Henryk M. Broder / 13.07.2019 / 10:00 / Foto: Cosmicgirl / 78 / Seite ausdrucken

SPD-Kahrs: Verbieten und entlassen

Johannes Kahrs, SPD-Bundestagsangeordneter für Hamburg-Mitte, haushaltspolitischer Sprecher seiner Fraktion und Sprecher des Seeheimer Kreises, einer  konservativ angehauchten Gruppe innerhalb der SPD-Fraktion, gehört nicht gerade zu den Politikern, deren Namen jeder kennt – wie Sigmar Gabriel, Martin Schulz oder Olaf Scholz.

Im Laufe seiner politischen Karriere, die in den 80er Jahren bei den Jusos begann, machte er sich trotzdem einen Namen, indem er seine Gegner, auch in der SPD, niedermachte, als wäre er ein Gutsherr und sie seine Leibeigenen. Geht es gar um die AfD, kennt Kahrs kein Pardon und macht keine Gefangenen.

In einer Rede vor dem Bundestag am 12. September letzten Jahres rief er den AfD-Abgeordneten zu, „Rechtsradikale in diesem Parlament“ wären „nicht nur ein Problem“, sondern auch „unappetitlich“, sie hätten außer „dummen Sprüchen“ nichts anzubieten. „Man muss sich diese Traurigen nur mal angucken“, um zu erkennen, „Hass macht hässlich“, die AfD-Leute sollten mal „in den Spiegel schauen“. Die SPD-Fraktion quittierte diese Bemerkung mit Beifall und Lachen, die AfD-Abgeordneten verließen den Plenarsaal.

Kein Problem mit der LINKEN

Nun ist die AfD keine lupenrein und porentief demokratische Partei, aber das ist die LINKE, die aus der SED hervorgegangen ist, auch nicht. Und dennoch kam und kommt die SPD mit ihr bestens und ohne Bauchkrämpfe zurecht, u.a. in den Parlamenten und Landesregierungen von Berlin, Brandenburg und Thüringen, wo die LINKE den Ministerpräsidenten stellt. Demnächst auch in Bremen unter Beteiligung der Grünen.

Für Kahrs kein Problem. Die AfD dagegen möchte er „verbieten“ und „dann afd mitglieder aus dem beamtenverhältnis entlassen“, so Kahrs am 7. Juli auf Twitter als Antwort auf die Frage eines Users, wie er die AfD neutralisieren würde.

Kahrs ist sich möglicherweise nicht bewusst, vor welchem historischen Hintergrund er agiert. Das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom April 1933 war der „rechtliche“ Hebel, mit dem jüdische und politisch unverlässliche Beamte aus dem Staatsdienst entlassen wurden, der Anfang der „Gleichschaltung“.

Davon kann in der Bundesrepublik keine Rede sein. Wie kommt aber ausgerechnet ein SPD-Abgeordneter auf die Idee, man könnte es wieder versuchen?

Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche

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Leserpost

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Wilfried Cremer / 13.07.2019

Die Wahrheit ist viel einfacher: Das Kahrmännchen stellt sich nur vor, dass fesch uniformierte Antifanten ihn toll finden und fühlt sich geil dabei.

Hartmut Laun / 13.07.2019

Was ein richtiger Sozialdemokrat ist der macht vor infertilem Hass nicht halt. Der sagt einem, der nicht so wie er will, es gemäß dem Großdenker Lübcke mitten ins Gesicht: Wenn es dir hier nicht passt in Deutschland, dann kannst du dieses Land jederzeit verlassen.

Frank Holdergrün / 13.07.2019

Jedem empfehle ich, die Rede von Otto Wels 1933 gegen das Ermächtigungsgesetz aufmerksam zu lesen. Er appellierte an Hitler bzw. dessen sozialistisches Gewissen, gerichtet gegen die Weimarer Republik (man wollte gemeinsam eine sozialistische Republik), und die Ehre, die man ihnen nicht nehmen könne, bezog sich auf den Versailler Vertrag. Die mystische Verehrung dieser Rede basiert auf Fehlannahmen und der Geist von 1933 kommt heute wieder in Leuten wie Kahrs zur Geltung, aber auch in einem Herrn Drexler vom BW-Landtag, der einer AfD Abgeordneten den Handschlag verweigerte. Die SPD hat nach dem 1. WK ein Desaster hinterlassen, aus purer Träumerei und ideologischen Phantastereien, sie geht nach 150 Jahren in den wohlverdienten Untergang, auf den Müllhaufen der Geschichte. Ein Brandt und Schmidt haben nicht ausgereicht, beide haben nicht genügend intellektuelle Kraft beim Nachwuchs erzeugt. Lafontaine, Scharping, Stegner, Gabriel, Däubler-Gmälin, Müntefering, Schröder, Nahles, Schäfer-Gümbel, Özuguz, Kraft, Steinmeier… wie klingt die Symphonie dieser Namen? Nach Inhalten oder blechernen Reden?

