Um auf ihre frage mit meiner bescheidenen meinung zu antworten, sehr geehrter herr grell: “die deutschen” hätten 1989/90 der welt zeigen können, dass sie in der lage sind, eine einmalige historische chance zu nutzen und sich als gleichberechtigte - ja , auch meinetwegen “wiedervereinigte” - nation in die reihe anderer nationen einzubringen. es hätte in der tat etwas von “demokratie lernen” gehabt.das ist nicht erfolgt - gründlichst nicht erfolgt. man gab “den deutschen” gar nicht die chance dazu…der gesamte prozess wurde sofort “europäisch” überblendet. das grundgesetz , und dazu möchte ich gern carlo schmidt erwähnen, der es bereits unmittelbar zu seiner inkraftsetzung als das bezeichnete, was es seinerzeit war und m.e. bis heute ist - nämlich “...ein provisorium…” blieb bestehen und der darin niedergeschriebene passus, demzufolge “die deutschen” sich im fall einer wiedervereinigung eine verfassung zu geben hätten, mit allem, was eine solche ausmacht, u.a. eine volksabstimmung dazu, wurde ersatzlos gestrichen. (was - komik der geschichte - doch tatsächlich 1950 auf dem 3. deutschen volkskongress in der ddr umgesetzt wurde, nämlich eine verfassung anstatt eines provisoriums. die sed-genossen sahen dabei übrigens gar nicht so gut aus…aber das nur nebenbei, wie auch die tatsache, dass die erste ddr-verfassung verdammt viel von der verfassung weimars in sich trug) all das kann sehr gut , ja fast minutiös vom ablauf her, in “die einheit”, isbn 978-3-525-30076-3, nachgelesen werden, frei von ideologisch gefärbten kommentaren, sofern man die muße hat, sich durch über 800 seiten zu arbeiten. das studium dieses werkes und ein exzerpt als basis wären sicher eher dafür geeignet, möchte man sich tiefgehend mit der von ihnen , sehr geehrter herr grell, gestellten frage auseinandersetzen. ansonsten : der pfad zwischen eigener meinung und polemik ist ein sehr, sehr schmaler.
Nun denn, ich kann die immer wieder hier in dem einen oder anderen Artikel thematisiert angebliche mangelnde Demokratiefähigkeit der Deutschen nicht feststellen. Wann konnten die deutschen Demokratie lernen? Na, in irgendeinem Zeitraum zwischen 1949 und 2015. Z.B.zwischen 1970 und 1990. Als ob hier keine Demokratie praktiziert würde. Trotz aller Einwände die man haben und Kritik die man üben kann. Ich selbst (Jahrgang 68) bin in einer Demokratie aufgewachsen. Mit dem Bewußtsein, daß wir, vom Stadtrat bis zum Bundestag unsere Vertreter in der Politk wählen. Eine andere Regierungsform wollten wir nie, zumindest soweit ich mein Umfeld überblicken konnte. Natürlich haben auch wir irgendwann angefangen zu denken - der eine mehr, der andere weniger, daß unsere representative Demokratie vielleicht auch nicht der Weisheit letzter Schluss ist, aber weniger Demokratie oder gar eine autoritäre Regierung wünschte sich niemand. Ich bin wahrhaftig kein Freund der gegenwärtigen Regierung und sehe die Tendenzen, die Grundrechte zu unterhöhlen, durch eine Politikerkaste die sich von der Lebensrealität des Volkes weit entfernt, nur noch ihren Machterhalt im Sinn und längst keine Ideale mehr hat, mit Sorge. Das ist aber keine “typisch deutsche” Tendenz, sondern ist in vielen Staaten zur Zeit zu sehen. 1871 blickte man auf die damals bisher abgelaufene Geschichte zurück. In der Weimarer Republik litt man am Versailler Vertrag. Die Menschen damals wuchsen unter anderen Bedingungen und politischen Gegebenheiten auf. Der Blick auf und das verinnerlichen von Demokratie war anderen Rahmenbedingungen unterworfen. So auch bei uns. Und mir fällt es schwer einzusehen, daß ggfs. antidemokratische Einstellungen unserer Urgroß- oder Großväter sich in uns manifestieren sollten.
@HaJo Wolf: schon vor Monaten schrieb ich hier, dass die Ungeimpften eines Tages gelbe Sterne an der Jacke tragen werden. Maas hat das Gesetz schon in der Schublade, obwohl dafür eigentlich der Innenminister zuständig wäre.
