Claudio Casula / 12.10.2022 / 11:00 / Foto: Pixabay / 76 / Seite ausdrucken

Neues vom Gas: Volle Speicher, kalte Buden

Deutschlands Gasspeicher sind prall gefüllt, dennoch kann es zu Rationierungen kommen, so der Chef der Bundesnetzagentur. Wie kann das sein?

Obwohl Russland seit September kein Gas mehr durch die wichtigste Pipeline Nord Stream 1 nach Deutschland liefert, sind die Gasspeicher in Deutschland mittlerweile zu 94,44 Prozent gefüllt, berichtet Business Insider.

Jetzt die schlechte Nachricht: Stand jetzt sei es „eher wahrscheinlich, dass Gas in Deutschland im Laufe des Winters knapp wird und auch rationiert werden muss“. Es werde nämlich wegen des derzeit eher kühlen Wetters zu viel geheizt, statt Gas zu sparen.

Laut Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, ist es notwendig, im privaten und gewerblichen (40 Prozent Gasverbrauch) sowie dem industriellen Sektor (60 Prozent Gasverbrauch) mindestens ein Fünftel weniger Gas zu verbrauchen. Nur so könne eine Gasnotlage im Winter verhindert werden. Zudem reichten selbst prallvolle Gasspeicher gerade einmal bis Ende März 2023.

Das Gas ist nicht weg. Es ist nur woanders.

Kommt hinzu: Die Regierung vermag gar nicht zu sagen, wie viel Gas im Winter überhaupt für die Bevölkerung Deutschlands zur Verfügung steht. Selbst die mit Steuermitteln gekaufte Reserve könnte ins Ausland gehen, wie kürzlich Focus meldete. „Das gespeicherte Gas ist in weiten Teilen Eigentum von Gashändlern und -lieferanten, die häufig europaweit agieren“, hatte die Bundesnetzagentur wissen lassen:

„Selbst das Gas, das die Trading Hub Europe mit Staatshilfe einkauft und unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur im ehemaligen Gazprom-Speicher in Rehden eingelagert hat, ist nicht für Deutschland reserviert. Dieses Gas kann nach Angaben von Wirtschaftsministerium und Bundesnetzagentur von allen nationalen und internationalen Unternehmen, die im deutschen Gasmarkt registriert sind, gekauft werden. Entscheidend sei, wer den Höchstpreis biete.“

Das Gas ist dann also nicht da, weil es woanders ist.

Eine Gasmangellage, die die Ausrufung der dritten Stufe des Gasnotfallplans zur Folge hätte, ist demnach ein durchaus realistisches Szenario. Schuld ist dann der Winter, wie Netzagenturchef Müller im BR recht beunruhigend zitiert wurde: „Wir dürften erst über einen Gasmangel Bescheid wissen, wenn er nicht mehr aufzuhalten ist“. Eine seriöse Prognose, wo die Gefahr eines Mangels am größten sei, könne er nicht geben: „In Deutschland kann es allerorts zu Kälteperioden kommen.“

Selbst in Zeiten, wo uns Luisa Neubauer und die Klima-Kinder warnen, dass „die Erde brennt“. 

Vielleicht noch „einen zweiten Pullover" anziehen

Und was passiert, wenn der Gasmarkt zusammenbricht? Dann wird die Versorgung über eine „Sicherheitsplattform" organisiert. Ein Krisenstab der Behörde würde entscheiden, welche Unternehmen noch welche Gasmenge verbrauchen dürfen. Wer dann kein Gas mehr zugeteilt bekommt, schaut in die Röhre und muss dann erst mal die Produktion einstellen, was nach Wirtschaftsminister Habeck aber nicht heißen muss, dass er dann insolvent wird.

Wenn es genügend Unternehmen trifft, schlittert Deutschland in eine Rezession – mit allem, was dazugehört: weniger Geld, Verteilungskämpfe, soziale und politische Verwerfungen. „Oft sind tiefe Rezessionen mit Unruhen verbunden“, schreibt dazu Business Insider.

Bevor es auf den Straßen rund geht, wird aber erst mal im Dunkeln gefroren. So etwas wie eine Zentralheizung ist ja auch ein verzichtbarer Luxus. „Dann zieht man halt einen Pullover an. Oder vielleicht noch einen zweiten Pullover.“, riet eben erst Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. Man sollte „tatsächlich immer auch ein paar Kerzen, Streichhölzer und auch eine Taschenlampe zu Hause haben. Darüber muss man nicht jammern, sondern man muss erkennen: Vieles ist nicht selbstverständlich."

Zum Beispiel eine Politik, die willens und in der Lage ist, kurz-, mittel- und langfristig die Energieversorgung eines 84-Millionen-Landes sicherzustellen. Das wäre nun wirklich zu viel verlangt.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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C. Schulz / 12.10.2022

Der Einspeisevorrang ist die vorgeschriebene bevorrechtigte Einspeisung erneuerbarer Energien. Alle anderen, zuverlässigen müssen sich anpassen. Wäre es nicht besser wir würden auf den Einspeisevorrang verzichten?

