Henryk M. Broder / 20.10.2019 / 12:00 / Foto: achgut.com / 50 / Seite ausdrucken

Susanne Knaul: Heim ins Reich

Nicht wenige Auslands-Korrepondenten sind der Auffassung, es sei ihre Aufgabe, Einfluss auf die Verhältnisse zu nehmen, über die sie berichten. Besonders verbreitet ist diese Meinung unter den Nahost-Korrespondenten und da vor allem unter denjenigen, die aus Israel und den palästinensischen Gebieten berichten. 

Nachdem die vor kurzem verstorbene Wibke Bruhns, die für den Stern aus Jerusalem berichtete, von ihrer Redaktion nach Washington versetzt wurde, schrieb sie in einem Abschiedsartikel: "Es ändert sich nichts, ich kann nichts ändern, also gehe ich.” Wäre sie in der Lage gewesen, etwas zu ändern, hätte sie das Washington-Angebot natürlich nicht angenommen und wäre in Jerusalem geblieben, um den Friedensprozeß voranzutreiben.

Nun lese ich, dass Susanne Knaul, die Nahost-Korrespondentin der taz, nach 30 Jahren in Israel ihre Koffer packt, um nach Berlin zu ziehen. Benny Weinthal kommentiert diesen Vorgang mit dem Satz: "Eine deutsche Journalistin weniger in Nahost, die Antisemitismus- und Terrorismus-Verständnis verbreitet." Kein Verlust für Israel also, aber doch ein Gewinn für die antisemitisch-antizionistisch versiffte Ortsgruppe der links-grünen, auf Israel fixierten Berliner Ex-Pats und ihrer biodeutschen Unterstützer.

Sag beim Abschied leise...

Und wie es so der Brauch ist, schreibt auch Susanne Knaul einen Abschiedsbrief, in dem sie erklärt, wie sie nach Israel kam, wie sie dort gelebt hat und warum sie jetzt geht. Dreißig Jahre an einem Ort sind wirklich mehr als genug, so lange würde ich es nicht einmal in Malibu aushalten, außerdem wartet in Berlin die Liebe ihres Lebens auf sie. Das reicht doch, um den Umzugswagen zu bestellen, oder?

Nicht für Susanne Knaul. Sie muss noch ein wenig drauflegen. Am Anfang hat es ihr gut gefallen, sie lebte als freiwillige Helferin in einen Kibbuz, auch, um mein Gewissen zu beruhigen, das schwer trug an den Sünden, die mein Volk an den Juden begangen hatte. Sie lernte Hebräisch in einem "Ulpan", arbeitete für eine deutschsprachige Tageszeitung und passte sich den Lebensumständen an: Mein Arbeitstag begann um 10 Uhr morgens, was schon aus Sicherheitsgründen günstig war, denn die meisten Messerattacken der Ersten Intifada fanden sehr früh am Morgen statt. Morgenstund hat Stahl im Mund. Andere Länder, andere Sitten.

Kaum hatte sie ihr schlechtes Gewissen abgearbeitet, begann der Golfkrieg. Die Armee verteilte Gasmasken und Atropin-Spritzen. Der erste Sirenenalarm kam mitten in der Nacht und war sehr laut. Was sie dann erlebte, hätte auch Claas Relotius zu ähnlichen Gedankengängen animiert: Während die Israelis in Tel Aviv verängstigt auf das Giftgas warteten, das nie kam, tanzten die Palästinenser, so hieß es, auf ihren Häuserdächern in Ramallah und Bethlehem, um den Raketenbeschuss auf die „Zionisten“ zu feiern. Damit lieferten sie den Rechten im Land Zündstoff. „Seht mal, mit wem ihr Frieden machen wollt“, spotteten sie auf das Friedenslager.

Warten bis das Gas kommt

Subtil, nicht wahr? Die Israelis warteten auf das Giftgas, das nie kam, während die Palästinenser, so hieß es, auf ihren Häuserdächen tanzten. Solche Sätze zu schreiben, die mehr insinuieren als sie besagen, lernt man sonst nur auf der Henri-Nannen-Propaganda-Akademie. 

Nach dem Golfkrieg kamen zwar Gespräche zwischen Israelis und Plästinensern in Gang, für Susanne Knaul freilich war das keine gute Zeit. Trotz der großartigen Absichtserklärungen auf beiden Seiten passierte dann lange nichts, was für mich finanziell fatal war. Ich wurde pro veröffentlichte Zeile honoriert und musste zusehen, wie sich meine mageren Ersparnisse rasch ihrem Ende näherten.

