Über den Tod in Zeiten der „Pandemie”

Die vermeintliche Pandemie verunsichert uns, weil sie eine mögliche Todesursache mit dem konkreten Tod zusammenbringt. Dabei ist das Natürlichste am Leben der Tod.

Das Natürlichste am Leben ist der Tod. Manchmal quält uns das Sterben. Aber dann ist es vorbei. Trotzdem lebt das öffentliche Leben von der Verleugnung des unvermeidlichen Endes, das wir auf Friedhöfe, in Kapellen und vergleichbare Institutionen verbannen. Die stetig steigende Lebenserwartung scheint dabei die Illusion des ewigen Lebens zu nähren und uns selbst die Erwartung des eigenen Endes zu nehmen, das doch eigentlich ganz natürlich ist, selbst wenn es immer später eintrifft.

Die vermeintliche Pandemie verunsichert uns, weil sie eine mögliche Todesursache mit dem konkreten Tod zusammenbringt. Wer die Sterberegister von Euromomo, eines Portals der Universität von Kopenhagen, betrachtet, erkennt, dass nicht viel mehr Menschen sterben als sonst oder als sonst aufgrund des demographischen Wandels sterben würden.

Ich habe die Feiertage mit meiner Mutter verbracht, die am 1. Januar ihren 97. Geburtstag erlebte. Ein paar alte Freunde trauten sich zur Gratulation, die jüngeren Nachbarn haben sich wegen der Pandemie nicht ins Haus getraut. Als ich 2018 den Jahreswechsel mit ihr erlebte, war mein Vater im Alter von 94 Jahren gerade gestorben. Sie streckte, als sie sich unbeobachtet wähnte, die Hände in die Höhe. Als praktizierende Christin sagte sie: „Lieber Gott, bitte hol mich”.

Zu einer differenzierten Darstellung gehört gewiss, dass sie das Leben ansonsten durchaus genießt. Die polnischen Hilfen verschaffen ihr mit liebevoller Ansprache und Humor Abwechslung und Lebensfreude, der Pastor Marquardt erweitert ihren Horizont und baut eine Brücke in die Ewigkeit, die ihr eine Gewissheit schafft. In der Düsseldorfer Tonhalle, in der sie seit 68 Jahren ein Abonnement für die Symphonieorchester besitzt, hat sie den Laden im Griff. Ein Quartett spielte auf dem Trauergottesdienst für den Vater. Wenn sie dem Vorbild ihrer Mutter folgt, würde sie 104. Aber vielleicht ist das gar nicht ihr Ziel.

Gestorben wird immer

Der Tod ist ein Teil des Lebens. Es fällt brutal schwer, sich dazu zu bekennen, loszulassen und den Altvorderen zu gönnen, zu gehen. Manchmal zwingt einen die Realität dazu, das abrupt einzugestehen, manchmal hat man Zeit, sich bewusst zu verabschieden, oft ist es ein quälender Prozess, gerade wenn die Sterbenden viel zu jung zu gehen scheinen.

Kurz vor Weihnachten starb eine Cousine, gerade mal 10 Jahre älter als ich. Ursel, ihr Mann Martin und ich waren uns in Freundlichkeit zugetan, obwohl unsere Lebensentwürfe sich bestimmt massiv unterschieden. Sie und ihre Kinder und Enkel waren sehr christlich – protestanisch – geprägt. Aber sie war nicht missionarisch, sondern herzlich. Auf der Traueranzeige ist ein Porträt abgedruckt, das diese Herzlichkeit selbstverständlich ausdrückt. Für ihre Kinder, ihre Enkel und Martin ist das ein großer Verlust. Der erklärt sich aber eben daraus, was die Frau ihnen bedeutet hat. Für mich war unsere Verwandtschaft „nur” eine Bereicherung, weil ihr Lebensentwurf eben so ganz anders war als meiner. Und wir leben eben von der Vielfalt und nicht von der Konformität. Aber die seltenen Begegnungen waren von jener Herzlichkeit geprägt.

Der Tod ist eine Dimension des Lebens. Sein meist selbstverständliches Ende. Wenn wir die Corona-Toten alltäglich zählen, sollten wir nicht all die Anderen vergessen, die alltäglich sterben. Es gibt meistens keinen richtigen Zeitpunkt, zu sterben. Trotzdem ist er irgendwann gekommen. Und der Verlust schmerzt. Aber auf der anderen Seite gibt es das Sprichwort: „Niemand ist wirklich tot, solange es noch jemand gibt, der sich an ihn / sie erinnert.“

Das nimmt in Corona-Zeiten vielleicht auch den Schrecken. Gestorben wird immer.

