustrie abstellte, wurde es verworfen. Klassische Liberale meinen – meist zu recht –, der Markt werde es schon richten. Das ist in diesem Fall augenscheinlich nicht so. Die Marktwirtschaft braucht einen freiheitlichen Rechtsstaat, der den Bürger vor der Macht des anderen und insbesondere des Staates schützt. 

Das Interessante an solchen Konzepten ist ihr Abstraktionsvermögen. Die Ermöglichung von Wettbewerb und die Zulassung von vermachteten Strukturen schließen sich auch in der digitalen Welt und den sozialen Netzwerken aus. Deshalb sollte man die Oligopole zerschlagen, um Wettbewerb und Meinungsfreiheit Raum zu geben.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

RMPetersen / 12.10.2021

Da kann man doch nur hoffen, dass begabte und menschenfreundliche Hacker Facebook, Twitter, Youtube und Google endgültig zerstören. (Ist mir klar, dass dies ein utopischer Wunschtraum bleibt. Diese Monstren sind unkaputtbar.)

Ralf.Michael / 12.10.2021

Irgentwann wird Es zuviel und Jemand drückt auf den Notschalter. Nach einem EMP ist eine Digitalisierung obsolet !  Man wird weder Fratzbuch noch Twitter haben…aber auch kein Smartphone, Laptop und Pc, weil Nichts mehr funktioniert…auch kein Auto, kein TV, kein Radio oder E-Mobil. Bei den Amish und Mormonen in USA geht dies echt Prima ....Nie wider Stress und die Karten werden (komplett) neu gemischt ;o))

Christoph Kaiser / 12.10.2021

Sobald in zwischenmenschliche Kommunikation noch ein Dritter zwischengeschalten ist, ist ungünstig…....... und wenn muß ständig die Vertrauensfrage gestellt werden.

Ludwig Luhmann / 12.10.2021

Auch Mark Zuckerberg ist ein Teil von Schwabs World Economic Forum/Great Reset. —- “Mark Zuckerberg Founder and Chief Executive Officer, Facebook 2004, Founder, Thefacebook.”—- Man suche online nach “World Economic Forum und Mark Zuckerberg”.  Auch Draghi, Macron, Merkel, Lagarde, Baerbock, Spahn, Söder, Trudeau, Ardern und viele andere sind Teil der Great-Reset-Sekte um Klaus Schwab. (Als Tipp an die Redaktion: Sehr interessant ist die Geschichte von Klaus Schwabs Vater!)  

P. Wedder / 12.10.2021

Immer häufiger kommen mir die Worte von Martin Niemöller in die Gedanken „Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist. Als sie die Gewerkschaftler holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschaftler. Als sie die Juden holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Jude. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“

Ralf Pöhling / 12.10.2021

Und weiter: Das Internet ist ein Zusammenschluss unzähliger Computer. Und damit meine ich nicht nur Firmenrechenzentren, sondern besonders die Milliarden von Clients, die am Netz hängen und mit denen gesurft wird. Diese potentielle Rechenleistung übersteigt alles Vorstellbare. Der Trick dabei ist, diese Rechenleistung effektiv zu nutzen. Die Rechenzentren mit ihren Datenbanken würden dabei als Memory dienen, die Clientrechner im Netz als “denkende” Neuronen, die Dinge in Echtzeit bewerten. Man denke zum Vergleich an das menschliche Gehirn mit seinen Milliarden von parallel arbeitenden Gehirnzellen. Die Taktung ist dabei langsam aber die Parallelität enorm. Von essenzieller Bedeutung wäre, womit man diese Gehirnzellen dann füttert. Und da werden Daten interessant, die nicht(!) auf den Werbemarkt abzielen, so wie das die Unternehmen tun, sondern internationale politische und besonders geopolitische Problemlagen, sowie kulturelle Besonderheiten der jeweiligen Regionen dieser Welt mit einschließen und im alltäglichen Datenaustausch dann Konflikte oder Missbrauch neutralisiert werden. In ersten Ansätzen wird das von den Unternehmen ja versucht. Es scheitert aber bisher am menschlichen Horizont der jeweils in ihrem eigenen gesellschaftlichen Biotop lebenden Entscheider, die die (politischen) Gegebenheiten im großen Rest der Welt gar nicht korrekt beurteilen können, weil sie sie nicht kennen oder sprachlich gar nicht oder kulturell missverstehen. Das führt dann natürlich automatisch zu selektiver Zensur. Wir brauchen ein System, was die Welt in all ihren Facetten erlernt, Probleme automatisch identifiziert und neutralisiert. Dies sollte natürlich nicht immer mit einer Löschung einhergehen, sondern eventuell nur mit einer Trennung der Netze. Und zwar dynamisch. Man muss eins bedenken: Wenn Facebook zerschlagen wird, bleibt dennoch die globale Netzstruktur, die den Missbrauch überhaupt erst ermöglicht. Das Problem geht sonst mit dem nächsten Social Network von vorne los.

