Chaim Noll / 29.04.2018 / 08:20 / Foto: Pixabay / 39 / Seite ausdrucken

Teufel Trump oder: Man fühlt sich stark in der Meute.

In meiner Kindheit in Deutschland hatte ich ein Kasperle-Theater mit bunten Figuren, deren geschnitzte Holzköpfe die guten und bösen Kräfte dieser und der kommenden Welt verkörperten: da gab es Narren und Weise, junge Mädchen und alte Hexen, Engel und natürlich einen Teufel. Ich erinnere mich, dass wir solche Puppen auch unseren Kindern geschenkt haben, während sie zur Zeit der Enkel schon aus der Mode waren, endgültig verdrängt von Smartphone und Co., wo alle diese Figuren im Überfluss zu finden sind.

Im Marionettentheater der Medien ist Angela Merkel eine weise Frau, Trump dagegen der Teufel. Diesem Muster folgen nicht nur deutsche Zeitungen, es prägt auch die Trump-Berichterstattung von New York Times oder HaAretz, von Medien, die sich selbst als „liberal“ bezeichnen und unter „liberal“ offenbar das Hochkochen von Stimmungen verstehen. Doch deutsche Medien tun sich besonders hervor. Kein Anlass ist nichtig genug, Trump zu verteufeln und zu verhöhnen.

Die Bild-Zeitung wusste zum Beispiel am Freitag, 27. April 2018, zu berichten: „Während andere Ehemänner ihre Frauen an ihrem Geburtstag morgens schon mit duftendem Kaffee wecken, ging Melania leer aus. Denn ihr Donald ist natürlich einfach zu beschäftigt, um seiner Frau etwas Schönes zum Geburtstag zu besorgen (…) Trump schenkte ihr laut CNN nur 'eine wunderschöne Karte und ein paar wunderschöne Blumen' (…) Ob sich Melania vor lauter Dankbarkeit für die 'wunderschönen Blumen' (die Trump wahrscheinlich noch nicht mal selbst besorgt hat) überschlagen hat …?“

Vielen macht das Hetzen Spaß

Eigentlich zum Lachen. Doch das alltägliche Schmähen ist längst zur systematischen Hetze gediehen. Besonders aufregend: Alle sind sich darin einig, diesen Mann herunterzumachen, für geistig beschränkt oder „unberechenbar“ zu erklären, zu ridikülisieren, zu dämonisieren. Man fühlt sich stark in der Meute. Keine einzige deutsche Zeitung kann sich dem Sog des neuen Spiels entziehen. Vielen macht das Hetzen Spaß, es kann zur Gewohnheit werden, zur Sucht. Die sonst zunehmend braven Schreiber dürfen hier endlich einmal zeigen, wozu sie an Hohn und Häme fähig sind. Die Frage drängt sich auf, ob darin die Aufgabe der Medien besteht. Sollten sie nicht eigentlich Information übermitteln?

Natürlich ist Bild an diesem Tag nicht die einzige deutsche Zeitung, die Trump schmäht. Die FAZ nennt ihn einen „egozentrischen, unerfahrenen, mitunter rassistischen Immobilienmakler (...) im Weißen Haus“. Stern online, am selben Tag, dem 27. April 2018, reiht zum hundertsten Mal die bekannten Skandale aneinander, die nach Spekulation deutscher Journalisten demnächst Trumps Ende als Präsident einleiten sollen: Die sich bisher weitgehend ergebnislos hinschleppende „Russland-Affäre“, die Untersuchungen gegen Michael Cohen, „Trumps langjährigen Anwalt und Ausputzer“, ein Interview mit Fox-News, in dem sich Trump angeblich „um Kopf und Kagen“ geredet hätte. Die Süddeutsche Zeitung liefert am gleichen Tag ein vernichtendes Psychogramm des „Narzissten“ Trump: Er sei „an Eitelkeit nicht zu übertreffen“ und richte „größten Schaden auf der Welt an, weil er sein Land als glaubwürdigen und verlässlichen Akteur aus dem Spiel genommen hat“.

So geht es Tag für Tag, in allen Spielarten, in einer fast rauschhaften Maßlosigkeit. Eine abgeklärte, neutrale Stimme wird man, was den amerikanischen Präsidenten betrifft, in deutschen Medien vergebens suchen. Die Schreiber scheint es nicht zu langweilen, ihn Tag für Tag aufs neue zu verteufeln. Sie fragen sich auch nicht, ob ihre Schmähungen womöglich kontraproduktiv sind im Sinne deutscher Interessen. Ganze zweieinhalb Stunden billigte Trump der deutschen Kanzlerin zu, ihn im „Weißen Haus“ zu besuchen und ihre Bitten vorzutragen.

Nachdem er andere Besucher demonstrativ mit allen Ehren willkommener Staatsgäste empfangen hatte. Trotz der Zurücksetzung hat sich Angela Merkel alle Mühe gegeben, ihr nettestes Lächeln gezeigt, sogar ein Geschenk mitgebracht – ohne Erfolg. Trump scheint Deutschland nicht zu mögen. Woran könnte das liegen? Womöglich liest jemand im „Weißen Haus“ deutsche Zeitungen?

