Henryk M. Broder / 01.09.2018 / 12:00 / 43 / Seite ausdrucken

Sing, Nachtigall, sing!

Wenn ein Land anfängt, sich zu überheben, dann steht es kurz vor einer Krise oder steckt bereits mittendrin. Größenwahn ist immer das Vorspiel zum Untergang. Nein, ich meine nicht die Türkei, sondern Deutschland.

Letzte Woche gab der deutsche Außenminister Heiko Maas bekannt, Deutschland müsse ein „Gegengewicht“ zu den USA bilden, vor allem dort, „wo rote Linien überschritten“ werden. Es sei an der Zeit, „die transatlantische Partnerschaft neu zu vermessen, nüchtern, kritisch und auch selbstkritisch“.

Deshalb werde das Auswärtige Amt, vertreten durch die Goethe-Institute und unterstützt durch den Bundesverband der Deutschen Industrie, ein „Deutschland-Jahr“ in den USA ausrichten – 1.000 Veranstaltungen in allen US-Bundesstaaten, Filmvorführungen, Podiumsdiskussionen und auch Programme, „die ein jüngeres Publikum ansprechen“.

Also eigentlich alles, was die Goethe-Häuser seit langem mit mäßigem Erfolg anbieten, nur mehr davon. Die PR-Kampagne unter dem Motto „wunderbar together“ sollte dazu dienen, mit den US-Bürgern „ins Gespräch zu kommen“ und würde etwa 20 Millionen Euro kosten.  

Das neue Fahrvergnügen

Das ist, finde ich, die zweitbeste Idee, seitdem VW den Einfall hatte, für seine getunten Autos in den USA mit dem Begriff „Fahrvergnügen“ zu werben. Ich bin mir nur nicht sicher, ob Auftritte bayerischer Trachtengruppen den Amis das richtige Bild von Deutschland vermitteln können. Ich hätte da einen besseren Vorschlag.

Wie wäre es mit einer Wanderausstellung über den deutschen Antiamerikanismus, der 1832 mit einem Reisebericht des Dichters Nikolaus Lenau begann, in dem er darüber klagte, dass es in Amerika „keine wahren Singvögel“ gebe und dass die Nachtigall im Recht sei, „dass sie bei diesen Wichten nicht einkehrt“.

Seitdem gelten die Amerikaner den Deutschen als kulturlose Barbaren. Und seit Donald Trump den Atom-Vertrag mit dem Iran gekündigt hat, als eine Gefahr für den Weltfrieden. Noch bevor er zum Präsidenten gewählt wurde, nannte ihn der deutsche Außenminister Steinmeier einen „Hassprediger“. Das dürfte mit ein Grund sein, warum „Steini“, inzwischen Präsident aller Deutschen, noch nicht in die USA gereist ist.

Er könnte das „Deutschland-Jahr“ nutzen, um endlich nach Washington zu fliegen. Together mit Heiko Maas, das wäre echt wunderbar.

Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche

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Werner Arning / 01.09.2018

Au ja, Steini und Heiko mischen die USA auf. Erklären den Amis mal, dass sie den falschen Präsidenten gewählt haben. Und die Leute vom Goethe-Institut erklären den Amis mal in aller Ruhe und zum Mitschreiben was Kultur ist. Da muss man ein bisschen Entwicklungshilfe leisten. Kultur-Entwicklungshilfe. Dann wählen die Amis das nächste Mal auch richtig. Steini, erkläre ihnen das nochmal mit dem „Hassprediger“. Die Amis wissen noch gar nicht, dass ihr Präsident ein Hassprediger ist. Da sollte man sie aufklären. Überhaupt, „Aufklärung“ brauchen die Amis. Haben sie bitter nötig. Besonders die in der Mitte des Landes, also abseits der Küsten. Von denen haben ganz viele Trump gewählt. Dabei hatte Steini sie gewarnt. Hatte doch gesagt, wenn sie Trump wählten, würden sie einen Hassprediger wählen. Haben die nicht drauf gehört. Deshalb kommt so ein Deutschland-Jahr in den USA jetzt genau richtig. Rechtzeitig vor den nächsten Wahlen. Und wie hatte Heiko den Trump noch genannt? Kann man ja jetzt alles nochmal in Ruhe erklären. Diesen ahnungslosen Kulturbanausen und Trump-Wählern.

