Henryk M. Broder / 24.02.2023 / 15:00 / Foto: Acgut.com / 66 / Seite ausdrucken

Wie die Ukrainer die Russen in den Krieg zwangen

Daran, dass der Krieg noch nicht vorbei ist, sind nicht die Russen, sondern die Ukrainer schuld. Hinzu kommt, dass die Russen mit uralten Waffen kämpfen müssen, während die Ukrainer topmodern ausgerüstet sind. Das ist so unfair, als würden die Klitschko-Brüder gegen einen Amateurboxer aus der Fliegengewichtsklasse antreten.

Dass die Ukrainer den Krieg gegen Russland von langer Hand geplant und die Russen so lange provoziert haben, bis denen der Kragen geplatzt ist, was dann von den Ukrainern so in Szene gesetzt wurde, als wären sie, die Ukrainer, von den Russen überfallen worden, das wissen wir schon lange. Es ist vor allem die Zürcher Weltwoche, die immer wieder auf die unglaubliche Heimtücke der Ukrainer hinweist, die Abertausende von Zivilisten opfern, nur um die Russen schlecht aussehen zu lassen. 

In der aktuellen Online-Ausgabe der WeWo steht auch ein Beitrag von Luca Steinmann, einem schweizerisch-italienischen Journalisten, der „seit Beginn den Ukraine-Krieg aus dem Donbass als fast einziger westlicher Reporter auf der Seite der Russen (verfolgt)“.

„Auf der Seite der Russen“ ist in diesem Fall mehr als nur ein geografisches Detail, es ist eine Positionsbestimmung, die bereits im Vorspann artikuliert wird. „Der Wind heult, am Himmel sausen die Raketen: Wie erleben russische Soldaten den Krieg? Zu Besuch bei Armeeangehörigen, die mit Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg gegen einen topmodern ausgerüsteten Gegner kämpfen.“

Gute Frage, wie erleben die russischen Soldaten den „Krieg“, der eigentlich nur eine „militärische Spezialoperation“ ist? Während am Himmel die Raketen „sausen“, kämpfen sie – die russischen Armeeangehörigen – „mit Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg gegen einen topmodern ausgerüsteten Gegner“.

Das ist nicht fair, das ist demütigend, als würden Klitschko-Brüder gegen einen Amateurboxer aus der Fliegengewichtklasse antreten. Aber das ist noch nicht alles.

Der Ukraine die NATO-Träume austreiben

WeWo-Reporter Steinmann berichtet aus einem Gebiet, das „bis 2022 unter ukrainischer Kontrolle“ stand, bevor Putin „am 24. Februar seine Truppen in Richtung Kiew losschickte…, um der Ukraine die NATO-Träume auszutreiben“. Dabei passierte ihm ein Missgeschick. Er unterschätzte den „Kampfgeist“ und die „eiserne Entschlossenheit“ der Ukrainer, die sich nicht einfach ergeben wollten und „den Russen einen erschöpfenden Stellungskrieg“ aufzwangen.

Was sagt uns das? Daran, dass der Krieg noch nicht vorbei ist, sind nicht die Russen, sondern die Ukrainer schuld. Die Russen haben auch keine offenen Rechnungen mit den Ukrainern. „Die Ukrainer sind eigentlich nicht meine Feinde“, sagt ein russischer Soldat, „ich bin hier, um gegen die Vereinigten Staaten zu kämpfen“, und zwar im Osten der Ukraine, „an der Grenze zwischen den Regionen Luhansk und Charkiw“. Ein anderer Soldat stimmt ihm zu: „Es ist wie zu Zeiten der Sowjetunion, die Amerikaner waren und sind unser erster und ärgster Feind.“ 

Kamerad Steinmann, der „als fast einziger westlicher Reporter auf der Seite der Russen“ arbeitet, beobachtet einen „russischen Scharfschützen“, der „aus der Tiefe eines Grabens auf den Feind gegenüber“ feuert. Dabei fällt Steinmann auf, dass der russische Scharfschütze „dies mit einer DSchK, dem überschweren sowjetischen Maschinengewehr, hergestellt 1938“ tut. Statt den russischen Scharfschützen zu fragen, ob auch die Munition aus dem Jahre 1938 stammt, stellt er ihm die Frage, „warum die russische Armee dermaßen alte Waffen verwende“.