Foto: Pixabay

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Joachim Willert / 17.01.2022

Offenbarung 9/6 :      Und in den Tagen werden die Menschen den Tod suchen, und nicht finden; werden begehren zu sterben, und der Tod wird vor ihnen fliehen. Das ist doch Hammerhart ,Leben zu müssen als Bestrafung für ein scheinbar zweifelhaftes leben.  Bis zu 5 Wochen an der Beatmungsmaschine. Noch mehr Horror ist doch nicht mehr vorstellbar, Wohl dem, der sich zur rechten Zeit mit dem Unabänderlichen auseinandersetzt und selbstbestimmt hinüberwechseln kann.  Dann ist Corona keine biologische Selektion sondern eine Erlösung.

Peter Wagner / 17.01.2022

Wenn ein Mensch geboren wird, steht schon fest: Er wird sterben. Die Uhr läuft gnadenlos auf diesen Punkt zu. Wir wünschen uns ein schönes Leben und den leidensfreien Tod. Doch es wird mit Zahlen geprahlt, wie alt doch heute viele werden - nur unter welchen Umständen? Siechen zu Hause oder in Heimen mit duzenden Medikamenten. Selbstbestimmtes Leben und Sterben in unserem Land? Es wird nahezu unmöglich gemacht, Parole: mehr Unmenschlichkeit wagen! Nur noch traurig!

Karl Schmidt / 17.01.2022

Das Leben ist ein kurzer Abschnitt zwischen dem Tod. Wir waren vorher nicht und danach auch nicht. Es gibt keinen Grund, uns dieses kleine Spektakel, das jedes Leben im Universum darstellt, von Menschen vergällen zu lassen, die selbst noch viel unerträglicher sind, als sie andere finden.

Peter Holschke / 17.01.2022

Todesphilosophie? Wie wäre es mit Geburtsphilosophie? Das ist ernst gemeint, anlässlich des gerade grassierenden Todeskultes, mit mutwilliger Impfopferung. Was will uns der Autor verkaufen? Ein Impftod ist auch Gottes Werk?

Karsten Dörre / 17.01.2022

Mein Vater ist 2002 verstorben. Meine Mutter, mittlerweile 87-jährig, sagt mir immer öfter, sie hat ihr Leben gelebt, was soll sie noch auf der Erde. Sie atmet mittlerweile schwer, egal in welcher Alltagssituation. Das musste ich mir eingestehen, weil ich inne hielt und den Moment Revue passieren liess. Wenn man viel und oft die Mutter besucht, fällt das nicht auf, weil man aus Gewohnheit nicht auf die Feinheiten achtet. Tod durch Pandemie? Sorry, solche Pandemietoten gibt es mal mehr mal weniger, siehe jährliche Grippestatistiken. Aber, über Grippe soll man ja beim Thema Corona nicht reden. So als ob uns der Bannstrahl träfe, würden wir nüchtern und unaufgeregt das Leben denken und vergleichen. Stattdessen werden wir umfangreich mit Corona-Fachbegriffen malträtiert, sind Fachleute welcher Impfstoff passe zu wem und wann, wie man regierungskonform spazieren zu gehen habe, dass mittlerweile den Kindern derart das Leben vergeht, dass deren Suizidproblematik durch die Decke geht und es kaum wen tangiert.

reinhard ickler / 17.01.2022

Immer wieder - oder noch - lesenswert:  S. Freud, Zeitgemäßes über Krieg und Tod. Aber auch ein paar Sätze Ludwig Wittgensteins aus dem “Tractatus…”: Der Tod ist kein Ereignis des Lebens. Den Tod erlebt man nicht. - Wie auch beim Tod die Welt sich nicht ändert, sondern aufhört… Geht auf viel ältere Philosophie zurück. Und dann noch Marianne Gronemeyer:  Das Leben als letzte Gelegenheit. - Sicherheitsbedürfnisse und Zeitknappheit.

Ludwig Luhmann / 17.01.2022

“Der Tod ist ein Teil des Lebens.”—- Das Sterben ist ein Teil des Lebens, aber der Tod kann es definitiv nicht sein.

Alex Müller / 17.01.2022

Die Einstellung älterer Leute ist sehr interessant. Mein Mutter, obgleich erklärter Lauterbach-Fan, hat das ganze satt. Mit ihren 81 will sie einfach den Rest ihres Lebens “normal” verbringen, und wenn sie stirbt, dann stirbt sie halt, sagte sie mir beim letzten Besuch. Ich muss sagen, sie hat es begriffen, denn es kommt nicht nur darauf an wie lange man lebt, sondern auch, wie man lebt. Besonders, wenn man alt und das Ende in Sichtweite ist.

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