Leonard Florestan Cliburn / 01.09.2018

Menschen die, allen Gewalten zum Trotz, nach dem Gesetz, nachdem sie angetreten, Politik betreiben und nicht zum eitlen Selbstzweck, haben es schwer, wenn sie nicht dem Populismus von rechts oder links erliegen. Da wird mit dem Holzhammer, nicht mit dem Florett gegengehalten. Spott und Hohn sind noch milde Waffen. Und wenn’s noch glimpflich abläuft, wird, gleich dem Lehrer Hempel, mit erhobenem Zeigefinger gewedelt. Zu den so Gescholtenen gehören neben den „Dauerbrennern“ Merkel und Streinmeier, nun auch Maas und der recht jugendliche Regierungschef von Sachsen. Ihnen rufe ich zu: Nimmer sich beugen, tapfer sich zeigen. Es ist das Schicksal, das erhöht, wenn es droht, zu zermalmen. Mögen Verse sie beglücken. „Das war der Tag der weißen Chrysanthemen, mir bangte fast vor seiner schweren Pracht. Und dann, dann kamst du mir die Seele nehmen tief in der Nacht. Mir war so bang, und du kamst lieb und leise, ich hatte grad im Traum an dich gedacht. Du kamst, und leis wie eine Märchenweise erklang die Nacht.“
 Rilke

Eckard S. Bulla / 01.09.2018

Ein Fehler: Steinmeier ist nicht Präsident aller Deutschen! Kein einziger hat ihn gewählt. Bestimmt hat ihn die Nomenklatura um Merkel und seinerzeit Schulz.

Jens Commentz / 01.09.2018

Erinnert mich an einen alten Witz: die halbstarken Mäuse besaufen sich und beschließen, den schlafenden Kater festzunehmen; sie schleichen sich an, die besoffenste springt der Katze an den Hals, der Kater schüttelt sich, die besoffene Horde grölt: bravo, Heiko, würg’ ihn, würg’ ihn!

M. Haumann / 01.09.2018

Aber müssen dem POTUS jetzt nicht die Knie schlottern, wenn Herr Maas mit unseren schärfsten Kriegswaffen weltgrösste Allgüte, Mitmenschlichkeit, Brüderlichkeit und Selbstlosigkeit die Vereinigten Staaten in einer Art humanitärem Blitzkrieg vom verderblichen Fluch des Trumpismus endgültig zu befreien droht? Die brauchen doch nur mal ein paar von uns live zu erleben, um endlich zu kapieren, was gut für sie ist, und schon stürmen sie endgültig geläutert das Weisse Haus und jagen den Dämon zum Teufel!

Gabriele Schulze / 01.09.2018

Boden, tu dich auf! Ist das peinlich!! “Made in Germany” hatte anfangs einen schlechten Ruf, dann mutierte er zu einem exzellenten - jetzt jagt eine Pein die nächste. Vielleicht haben wir in den letzten Jahrzehnten einfach nur Glück gehabt….

joachim Schroeder / 01.09.2018

lse Polifka Sie brauchen sich darüber keine Sorgen zu machen. Diese provinziellen Politkasper*innen sind nicht in der Lage das hohe Ansehen, dass Deutschland weltweit genießt nachhaltig zu beschädigen. Sage ich als jemand er sein halbes Leben im Ausland verbringt.

beat schaller / 01.09.2018

Das ist doch mal wieder ein “echter Broder”, herrlich. Ich stelle mir die beiden Wandervögel Steinmeier (nach) und Maas vor, auf der Wanderausstellung, beide so verbissen und geschniegelt,  eben wie so richtig lockere und coole Rocker aus den “europäischen Staaten Deutschlands”.  Das könnte ja nur Erfolg versprechend sein. Danke Herr Broder, wenn schon nicht zum weinen, dann zum lachen.  b.schaller

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