Tom Walter / 12.10.2022

Bereits “ab morgen” könnten 27 Milliarden Kubikmeter jährlich geliefert werden. Wenn deutsche Politiker wöllten. Und weitere 83 Milliarden Kubikmeter wären schneller lieferbar, als LNG aus Katar verfügbar, wenn D wöllte.

RMPetersen / 12.10.2022

“... prallvolle Gasspeicher gerade einmal bis Ende März 2023 ...” Bei normalem Verbrauch reichen der Inhalt der Speicher für zwei bis drei Wintermonate. Sie brauche man bisher, weil über Nord-Stream 1 und andere Leitungen selbst bei voller Auslastung nicht genügend Gas importiert werden konnte, um den Spitzenverbrauch Dezember bis März zu decken. Daher der zusätzliche Abfluss aus den Speichern. Sie waren nie als nationale Reserve gedacht, sondern als winterlicher Zusatzlieferant.  Entscheidend für die Frage, ob im Winter rationiert werden muss, sind a. die Lieferungen aus Norwegen, Niederlande und div. südöstlichen Pipelines (- nie LNG-Tanker sind “peanuts”) sowie b. der Abfluss in andere Länder. Norwegen liefert ziemlich stabil, kann aber nicht erhöhen. NL braucht selber viel Gas, wenn´s kalt wird; eigentlich wollte man die Förderung wegen der Setzungen (- Mini-Erdbeben) bald auslaufen lassen.  Gibt es zB in Frankreich einen kalten Winter, kommt von dort weniger Atomstrom, weil der für die Elektro-Heizungen gebraucht wird. Dann muss in Deutschland der Strom mit mehr Gas erzeugt werden. 20% Verbrauchsreduzierung bei den privaten Haushalten, die im vorigen Jahr 31 Prozent des Erdgasverbrauchs ausmachten, bedeuten eben nur 6% weniger Nachfrage. Da reicht denn der Gasspeichervorrat vielleicht fünf Tage länger. Aber 20% freiwillig weniger sehe ich als unrealistisch. Trotz der hohen Preise. Die würden nur dann wirken, wenn man direkt einen Fünfer nach dem anderen in den Schitz der Gasuhr stecken müsste, wie das früher in England üblich war.

Dirk Kern / 12.10.2022

Schon ziemlich dreist von diesem Herrn Schäuble. Auch er und seine Partei haben uns durch falsche und kurzsichtige Politik diesen Schlamassel überhaupt erst eingebrockt.

Frank Bitterhof / 12.10.2022

Da die Gaspreisbremse erst im März 2023 zum Tragen kommt, wird der Mittelstand aufgrund der unbezahlbaren Kosten eine Gaszuteilung nicht mehr benötigen, weil nicht die Produktion, sondern die Betriebstätigkeit als Ganzes eingestellt wird. Und die in die Arbeitslosigkeit Entlassenen dürfen dann ganztägig zuhause frieren, weil sie sich die Gaspreise nicht mehr leisten können. Wie sagte doch Baerbock einst zu Habeck? “Du Kühe und Schweine, ich Völkerrecht”. Ob Herr Habeck von Tierhaltung wirklich eine Ahnung hat, kann ich nur bezweifeln - Man schlachtet nicht nicht die steuernbringende Milchkuh, um den Kadaver anschließend auf dem Hof verrotten zu lassen.

Dr. Wacker / 12.10.2022

Wie groß muss die Verzweiflung (oder Idiotie?) bei Habeck und seinen Ökogenossen sein, über schwimmende Ölkraftwerke in Nord- und Ostsee nachzudenken. Ich sehe schon Greenpeace mit kleinen Gummibooten um die Schiffe herumdüsen, FFF-Blagen kleben sich an Übergabestationen und Extinction Rebellion kappt die Stromleitungen. Und was Schäuble betrifft, was bleibt von ihm in der Geschichte? Ein verbitterter Merkel-Kuttenlecker, ein dubioser Geldkoffer zur Kohl-Zeit und jemand, der früh den Verstand verloren hat. PS Warum sollen Bürger heute sparen? Für alle ausländischen Gaskunden, die sich aus den Speichern bedienen können? Für ein Deutschland, mit dem Habeck noch nie “etwas anfangen” konnte? Nein, lieber heute alles verbrauchen, was man sich leisten kann. Es kommt sowieso schlimmer als man denkt.

Uwe Dippel / 12.10.2022

Interessant. Gewundert hat mich die Angabe, ‘bis Ende März 2023’. Meines Wissens, und das habe ich nur aus zweiter bis dritter Hand, reicht die bundesdeutsche Gasspeicherkapazität eher ‘2-3 Monate’. Und jetzt sitzen wir im Oktober. So irgendwann im Jenner dürfte es danach zu Ende gehen mit dem Gas.

Dietrich Herrmann / 12.10.2022

So geht es eben zu, wenn unfähige Trottel regieren spielen.

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