Henryk M. Broder / 09.04.2019 / 06:04 / Foto: Fabian Nicolay / 104 / Seite ausdrucken

„Verreck langsam.” Ein deutscher Dichter rastet aus

So eine e-Mail bekommt unsereiner nicht alle Tage.

Hallo Broder,

dass du dich verändert hast, habe ich hier in der Schweiz mitbekommen (das Weidel-Foto, hahaha), aber dass du ein Video, dessen Grundidee von mir stammt, öffentlich als Meisterwerk bezeichnest, das ist schon einen persönlichen Gruss wert.

Oh warte, du denkst doch nicht im Ernst, dass ich mit der Hand in den Dreck reichen werde? Tu ich nicht. Du sollst nur begreifen, dass du verloren hast. Niemand – schon gar kein Scheinerjid – kann mich stoppen. Du bist jetzt in meiner Welt, Dumbo. Ich fick dich rückwärts im Stehen und du merkst es nicht mal, du seniler Wichtigtuer mit deinem abgebrochenen Jura-Studium. Mir hast du nie was vorgemacht: Als die Spiegel-Kapaos dich schassten, hast du einfach die Seiten gewechselt, von irgendwas mußt du ja deinen Säugetierarsch unterhalten. Kein Vorwurf, vollstes Verständnis.

Wenn ich dich aber heute vor deinem „Spiegel" sitzen und jammern sehe, alter Mann, dann kann ich nur sagen, weiter so. Den zweiten, vielleicht dritten Schritt in die Psychose hast du hinter dir, ich freue mich auf den Tag , an dem sie dich einweisen werden.

KEINE GNADE. So wie damals für mich. Kapiert?  Ich spiele seit meinem 12 Lebensjahr Schach, – zehn, zwanzig, dreißig Jahre, ein Jahrhundert, ein Jahrtausend, – am Ende krieg ich dich wo ich dich haben will, und glaub mir eines, ich nehme die Vernichtungsprozesse meiner Gegner sehr ernst.

Statt mich zu bedanken, sage ich daher : Friss Scheiße, Bitch. Fick dich ins Knie, du hast ja sonst nichts zu ficken. Wenn du dir selbst einen Gefallen tun willst, VERRECK SCHNELL, wenn du mir einen Gefallen tun willst, VERRECK LANGSAM. 

Thor Kunkel

Thor Kunkel ist ein deutscher Schriftsteller, so deutsch wie ein Schäferhund in einem Lodenmantel mit einem Halsband aus abgefeuerten Patronen einer Walther P38. Wir sind uns nie begegnet, es sei denn zufällig an irgendeinem Stand bei der Frankfurter Buchmesse.

Die überaus romantische Mail, die er mir geschickt hat, bezieht sich auf seinen Roman Endstufe, der 2004 erschienen ist, wenn auch nicht in dem Verlag, in dem er erscheinen sollte. Dafür und auch dafür, dass der Roman kein großer Erfolg wurde, macht Kunkel vieles und viele verantwortlich, darunter auch mich, möglicherweise nicht ganz zu Unrecht.

Am 20. April 2004 (!) erschien im SPIEGEL das „Protokoll eines Literaturskandals: Wie sich Thor Kunkel um Kopf und Hintern redete". Viellecht nicht einer meiner besten Texte, aber mit Sicherheit einer der nachhaltigsten. Zumindest aus der Sicht von Thor Kunkel. Eine Weile bekam ich e-Mails von seinem Alter Ego Roman Bialkovsky, der mich darüber in Kenntnis setzte, wo sich Kunkel gerade aufhält und was er macht ("Kunkel gerade aus München zurück. Cicero bringt ein ausführliches Interview mit deinem Freund in der nächsten Septemberausgabe....")

Das Letzte, was ich von ihm – genauer: über ihn – hörte, war, dass der Skandalautor jetzt Wahlwerbung für die AfD macht und dass die Wahlkampagne die AfD entzweit.