Mit der Ermordung von Yitzhak Rabin durch einen jüdischen Extremisten verschärfte sich der Ton in Israel, aber für Susanne Knaul ging es bergauf. Die taz gab ihr einen Vertrag. Zusätzlich zu den Einnahmen als freie Journalistin war ich mit der taz-Pauschale finanziell sicher genug, endlich meinen Kinderwunsch zu verwirklichen. In Deutschland hätte ich als Alleinstehende keine Chance gehabt, Spendersamen zu bekommen. In Israel hatte ich freie Auswahl: Es gab Samen aus allen Herkunftsländern der jüdischen Immigranten. Dem Kampf der LGBT-Gemeinde und Israels progressiver Rechtslage verdanke ich meinen Sohn. Es war also nicht alles schlecht in Israel. Die Möglichkeit, freie Auswahl zwischen Samen aus allen Herkunftsländern der jüdischen Immigranten zu haben, gehörte zu den Positiva, obwohl man auch darin eine Spur von Rassismus entdecken könnte.

Ungut dagegen war der Mangel an Mieterschutz und dass der Euro im Vergleich zum Schekel an Wert verlor, was die Lebenshaltungskosten verteuerte. Hinzu kam die politische Entwicklung, die nicht ganz so verlief, wie Susanne Knaul es sich vorgestellt hatte: 71 Jahre alt ist Israel in diesem Jahr geworden. 30 davon habe ich miterlebt. Das Land, das mich als Teenager so in den Bann zog, existiert heute nicht mehr. Die Besatzung hat die israelische Bevölkerung verrohen lassen. Was ich einst als ruppig empfand, ist heute offene Aggressivität. Netanjahu führt dieses wunderbare Land systematisch in den Abgrund. Er macht mir den Abschied leichter.

Weniger schlechtes Gewissen, mehr Mieterschutz

Erstaunlich, dass sich ein Land im Laufe von 30 Jahren ändert, aggressiver wird, während die Länder drumherum immer friedlicher und ziviler werden. Frau Knaul dagegen hat sich während der 30 Jahre, die sie in Israel gelebt hat, kaum verändert. Aus einer naiven jungen Frau, die in einen Kibbuz zog, um mein Gewissen zu beruhigen, das schwer trug an den Sünden, die mein Volk an den Juden begangen hatte, ist eine Enttäuschte geworden, die ihr schlechtes Gewissen abgearbeitet hat und nun in ein Land heimkehrt, in dem der Mieterschutz gerade optimiert wurde.

Ihre Karriere als Israel-Korrespondentin der taz rundet sie mit einer dicken, fetten Lüge ab. Ihr Sohn Tom, in Israel dank einer Samenspende geboren, könnte, selbst wenn er wollte, nicht im Judenstaat studieren oder arbeiten, weil er der Sohn einer Schickse, einer nichtjüdischen Frau ist. Und obwohl er besser Hebräisch als Deutsch spricht, gilt er, wenn er nach Israel reist, als Tourist. 

Eine Sauerei sondergleichen, die eventuell damit zu tun haben könnte, dass bei der Einreise nach Israel nicht die Sprachkenntnisse überprüft werden, sondern die Staatsangehörigkeit. In jedem Fall ein weiterer Beleg dafür, wie rassistisch der Judenstaat ist. 

 

Foto: achgut.com

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Sabine Schönfelder / 20.10.2019

So ‘Etwas’ existiert wirklich?? Seien Sie ehrlich, Herr Broder, dat isene Romanfijur! Oder ne Witzfijur? “Auf beiden Seiten passierte nichts, was für mich finanziell fatal war”, es entwickelt sich fast der Verdacht die Susi kaufte von ihren letzten Kröten eine Splitterbombe auf dem Palästinenser-Basar und pfefferte diese höchstpersönlich in eine Gruppe orthodoxer, jüdischer Zöpfchenträger, Beikeles-Jungs, hinein, quasi als ‘Überlebenstraining’! Und dann die Nummer mit der Samenspende, großer Gott!, die ausnahmsweise hier nicht in der Besenkammer als Raub, sondern auf dem internationalen jüdischen Samenmarkt als Kauf ihren seligen Anfang nahm. Ich kann nicht verstehen, warum sie nicht beim palästinensisches Samen-Sonderangebot zugriff. Gerade der Muslim verteilt ihn so gerne, öfters auch mal ungefragt, und wer so auf jeden Euro achten muß, wie die Knaule. Man sieht, lieber Herr Broder, die Linken können einfach nicht mit Geld umgehen, deshalb ist das linke Subventionsland Berlin die richtige Umgebung für unsere journalistische Spitzenkraft und für säschtsch Öerö hat sie bei Gleichklang noch preiswert einen Genderschatz erwischt! Masel tov!