@Rainer Grell: Ich bin eine andere, jüngere Generation als Sie. Die in Wahrheit freiheitsfeindliche Einstellung der 68er hatte ich auf dem Gymnasium sehr unmittelbar miterlebt. Nicht zuletzt manifestierte sich diese darin, wie sie 17 Millionen unserer Landsleute das Recht auf Freiheit und Selbstbestimmung abgesprochen, die SED-Diktatur schöngeredet, sie wütend gegen Kritik in Schutz genommen haben. Übrigens sehr im Gegensatz zum damaligen Axel-Springer-Verlag, der vielen Deutschen östlich der Mauer wie ein Leuchtturm der Freiheit erschien. Nur mal so zur Erinnerung, weil dies beständig unter den Teppich gekehrt wird.
Demokratie lernen - und vor allem leben - müssen primär die Ober- oder Berufsdemokraten. Nachdem Selbige aus purem Eigennutz den ersten Versuch an die Wand gefahren hatten, weil ihnen ihre Hahnenkämpfe und Geschacher um Posten bei einer verelendeten Bevölkerung wichtiger waren als das angeblich so geheiligte Prinzip, hat der Wähler halt eine der vermeintlichen Alternativen gewählt - die andere wäre vermutlich auch nicht wesentlich besser gewesen. Nach der vermutlich unvermeidlichen Katastrophe kamen die eigentlichen Verursacher wieder aus ihren Löchern und installierten den Neuanfang: KEINE wahre republikanische Demokratie, sondern ein starkes Parteienregiment OHNE wirkliche CHECKS AND BALANCES, ohne die bei geeigneten Akteuren der Weg in eine neue - noch - Pseudoautokratie vorgezeichnet ist. Die Bundesrepublik war von Beginn an eine Parteienherrschaft mit ausgesprochenem Mißtrauen gegen den angeblichen Souverän, der als der zu haltende Dieb von 1933 betrachtet wurde. Nichts zeigt dies deutlicher als das etwas kaschierte Listenwahlrecht - Instrument in allen Parteidiktaturen. Daß derartige Konstruktionen bei geeigneten Akteurinnen erst heute dort enden, wo wir sind, ist nur dem Umstand gedankt, daß die Akteure der Vergangenheit nicht derart skrupellose Egomanen waren.
Die Karlsbader Beschlüsse von 1819 kannte ich nicht. Beim schnellen Blick in die von manchen “Allwissende Müllhalde” genannte Wikipedia erkennt man tatsächlichen einen eklatanten Widerspruch. Einerseits “Entlassung und Berufsverbot für liberal und national gesinnte Professoren…” Andererseits ” Ideen und Gedanken, die damals aufrührerisch waren, aus heutiger Sicht aber als fortschrittlich bewertet werden” ——Wie bitte? Liberales und Nationales gilt heute als fortschrittlich?—- Da scheint mir besser zu passen: “....bewirkten sie das Verbot der öffentlichen schriftlichen Meinungsfreiheit”. Das ist das was man heute Cancel Culture nennt.——Politische unerwünschte Äußerungen waren nach 1819 nicht mehr möglich. Geschichte wiederholt sich tatsächlich nach 200 Jahren.
Jedenfalls ist sie abgeschafft, die Demokratie. Die Polizei hat letzte Woche die Gründung einer Partei GG widrig vor laufenden Kameras verhindert. Die Parteien machen Listen und verschieben Wahltermine, außerdem sind sie nahezu ununterscheidbar, und führen nach innen ein Terrorregiment, außer der AFD, und die ist ein gäriger Haufen. Das komplett undemokratische Europa regiert rein fast nach Belieben. Von dem im GG vorgesehenen Abstimmungen , Wahlen und Demonstrationen als Säulen der Demokratie sind im Wesentlichen nur Wahlen (zwischen Pest und Cholera) geblieben. Die demokratischen Grundrechte fast alle aufgehoben. De Facto trug die DDR ihr mittleres D mit ungefähr der selben Berechtigung- mit keiner.
Genauso wie Sie es kommentieren sieht es aus, Herr D. Fiedler ! Nur wird der Demokratie- Begriff ( gängig übersetzt als Volksherrschaft ) ja von allen Seiten beansprucht und missbraucht. Die ehemalige DDR nannte sich deutsche DEMOKRATISCHE Republik und die BRD hatte nun mal ein anderes Demokratie- Verständnis. Wenn also die gegensätzlichsten politischen Strömungen gleiche Begriffe und Attribute für ihre Politik benutzen, dann muss da wohl was faul sein ! Oder gibt es vielleicht doch verschiedene Demokratien, je nach Auslegungsweise ?! Doch eher wohl nicht! Solange sich also an solchen Begriffen “vergangen” wird, und diese nur noch zu bloßen “Schlagworten” verkommen, verlieren sie ihren eigentlichen Wert. Deshalb sollten gemäß ihrem letzten Satz, geehrter Herr Fiedler, die “Leute im Reichstag” nicht nur “Demokratie lernen”, sondern sich auch der ureigensten Bedeutung besinnen! Allerdings habe ich bei diesen Versagern und Lügenbaronen der Regierungs- Clique keine Hoffnung ..... die müssen einfach nur noch weg !
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