Bis eine alte Wunde wieder anfing zu schwären. Auslöser war ein kurzer Artikel von mir auf Welt Online über das neue Rammstein-Videodessen Grundidee Kunkel für sich reklamierte. Einmal mehr fühlte er sich übergangen, ausgegrenzt, vor den Kopf gestoßen.

Das alles ist schrecklich traurig, und es macht mich furchtbar betroffen, obwohl es der Schnee von gestern ist. Aktuell ist die Geschichte nur insofern, als Kunkel die AfD auch bei den kommenden Landtagswahlen in Sachsen bewerben soll.

Bin schon sehr neugierig, was er sich da einfallen lassen wird. Masal tov, liebe AfDler.

Nachbemerkung der Redaktion vom 12.04.2019: Thor Kunkel hat eine "Gegendarstellung" zu diesem Beitrag, die wir auf Achgut.com dokumentierten ("Ich war es nicht. Es war die Antifa"), inzwischen von seiner Website entfernt. 

Foto: Fabian Nicolay

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Andreas Rochow / 09.04.2019

Von derartige Hasstexten habe ich beruflich in großer Zahl Kenntnis erlangt. Sie lassen auf einen problematischen Modus der Verarbeitung von Lebensereignissen schließen, die zu inneren Konflikten, zu seelischer Not geführt haben. Anlass, Dauer, Intensität und Austragungsweise weisen Merkmale der Übernachhaltigkeit des Erlebens auf und signalisieren eine psychopathologische Qualität. Der Briefschreiber braucht psychiatrische Hilfe und der Adressat braucht Schutz! Die Hemmungslosigkeit, mit der Todeswünsche und Judenhass ausformuliert sind, geben Einblick in eine gefährliche Psychodynamik, die näher betrachtet werden sollte, weil sie durchaus jene Energie enthält, die zu fremdgefährdendem Handeln führen kann. Der Begriff der “Psychose” wird vom Briefschreiber projizierend auf Broder gemünzt; Psychotiker halten ihre Umwelt oft für gestört und gefährlich. Man muss auch ohne persönliche Untersuchung den ernsthaften Verdacht auf eine vom Briefschreiber unmittelbar drohende Fremdgefährdung ausgehen! Strafanzeige mit Hinweis auf das PsychKG ist dringend anzuraten. Bis dahin Vorsicht und nicht weiter auf “Kontaktangebote” reagieren. - Nachsatz: Die AfD ist im Fall Thor Kunkel eher Opfer als Akteur!

Karl Eduard / 09.04.2019

Das ist natürlich nicht nett, Herr Broder, wenn man solche E-Mails bekommt. “Das alles ist schrecklich traurig, und es macht mich furchtbar betroffen, obwohl es der Schnee von gestern ist. Aktuell ist die Geschichte nur insofern, als Kunkel die AfD auch bei den kommenden Landtagswahlen in Sachsen bewerben soll.” Oh mein Gott, dann wähle ich gleich die CDU. Wäre ich Wähler in Sachsen.

Gabriele Schulze / 09.04.2019

Ich rekurriere auf Comic-Sprache: würg, spei, brech. Hoffe, die AfD geht angemessen mit ihm um bzw. marginalisiert ihn!

Sabine Schönfelder / 09.04.2019

Grüazi, Herr Broder, was ich deutlich zwischen den Zeilen ‘herauslesen’ konnte, der Mann mag Sie nicht besonders….....Vielleicht zwickt seine Zwangsjacke? In welcher Anstalt sitzt er denn ein? Falls Sie Ihn besuchen sollten ( ich kenne Ihr gutes Herz!), sollten Sie auf jeden Fall fachkundige Begleitung mitnehmen! Gibt es denn nicht einen Psychiater unter den Achgut-Autoren? P.S. Heute Bibi die Daumen drücken!