Karl Kurz / 12.10.2021

Ich weiß nicht, welche Surrogate das Internet so bietet, meiner Ansicht nach sind alle Dinge, die wirklich Spaß machen, also Lieben, Essen, Trinken, Klettern, Paddeln Radfahren, Freunde treffen… usw. ANALOG. Ich komme sehr wohl um facebook & Co. herum, ohne mich abgehängt zu fühlen, im Gegenteil, ich werde von all dem Müll verschont, der auf diese Art verbreitet wird. Und diese ganzen “user” wissen auch gar nicht, das es mich gibt! Kein “like”, kein “shitstorm”, viel weniger Aufregung über Nullmengen, keine Minderwertigkeitsgefühle wegen Sperrung, ich finde es prima so. Und wer berufsmäßig auf diesen Kanälen engagiert ist, tja, der hat sich eben dem “Algorithmus” ausgeliefert. Und an Dr. Lehnhoff: Ich kann mich noch an die Zeit erinnern, als facebook & Co. den Ruf als “Datenkrake” hatte und die EU dagegen vorgehen wollte. Aber wahrscheinlich muß man gar nicht viele Leute kaufen, um so etwas abzuwenden - und jetzt gibt es die win-win-Situation. Zuckerberg macht Kohle und die Drecksarbeit und die interessierte Politik läßt ihn machen.

P. Wedder / 12.10.2021

WhatsApp löschen und stattdessen Signal oder Telegram als App installieren. Funktioniert problemlos. Google benutze ich nur noch selten, bin auf die Suchmaschinen ecosia und duckduckgo (Datenschutz ganz simpel - sie speichern gar nichts) umgestiegen.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Carl Christian Jancke, Gastautor / 17.01.2022 / 13:00 / 14

Über den Tod in Zeiten der „Pandemie”

Die vermeintliche Pandemie verunsichert uns, weil sie eine mögliche Todesursache mit dem konkreten Tod zusammenbringt. Dabei ist das Natürlichste am Leben der Tod. Das Natürlichste…/ mehr

Carl Christian Jancke, Gastautor / 09.12.2021 / 10:00 / 72

Der Vize-Kanzler: Autorität oder autoritär?

Der smarte Wuschelkopf Robert Habeck kommt harmloser daher, als er ist. Er liebäugelt mit autoritären Mustern, etwa Grundrechtseinschränkungen zum Wohle des Klimas. „Freiheit ist die…/ mehr

Carl Christian Jancke, Gastautor / 18.11.2021 / 06:00 / 158

Und ewig grüßt die Merkel-Runde

Heute kommt die „MPK" wieder zusammen, um neue und härtere „Maßnahmen“ aufgrund der „Zahlen” zu beschließen. Das Kuriose ist, dass diese Zahlen die anstehenden Corona-Restriktionen nicht…/ mehr

Carl Christian Jancke, Gastautor / 03.11.2021 / 12:00 / 27

Die renitente Resistenz gegen die Realität

Unter künstlicher Intelligenz versteht man üblicherweise selbstlernende Systeme. Aber sie sind kein Heilmittel. Sie können nur erkennen, was ihre Programmierer erwarten. Von dem politischen System…/ mehr

Carl Christian Jancke, Gastautor / 03.09.2021 / 13:00 / 36

Wahlumfragen: Von Irrtümern und selbsterfüllenden Orakeln

Die SPD im Meinungshoch? Meinungsforschung mag ein Indikator für Stimmungen und Entwicklungen sein, ist aber keine exakte Wissenschaft. Schon oft lagen die Demoskopen gehörig daneben. …/ mehr

Carl Christian Jancke, Gastautor / 10.08.2021 / 06:00 / 55

Die Pandemie in Zahlen

Die Zahlen rechtfertigen keine epidemische Lage von nationaler Tragweite. Für den 6. August wurden 16 „Corona-Tote” gemeldet. Das sind 0,0000191 Prozent der Gesamtbevölkerung und 0,04% der…/ mehr

Carl Christian Jancke, Gastautor / 05.05.2021 / 15:00 / 62

Nüchtern betrachtet: Die Urteilsfähigkeit des Verfassungs-Gerichtes

Das Bundesverfassungsgericht hat gesprochen. Luisa Neubauer aus dem Elbvorort ist in ihrer zukünftigen Freiheit eingeschränkt, weil das Klimaschutzgesetz nicht rigide genug ist. Deshalb, so das…/ mehr

Carl Christian Jancke, Gastautor / 28.04.2021 / 12:00 / 75

Die Feinde der offenen Gesellschaft machen sich kenntlich

Die 53 Schauspieler haben eins erreicht. Sie sind aufgefallen und haben die Schlagzeilen beherrscht. Ob jeder, der darüber geschrieben hat, verstehen wollte, was sie bewegt,…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com