Brot für die Welt?

Die Antwort des Scharfschützen macht einmal mehr deutlich, dass die Russen mit allem gerechnet haben, nur nicht damit, dass es im Zuge der „Entnazifizierung“ der Ukraine zum Einsatz von Waffen kommen könnte. „Wir müssen uns mit dem begnügen, was wir haben. Wir sind nicht die Ukraine, die ständig Nachschub erhält. Jedes Mal, wenn wir ihre Fahrzeuge abschießen, schaffen sie es, sofort neue an die Front zu bringen.“

Wie schaffen das die Ukrainer nur? Ganz einfach: „Dass die Ukrainer zum Sieg entschlossen sind, zeigt, dass sie einer Gehirnwäsche unterzogen wurden.“ Während die Russen die Situation klar und nüchtern bewerten: „Ich war anfänglich gegen den Krieg, aber wenn wir besiegt werden, fürchte ich, dass Russland von westlichen Geschäftsleuten besetzt wird, wie es in den neunziger Jahren geschah, als unser Volk hungern musste. Es war schrecklich, und es ist jetzt meine Pflicht, dafür zu kämpfen, dass das nicht noch einmal geschieht.“

So gesehen, könnte die militärische Spezialoperation auf dem Boden der Ukraine auch als ein „Krieg gegen den Hunger“ bezeichnet werden, also eine humanitäre Aktion. Und in der nächsten Ausgabe der WeWo schreibt Margot Käßmann zum Thema „Brot für die Welt“!

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Brandy, Vera / 25.02.2023

wenn ich hier die Kommentare lese, kommen mir so Vergleiche zu der erst kürzlich erfolgten Gentherapie zum Wohle des Volkes und Europas. Und nun stellt sich - langsam- heraus, daß es nicht so ist, wie uns salbungsvoll suggeriert wurde. Nur einige Wenige warnten und wurden niedergeschrien. Könnte es sein, daß es auch in dieser Auseinandersetzung, die nicht die unsere ist, verdammte Nebenwirkungen bis zum Todesfall geben kann?  Bedenken das die jenigen, die noch mehr Panzer und Waffenlieferungen fordern? Möchten diejenigen dieselben persönlich gen Osten steuern? Ich frag´ ja nur, da ich bereits ein dreiviertel Jahrhundert hinter mir habe und nicht so klug bin, deutsche Fahnen in den Ostwind heben zu wollen. Nur wenige warnen, werden wieder niedergeschrien oder verspottet.

Hubert Bauer / 24.02.2023

@ Alle Kommentatoren, die immer wieder schreiben, dass man irgendwelche Videos von XYZ ansehen soll oder irgendwelche Wörter googeln soll: Könnt Ihr nicht in fünf bis zehn Sätzen selber (!) zusammenfassen und was es geht und welche Erkenntnisse das bringen soll? Glaubt Ihr wirklich andere Leute haben genauso viel Zeit wie Ihr? Wenn Ihr es sachlich und spannend beschreibt, nehme ich mir vielleicht die Zeit.

Werner Arning / 24.02.2023

Ich glaube, es geht vielen Kommentatoren nicht darum, die Schuldfrage zu klären, oder ein moralisches Urteil zu fällen, sondern was sie umtreibt, ist die Sorge, in einen Krieg hineingezogen zu werden, der nicht unserer ist. Auch die Amerikaner betreiben nicht Krieg, wenn ihnen dieser nicht als für die eigenen Interessen nützlich erscheint. Wo die amerikanischen Interessen liegen könnten, scheint erkennbar zu sein, jedoch die deutschen? Ach so, stimmt ja. Das Gute verteidigen, richtig? War mir ganz entfallen.