A.S. Sawa / 09.04.2019

Von so einem Astloch beleidigt zu werden, ehrt Sie, hoechstens. Das Rammstein Video ist ein langer Werbeclip fuer Schnitt Software und so gemacht, das es Linke und Rechte gleichermassen begeistern kann. Mich laesst es kalt…

Rainer Kaufmann / 09.04.2019

Kunkel “macht einen” auf Pirincci. Das muss man auch erst mal hinbekommen.

Uwe Piontek / 09.04.2019

Herr Broder, Sie wohnen mietfrei im Kopf dieses Thor Kunkel! Diese exklusive Residenz ist offensichtlich barrierefrei und sehr eng geschnitten aber mit unverbautem Blick in den Wahnsinn. :-)

Gabriele Kremmel / 09.04.2019

Ganz ehrlich: Ich verstehe zwar nichts von Literatur, aber der Sprech dieses Mannes ist für mich keine Kunst sondern die derbübersteigerte, pubertäre Aggrosprache eines frustrierten ehrsüchtigen Mittelmaßtypen, der gerne gefürchtet wie ein Donnergott wäre und doch nur Torheiten von sich gibt. So wie man sie in der heutigen Jugendkultur der nachwachsenden und leider wegen Kulturhindernissen verhinderten Paschas überall vorfindet. Mit dem tut sich die AfD keinen Gefallen, aber das ist ein anderes Thema.

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Henryk M. Broder / 07.03.2024 / 16:00 / 19

Aserbaidschanische Kampagne verhindert Armenien-Debatte

Eine in Berlin geplante Buchpräsentation und Diskussion über bedrohtes armenisches Kulturgut konnte aus Sicherheitsgründen nur online stattfinden. Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. (DGAP)…/ mehr

Henryk M. Broder / 04.03.2024 / 14:00 / 23

Michael Blume: Vom Zupfgeigenhansl zum Ersten Geiger?

In der Dienstzeit des Antisemitismus-Beauftragten Michael Blume hat die Zahl antisemitischer Straftaten in Baden-Württemberg erfolgreich zugenommen. Aber der Mann hat andere Sorgen. Ende Dezember letzten…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 12:15 / 35

Eilmeldung! Herr Schulz ist aufgewacht!

Im Büro der Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann war nach einem Bericht von Achgut.com die Luft heute morgen offenbar besonders bleihaltig. Richtet man…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 06:00 / 125

Frau Strack-Zimmermann hat Cojones, ist aber not amused

Es spricht für Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ), dass sie mein Schaffen verfolgt. Deshalb hat sie noch eine Rechnung mit der Achse offen. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ) hat…/ mehr

Henryk M. Broder / 22.02.2024 / 10:00 / 80

No News aus Wolfsburg in der Tagesschau

In Wolfsburg stellt sich der VW-Chef auf die Bühne, um Weltoffenheit zu demonstrieren. Die Belegschaft hat derweil andere Sorgen. Die Tagesschau meldet, auch an diesem Wochenende hätten tausende…/ mehr

Henryk M. Broder / 13.02.2024 / 06:00 / 186

Panikmache im Konjunktiv, Gehirnwäsche im Schleudergang

Gesetze zum Schutz der Demokratie sind das Vorspiel zur Abschaffung der Demokratie mit gesetzlichen Mitteln. Dazu müssen nur neue „Tatbestände“ erfunden werden, etwa die „verfassungsschutzrelevante…/ mehr

Henryk M. Broder / 06.02.2024 / 09:00 / 82

Eine Fürbitte für Nancy

Das Gerichtsurteil gegen das Innenministerium zu meinem Fall freut mich natürlich, obwohl ich mich keinen Moment der Illusion hingebe, die Blamage könnte die Amtszeit der…/ mehr

Henryk M. Broder / 26.01.2024 / 12:00 / 70

Frau Assmann denkt über 1945 hinaus

Eine „Expertin für Erinnerungskultur“ möchte die Erinnerung an die Shoa mit der an die Nakba verbinden. Den Palästinensern wäre mehr geholfen, wenn Deutschland ihnen ein…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com