Deutschlands Gasspeicher sind prall gefüllt, dennoch kann es zu Rationierungen kommen, so der Chef der Bundesnetzagentur. Wie kann das sein?
Obwohl Russland seit September kein Gas mehr durch die wichtigste Pipeline Nord Stream 1 nach Deutschland liefert, sind die Gasspeicher in Deutschland mittlerweile zu 94,44 Prozent gefüllt, berichtet Business Insider.
Jetzt die schlechte Nachricht: Stand jetzt sei es „eher wahrscheinlich, dass Gas in Deutschland im Laufe des Winters knapp wird und auch rationiert werden muss“. Es werde nämlich wegen des derzeit eher kühlen Wetters zu viel geheizt, statt Gas zu sparen.
Laut Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, ist es notwendig, im privaten und gewerblichen (40 Prozent Gasverbrauch) sowie dem industriellen Sektor (60 Prozent Gasverbrauch) mindestens ein Fünftel weniger Gas zu verbrauchen. Nur so könne eine Gasnotlage im Winter verhindert werden. Zudem reichten selbst prallvolle Gasspeicher gerade einmal bis Ende März 2023.
Das Gas ist nicht weg. Es ist nur woanders.
Kommt hinzu: Die Regierung vermag gar nicht zu sagen, wie viel Gas im Winter überhaupt für die Bevölkerung Deutschlands zur Verfügung steht. Selbst die mit Steuermitteln gekaufte Reserve könnte ins Ausland gehen, wie kürzlich Focus meldete. „Das gespeicherte Gas ist in weiten Teilen Eigentum von Gashändlern und -lieferanten, die häufig europaweit agieren“, hatte die Bundesnetzagentur wissen lassen:
„Selbst das Gas, das die Trading Hub Europe mit Staatshilfe einkauft und unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur im ehemaligen Gazprom-Speicher in Rehden eingelagert hat, ist nicht für Deutschland reserviert. Dieses Gas kann nach Angaben von Wirtschaftsministerium und Bundesnetzagentur von allen nationalen und internationalen Unternehmen, die im deutschen Gasmarkt registriert sind, gekauft werden. Entscheidend sei, wer den Höchstpreis biete.“
Das Gas ist dann also nicht da, weil es woanders ist.
Eine Gasmangellage, die die Ausrufung der dritten Stufe des Gasnotfallplans zur Folge hätte, ist demnach ein durchaus realistisches Szenario. Schuld ist dann der Winter, wie Netzagenturchef Müller im BR recht beunruhigend zitiert wurde: „Wir dürften erst über einen Gasmangel Bescheid wissen, wenn er nicht mehr aufzuhalten ist“. Eine seriöse Prognose, wo die Gefahr eines Mangels am größten sei, könne er nicht geben: „In Deutschland kann es allerorts zu Kälteperioden kommen.“
Selbst in Zeiten, wo uns Luisa Neubauer und die Klima-Kinder warnen, dass „die Erde brennt“.
Vielleicht noch „einen zweiten Pullover" anziehen
Und was passiert, wenn der Gasmarkt zusammenbricht? Dann wird die Versorgung über eine „Sicherheitsplattform" organisiert. Ein Krisenstab der Behörde würde entscheiden, welche Unternehmen noch welche Gasmenge verbrauchen dürfen. Wer dann kein Gas mehr zugeteilt bekommt, schaut in die Röhre und muss dann erst mal die Produktion einstellen, was nach Wirtschaftsminister Habeck aber nicht heißen muss, dass er dann insolvent wird.
Wenn es genügend Unternehmen trifft, schlittert Deutschland in eine Rezession – mit allem, was dazugehört: weniger Geld, Verteilungskämpfe, soziale und politische Verwerfungen. „Oft sind tiefe Rezessionen mit Unruhen verbunden“, schreibt dazu Business Insider.
Bevor es auf den Straßen rund geht, wird aber erst mal im Dunkeln gefroren. So etwas wie eine Zentralheizung ist ja auch ein verzichtbarer Luxus. „Dann zieht man halt einen Pullover an. Oder vielleicht noch einen zweiten Pullover.“, riet eben erst Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. Man sollte „tatsächlich immer auch ein paar Kerzen, Streichhölzer und auch eine Taschenlampe zu Hause haben. Darüber muss man nicht jammern, sondern man muss erkennen: Vieles ist nicht selbstverständlich."
Zum Beispiel eine Politik, die willens und in der Lage ist, kurz-, mittel- und langfristig die Energieversorgung eines 84-Millionen-Landes sicherzustellen. Das wäre nun wirklich zu viel verlangt.