Frank Volkmar / 13.07.2019

Wenn ich zum Beispiel die Begründungen der Einstufung der Identitären Bewegung als verfassungsfeindlich zum Bsp. auf ntv lese mit : ““Die Positionen der IBD sind nicht mit dem Grundgesetz vereinbar”, urteilen die Verfassungsschützer. Die IBD ziele darauf ab, Menschen mit außereuropäischer Herkunft “von demokratischer Teilhabe auszuschließen” und sie in einer “ihre Menschenwürde verletzenden Weise zu diskriminieren”. Aus Sicht der IBD sei es ausgeschlossen, dass “Menschen ohne gleiche ethnische Voraussetzungen” Teil einer gemeinsamen Kultur sein könnten. Mulitkulturalismus werde als “kulturvernichtend” gesehen.”, dann gehe ich davon aus, das vor den Landtagswahlen auch die AfD im Visier des Verfassungsschutzes stehen wird.

Max Wedell / 13.07.2019

Kahrs ist noch ein wenig zu früh. Es braucht vielleicht noch ein Jahrzehnt gnadenlosen Aufbauschens der real exitierenden rechtsextremistischen Demokratiegefährdung durch Politiker und vor allem die Medien, flankiert durch eine Dauerberieselung mit herbeifantasierten Schuldzuweisungen an die AfD, bis auch andere an Kahrs Seite stehen werden. Noch wird dem, der den Vorschlag kritisiert, zugebilligt, evtl. auch von Sorge um die Demokratie getrieben zu sein. Setzt sich die momentane Rechtsextremismushysterie allerdings noch länger fort (wie es zu erwarten ist), wird eines Tages derjenige, der solche Vorschläge wie den jetzigen von Kahrs ablehnt, selber zum Antidemokrat in den Augen der “Demokraten” werden. Das eigentlich erschreckende an den Nazis war nach meiner Ansicht nicht, daß die eine Kategorie “Volksfeind” hatten, sondern die hanebüchenen Kriterien der Nazis, Menschen in diese Kategorie einzuordnen (von der damit verbundenen unmenschlichen Bestrafung ganz zu schweigen). Und so kommt auch der heutige Begriff “Feind der Demokratie” harmlos daher (klar gibt es Demokratiefeinde), bis man sich genauer anschaut, was für eine Aufnahme in diese Gruppe inzwischen qualifiziert… im Fall der AfD ein “na das weiß doch jeder” bzw. “aber das sagen doch alle” oder sonstige Bauchgefühle.

Friedrich Luft / 13.07.2019

!Wie kommt aber ausgerechnet ein SPD-Abgeordneter auf die Idee, man könnte es wieder versuchen?” ... wenn der Sozialdemokrat außerdem die Eigenschaft eines Soziopathen hat, ist das ohne weiteres möglich ...

Michael Liebler / 13.07.2019

Von lupenreinen und porentiefen Demokraten kann man bei dem gezeigten Demokratieverständnis der SPD auch schon lange nicht mehr sprechen. Das Parteiausschlußverfahren gegen Herrn Sarazzin ist eines der Beispiele, Enteignungsphantasien etc. sind weitere Die GRÜNEN sind auch nicht so lupenrein demokratisch, wenn ich mir das Verhalten der Frau Roth als Bundestagsvizepräsidentin so anschaue. Die CDU fällt auch in diesem zeitgeistigen Kontext unangenehm auf. Alle haben Dreck am Stecken und sollten etwas demütiger sein.

W.Draeger / 13.07.2019

Herr Kahrs ist einer der bedeutsamsten Sargnägel der SPD. Er wäre derjenige, der die “Arbeiter”-Partei verlassen müßte, auf unsanfte Art. Vom Benehmen her schlimmer als Stegner, vom Vokabular her wohl in der Gosse aufgewachsen und von seinen Wünschen her völlig fehl in einer demokratischen Partei. Aber so sind die Genossen, ungehobelt, ohne Anstand, ohne Fähgkeiten, die Bürger zu verstehen. Namen müssen hier nicht weiter aufgezählt werden, jeder kennt sie.

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