Maria Dreiling / 24.02.2023

Journalist Luca Steinmann erinnert mich stark an meine 1. Geschichtslehrerin: Sie wollte uns erklären, wie man mit tiefen Löchern ein Mammut fängt, um an ein paar Kilo Fleisch zu kommen. In der Luft fliegen Raketen, und unten wird einerseits mit alten Gewehren geschossen - auf eine “leere Stadt” - während die andere Seite deutsche Helme trägt. Kriegsberichterstattung wie man sich´s wünscht.        .................      Ich wünsch mir mal was zu HAARP hier - oder habe ich in den letzten Wochen was verpaßt?

Friedrich Karl / 24.02.2023

Auch dieser Krieg fordert die Wahrheit als erstes Opfer. Im Übrigen sind die Kriegsziele beider Seiten inkompatibel: Russland wird ggf. Atomwaffen einsetzen, um eine Niederlage zu vermeiden. Das Gleiche ist auch von Seiten der NATO zu befürchten; nur die USA und Kanada sind weit genug weg vom Geschehen. Also läuft alles auf einen langen Abnutzungskieg hinaus.  Beide Staaten sind sehr korrupt und werden von Oligarchen ausgebeutet. Und das soll “unser"Krieg sein !?

Andreas Bitz / 24.02.2023

Ein echtes Dilemma, seien wir ehrlich: beide Seiten haben Argumente, Einschätzungen. Wem ist zu trauen? Corona hat mich gelehrt: Jedenfalls nicht ÖR, nicht Annalena, nicht Grün-Links. Die sind bei mir durch. Ein für alle Mal. Alles ist durcheinander. Nach USA-Besuchen ganz aktuell: die setzen ihre Interessen gnadenlos durch, ohne Rücksicht auf D, Mitteleuropa. Deutsche können teures LNG bezahlen, in die USA abwandern, sich deindustrialisieren, verarmen Hauptsache schwach und keine Achse D-RUS. Waffen, Milliarden, Migranten, Gender, WEF, alles dient diesem Zweck.

Nadine Reinmann / 24.02.2023

Nun, den Kampf für den hochverehrten und friedensliebenden Putin übernimmt in der deutschen Heimat die Einheitsfront von AfD bis zur geschäftstüchtig-sitzkriegenden SPD, einschließlich Pax Christi und paar abgehalfterten Feministinnen und Bischöfinnen. Dabei ist im Vergleich mit den anderen unappetitlich sabbernden bis senilen Günstlingen des Kremls in den übrigen europäischen Staaten das deutsche Faseln besonders selbstgerecht, schlicht und kontrafaktisch. (Dass Atommächte konventionell besiegbar sind, haben die vergangenen Jahrzehnte bereits gezeigt. Und die deutschen Friedensbewegungen könnten ihre aktive Gewaltfreiheit in Mariupol oder Bachmut oder anderswo in der Ukraine unter Beweis stellen, warum sind sie noch nicht dort?) Die Deutschen verzeihen den Juden Auschwitz nicht, und sie erwarten, dass sich die Ukrainer:innen massakrieren lassen.

Karl-Heinz Boehnke / 24.02.2023

Kann eine Revolution oder ein Umsturz wie 2014 überhaupt eine verantwortungsvolle Regierung einer lebensfähigen Nation erzeugen? Es ist doch sinnlos, sich den Kopf zu zerbrechen über Geschehnisse, die ihren Ursprung dort haben, ohne diesen zu berücksichten. Oder will man das wirklich durchdrücken, den Konfikt, den Krieg, die Maßnahme oder, wie man es auch immer nennen mag, erst ab 2022 beginnen zu lassen. Am Ende der Sackgasse ist man an allen Hintertürchen vorbeigelaufen, die vielleicht beim Zurücklaufen schon verschlossen sind.

STeve Acker / 24.02.2023

Aktuell regen sich grad viele wegen dem Friedensmanifest auf, auch und besonders Herr Broder. (” das sei eine Gefahr für die Ukraine”) Warum diese Aufregung ? Was Deutschland an Waffen liefern kann , sind doch nur peanuts. Auf die Amis kommt es an, die haben viel mehr Möglichkeiten . Und die werden sich doch nicht von dem Manifest beeinflussen lassen. Aber sie scheinen nachzulassen. 500 Mio hat Biden nach Kiev mitgebracht. In früheren Monaten waren es 1,5 - 1,8 Mrd.

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