 

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Leserpost

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Rudolf George / 29.04.2018

Den Leithammeln nachzublöken, ist ein Beleg für die prekäre Situation des Journalistenberufs. Keiner traut sich mehr aus der Herde auszuscheren, da er um seine berufliche Zukunft fürchtet. Dies ist eine Todesspirale, die erst mit dem endgültigen Ende des heutigen Mediengeschäftsmodells aufhören wird.

Herbert Exner / 29.04.2018

Als einer der Menschen,“die schon länger hier leben” habe ich als Jugendlicher mitbekommen, wie die Amerikaner ihre Söhne und Männer opferten um Deutschland vom Tausendjährigen Reich zu befreien. In der Adenauer bis Helmut Schmidt und Kohl-Zeit war auch in den Medien eine gewisse Anerkennung dafür zu bemerken, denn die Russen allein hätten das nicht zuwege gebracht. Ein verkappter Antiamerikanismus hat sich seit der Jahrtausendwende Bahn gebrochen und die sog. Qualitätsmedien ergehen sich in Schmähungen, Verunglimpfungen und blanker Hetze gegen den gewählten US-Präsidenten. Man lese noch einmal die Frontseite der DIE ZEIT vom 6. November 2016, dem Tag nach der Präsidentenwahl. Eine solche Anhäufung von Beleidigungen pro Zeile hat es daraufhin in nahezu allen print- und GEZ-Medien nur noch in der Steigerungsform gegeben.  Und da glauben offenbar unsere obersten Weltenversteher eine solche über Jahre anhaltende Verunglimpfung würde sich nicht auf die US-amerikanischen Entscheidungen in Wirtschafts-und Verteidigungsfragen auswirken? Armes Deutschland!

H. Otten / 29.04.2018

Warum nur regen wir uns über die Mainstream-Medien auf? Sie meinen es doch gut mit uns und betreuen uns so gut sie können. Da sollten wir Ihnen für ihre tagtägliche Mühe dankbar sein, allen voran den von uns gesponserten halbstaatlichen F(l)unkern, die uns gerne als Free-TV-Sender empfehlen. Kein Bullshit, keine Fake News, keine Propaganda. Einfach nur glauben, was wir dort an Nachrichten lesen, hören und sehen. Nehmen wir als hinreichend Gehirngewaschene zur Kenntnis: Der Journalist an sich sorgt stets für eine ausgewogene, sorgfältig recherchierte 360-Grad-Betrachtung. Und das Leben ist schön.

Dieter Schilling / 29.04.2018

Stimme Ihnen in allem zu ,Herr Brandenburg,nur bitte in Zukunft das “unser” (“unser Antisemitismus,unsere Moral” etc.) weglassen,da ich mich ja automatisch mitgemeint fühle,obwohl ich mit den angesprochenen Herr-undDamenschaften nicht das geringste gemein habe.Ansonsten stimmt jeder Satz.

Polifka Ilse / 29.04.2018

Vielen Dank Herr Noll. So denke ich schon lange und stehe damit sehr allein. Ist denn den Deutschen jeglicher Verstand vollkommen abhanden gekommen ? Ist das eine Krankheit ?

Volker Kleinophorst / 29.04.2018

Trump hat nichts gegen Deutschland. Er hat was gegen Merkel. Großer Unterschied. Denn Merkel ist nicht Deutschland.

Sepp Kneip / 29.04.2018

” Man fühlt sich stark in der Meute. ” Ja, so ist es. Diese Feststellung passt ganz besonders auf die deutsche Journaille. Die lasutesten Schreihälse sind die Dümmsten dieser Spezies. Aber - gibt es überhaupt noch kluge Journalisten in Deutschland? Es ist weit und breit keiner auszumachen. Wo sind Leute wie Hajo Friedrichs, Peter Scholl-Latour, Gräfin Dönhoff, Rudolf Augstein und auch Stefan Aust? Solche Qualität und Liberalität gibt es nicht mehr. Nur noch Hofberichterstatter ohne eigene Inspiration und Aura. Natürlich kommt es da recht, wenn ein Mann wie Trump auftaucht, der als allgemeines Ärgernis ausgemacht wird und auf den man draufhauen kann, wenn einem sonst nichts einfällt. Applaus ist einem da sicher. Genau so wie jeder journalistische Angriff auf die AfD vom Mainstrem applaudiert wird. In solchem Applaus sonnt sich dann die Journaille und macht sich immer mehr zum Büttel derer, die die Meinungshoheit gepachtet zu haben glauben. Die eigene Meinung hat man längst verkauft.

Christian Kohler / 29.04.2018

Ob Präsident Donald Trump oder seine Berater es sich antun im deutschen MSM-Wald ihre Informationen bezüglich Deutschland zu recherchieren bezweifle ich sehr. Letztes Jahr konnte sich Herr Trump anlässlich des G 20 Gipfels in Hamburg ein Bild der gewohlten Verwarlosung in Deutschland machen. Ironischer Weise wurde den Gästen in der Hamburger Oper Wagner zum Besten gegeben. Ob der “Ritt der Walküre” ( wie in Apocalypse now ) dabei war ? Die Tage vor dem G 20 Gipfel genoss der mächtigste Regierungschef der Welt das Bad in der Menge in Polen.

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