Mathias Bieler / 20.10.2019

Da muss Frau Knaul ihrer Tagesablauf völlig neu organisieren,weil Messersattacken hier 24 Stunden/7 Tage die Woche stattfinden.

jochen selig / 20.10.2019

Was soll man dazu noch sagen? Knaul ist schon ein bizarres Exemplar Journalist.

Martin Lederer / 20.10.2019

“Es ändert sich nichts, ich kann nichts ändern ...” : Was deutsche Mainstream-Journalisten ändern können, ist die verbreitete Mainstream-Meinung in Deutschland. Das klappt ganz gut. Sogar, was man in Deutschland moralisch noch sagen darf und was nicht mehr. In der Masse können sie sogar die Politik der deutschen Regierung ändern. Und wenn das entsprechende ausländische Land klein genug und erpressbar ist, können sie sogar indirekt (über Druck der deutschen Regierung) die Politik in diesem Land ändern. Was die Journalisten natürlich freut. Lässt sich aber ein anderes Land nicht von Deutschland erpressen, können sie in diesem Land nichts ändern. So einfach ist das. Gleiches gilt übrigens auch für die meisten NGOs. Aber der Unterschied zwischen Journalisten und NGOs ist sowieso marginal.

Gudrun Meyer / 20.10.2019

Lieber Herr Broder, in diesem Fall hätten Sie sich nicht die Mühe machen müssen, auf den, manipulativen taz-usw.-Stil und die Lüge am Ende des Berichts einzugehen. Mehr als das ermüdend Übliche steht bei Susanne Knaul gar nicht. Und alles Relevante zum “Fall” hat schon Benny Weinthal in einem einzigen zitierten Satz gesagt.

Eugen Karl / 20.10.2019

Armer Sohn, der Mittel zur Selbstverwirklichung der Mutter ist und keinen Vater haben darf.

Gottfried Solwig / 20.10.2019

Frau Knaul hat es natürlich versäumt zu erwähnen, dass angehörige der deutschen Minderheit die in einem Nachfolgestaat Osteuropas geboren sind wie z.B. Rumänien, seit der Rot-Grünen Regierung 1998 als Fremde behandelt werden, obwohl 1949 in der Verfassung der Bundesrepublik beschloßen wurde zwischen deutsche mit und deutsche ohne deutsche Staatsbürgerschaft keinen Unterschied zu machen. Auf dieser Grundlage erfolgte auch die Deutsche Einheit und wurden 3 jahrelang Deutschen vom rumänischen Staat freigekauft und konnten nach der wende 1990 Aufnahme als Bürger im eigenen Land erfahren. Auch erwähnt die Dame nicht, dass jeder angehöriger der jüdischen Minderheit sofort am Flughafen in Israel den jüdischen Pass beantragen kann. In der Bundesrepublik erfolgte die Aufnahme der Umsiedler aus der DDR und Aussiedler aus Polen, Rumänien über das Bundesvertriebenengesetz und in Israel über das Rückkehrgesetz, bis Mitte der 90er auf druck der Opposition in der Bundesrepublik das Kriegsfolgebereinigungsgesetz erfolgte. Seit dem sind angehörige der deutsche Minderheit aus Rumänien für die Bundesrepublik, Ausländer. Sie sollen jetzt selber schauen wie sie in deren verlassenen Orte im Banat oder Siebenbürgen nach 50 Jahre Aufnahme im Bundesgebiet zurechtkommen. Vom leben im eigenen Staat können diese nur träumen. Die Verfassung der Bundesrepublik solle der ganze Welt zu Verfügung stehen nur nicht dem eigenen Volk. Das wäre ja nur Deutschtümelei.

A. Ostrovsky / 20.10.2019

Mir tut der Sohn leid, dessen pure Existenz das Ergebnis eines Gnadenaktes zu sein scheint. Aber danach verstehe ich die Logik nicht, Herr Broder. Ich frage mal hinterhältig…. Es sieht so aus, dass die Geburt in Israel nicht über die Staatsbürgerschaft entscheidet, wie es beispielsweise in Deutschland ja wäre. Vielmehr scheint die Sicht der Gesellschaft des Geburtslandes auf die Mutter entscheidend zu sein. Wenn das tatsächlich so ist, wie Sie das hier wiedergeben und wie es die Dame wohl auch gemeint hat, wird den meißten EU-Bürgern da schon ein Fragezeichen vor Augen erscheinen, ob wir das hier überhaupt richtig machen mit der Bürgerschaft. Oder anders ausgedrückt: Wer selbst so abweisend ist, soll sich bitte nicht über Vorbehalte wundern. Umso erstaunlicher sind allerdings die Vorbehalte, die die hier geborenen Migrantenkinder gegen Deutschland pflegen, wo sie ja mit vergleichsweise offenen Armen aufgenommen wurden und werden.

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