Susanne Baumstark / 18.09.2018 / 13:00 / Foto: DLR / 29 / Seite ausdrucken

Verfassungsschutz bald windschnittiger?

Schade, dass der Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen noch nicht mit einem Beschluss seiner Behörde um die Ecke gekommen ist, die öffentlich-rechtliche Parteiwirtschaft beobachten zu lassen. Nachdem bereits am Sonntag der Missbrauch des verfassungsrechtlichen Auftrags, demokratische Meinungsvielfalt abzubilden, schamlos offen zelebriert wurde, transportiert jetzt das ARD-Hauptstadtstudio via tagesschau.de die irrwitzige Erwartung, Maaßen solle „die Koalition auf die eleganteste Weise von ihrem derzeit größten Problem befreien“ und erlösen – mit Bitte um seine Entlassung. Wohlgemerkt: Diese Einmischung des Behördenleiters in die Politik wird gefordert, während gleichzeitig der Vorwurf im Raum steht, er sei nicht mehr tragbar, weil er sich in die Tagespolitik eingemischt habe.

Der Groteske nicht genug, soll der Verfassungsschutzchef auch noch daran schuld sein, wenn sich zwei erwachsene Leute nicht einigen können: „Geht CDU-Mitglied Maaßen nicht freiwillig, trägt er die Verantwortung für einen erneuten Koalitionskrach zwischen Merkel und Seehofer.“ Genau genommen wird Merkel und Seehofer mit dieser Aussage ihre Politikfähigkeit abgesprochen respektive wird Maaßen eine typische Kanzleraufgabe zugetraut. Allerdings: Leute, die so was schreiben, begreifen ihre eigenen Worte nicht. Nur wenn es um die peinlich durchsichtige Tendenzrhetorik geht, da ist man pingelig. Während nämlich die Bundeskanzlerin stets „standhaft“ ist, reicht es bei Maaßen nur für ein „stur“. Das ganze Affentheater dient ganz offensichtlich dazu, einen Verfassungsschutzchef zu installieren, der bereit ist, die Machthybris des medialen Politkartells abzusichern und Konkurrenten auszuschalten. Die ständig beschworene Demokratie war lange nicht mehr so gefährdet wie jetzt. 

Übrigens: Der Ex-Chef des Bundesnachrichtendienstes, Gerhard Schindler, warnte im Bild-Talk vor der Abberufung Maaßens. Er fürchtet einen Bruch zwischen Regierung und Sicherheitsbehörden:

„Er ist der beste Präsident, den das Bundesamt für Verfassungsschutz in seiner Geschichte jemals hatte. Es wäre ein fatales Signal für weite Teile der Bevölkerung und weite Teile der Sicherheitsbehörden, wenn er gehen muss.“

Foto: Deutsches Zentrum für Luft und Raumfahrt dlr.de CC BY 3.0 via Wikimedia Commons

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K. Freitag / 18.09.2018

Na ja, man muss jetzt auch nicht so tun, als wäre Maaßen die Vertrauenswürdigkeit in Person. Bei der Aufklärung des NSU-Skandals hat er sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Ich fände es ebenso absurd, jemandem wie ihm auch nur eine Träne nachzuweinen. In der Video-Affäre hat er sich ja auch ausgesprochen ungeschickt verhalten. Das hätte man besser anstellen können.

Daniel Gildenhorn / 18.09.2018

Ich stelle fest, daß der Verfassungsschutz als seine wichtigste Aufgabe die Überwachung von Bestrebungen gegen die “Freiheitliche demokratische Grundordnung” hat. Die Letztgenannte wird definiert als “...eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition.“ Und nun schauen Sie sich bitte den letzten Satz in diesem Zitat an und beantworten Sie sich selbst die Frage, ob diese Prinzipien Stand heute wenigstens zu 50% gelten. Alles Andere folgt daraus.

Bernhard Freiling / 18.09.2018

Ach, woher. Für “weite Teile der Bevölkerung” wäre es sicher kein “fatales Signal”, wenn Maaßen gehen oder gegangen würde. Welt.de hat da schon mal vorgebaut und vorsorglich eine Umfrage veröffentlicht, wonach 54% der Befragten dafür seien, daß Maaßen seines Postens enthoben wird.  “Die Leute” scheinen “demokratieschmerzbefreit” zu sein.

Hubert Bauer / 18.09.2018

Eigentlich müsste der BND die SPD überwachen. Diese hat in ihrer offiziellen Parteizeitung (Vorwärts) einen Schulterschluss mit der Antifa gefordert. Die Antifa will aber mit Gewalt Demokratie und Rechtstaat (was zivilisierte Menschen darunter verstehen) abschaffen und durch einen Staat ersetzen, in dem ihre Ideologie herrscht, die mit den Wertungen des GG überhaupt nicht zu vereinbaren sind. Außerdem haben “ihr” Bundespräsident und Außenminister Werbung für ein Konzert gemacht, bei dem Gruppen aufgetreten sind, die zur Gewalt gegen die Polizei aufrufen. Wie ist das mit dem für alle Parteien erforderlichen Bekenntnis zur Freiheitlich demokratischen Grundordnung zu vereinbaren? Wenn die derzeitige (!) SPD nicht verfassungsfeindlich ist, wer ist es dann?

Reiner Lorber / 18.09.2018

Sicher wird jemand installiert, der bereit ist die “vielgeliebte” Partei der Querdenker beobachten zu lassen und somit quasi unwählbar zu machen. Wenn bei den nächsten Wahlen diese dann beseitigt ist, können die anderen Parteien zu ihrem “weiter so” zurückkehren und sich im Sessel zurücklehnen, weil dann alles schön harmonisch wird. Für die Bürger freilich wird es wohl wieder langweiliger, weil es keine echten Alternativen gibt, die wählbar sind und zumindest annähernd nach der Volkesmeinung sprechen. Klar die AfD ist nicht gerade eine Vorzeigestück, aber immerhin keine Abnickerpartei.

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