Vom nagelneuen Berliner Flughafen BER gibt es nur zwei Direktflüge nach Wien, einen um 9:45 Uhr morgens und einen um 19:45 Uhr abends. Ich will am kommenden Samstag hinfliegen, um am Sonntag an einer Sitzung des ZK der Weisen von Zion teilzunehmen. Wenn ich den Abendflieger nehmen würde, hätte ich nicht einmal Zeit für einen Bummel über die Kärntnerstraße. Und wollte ich den Morgenflieger nehmen, müsste ich spätestens um sieben Uhr meine Wilmersdorfer Gartenlaube verlassen. Das ist vollkommen inakzeptabel. Ich habe ja nicht vor, Polen zu überfallen.
Und so kam mir eine geniale Idee. Ich fahre schon am Freitagabend zum BER, checke im Hotel Steigenberger ein, von dort sind es nur 200 Meter zum Terminal 1. Eine Nacht in einem Hotel mit Chips, Erdnüssen und Bailey's Irish Cream ist für mich der ultimative Luxus.
Anruf bei Steigenberger. Ja, man habe noch Zimmer frei. Von wo ich denn anreisen würde. Aus Berlin, sage ich. Und wann ist ihr Flug? Um 9.45 Uhr, sage ich. Dann können wir Ihnen leider kein Zimmer vermieten, Sie können ja am Samstagmorgen mit einem öffentlichen Verkehrsmittel anreisen, sagt die Rezeptionistin. Genau das will ich vermeiden, sage ich, wollen Sie mir vorschreiben, wann und woher ich anreisen soll?
Das Ordnungsamt schreibt es uns vor, und es kontrolliert, ob wir uns daran halten, sagt die Rezeptionistin.
„Gut, dann reise ich aus Augsburg an“, sage ich.
„Sie sagten eben, Sie würden aus Berlin anreisen“, sagt die Rezeptionistin.
„Ich habe es mir überlegt“, sage ich, „ich reise aus Augsburg an.“
„Können Sie es beweisen?“, fragt die Rezeptionistin.
„Kann ich“, sage ich. „Reicht Ihnen mein Pass, der in Augsburg ausgestellt wurde?“
„Einen Moment, bitte“, sagt die Rezeptionistin, „ich muss was nachsehen.“
Ich höre, wie sie auf der Tastatur tippt.
„Das geht in Ordnung“, sagt die Rezeptionistin, „es gibt tatsächlich keine Zugverbindung, mit der Sie am Samstagmorgen anreisen könnten.“
„Gibt es noch etwas, das Sie wissen wollen? Soll ich meinen Arierausweis mitbringen?“
„Ihren was?“
„Sie können mich mal“, sage ich und drücke die rote Taste.
Nein, fein war das nicht. Die Frau bei Steigenberger kann ja nichts dafür. Sie sorgt nur dafür, dass die Anordnungen des Ordnungsamtes umgesetzt werden. Und würde das Ordnungsamt anordnen, dass die Minibar kopfüber aufgestellt wird, hätte sie kein Problem, auch dieser Weisung zu folgen. Ist ja nur zu unserem Besten. Wie die „Bundesnotbremse“, die in den nächsten Tagen gezogen werden soll.
Immerhin hat die Bundesregierung heute die Zügel ein wenig gelockert. Die Ausgangssperre soll statt um 21 Uhr erst ab 22 Uhr in Kraft treten. Sonderregeln gelten für alleinerziehende Väter, Radfahrer und Vegetarier.