Henryk M. Broder / 22.08.2021 / 10:00 / Foto: Olaf Kosinsky / 79 / Seite ausdrucken

Müllers Reisen

Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Miachael Müller, SPD, heißt deswegen Regierender Bürgermeister, weil Berlin keine Stadt, sondern ein Bundesland ist, das aus 12 "Bezirken" besteht, an deren Spitze lokale Bürgermeister stehen. Einige haben es geschafft, über die Grenzen Berlins bekannt zu werden, wie z.B. die charismatische Bürgermeisterin von Kreuzberg-Friedrichshain, Monika Herrmann, die meisten aber dämmern vor sich hin und sind froh, wenn sie mal in der Abendschau des RBB erwähnt werden. 

Nach fast sieben Jahren im Amt – zeitweise in Tateinheit auch als Senator für Kultur bzw. Senator für Wissenschaft und Forschung – will Müller weiterkommen und bewirbt sich um ein Mandat für den Bundestag bei den Wahlen am 26. September. Er hat sich parteiintern gegen die Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales, Sawsan Chebli, durchgesetzt.

Müller hat derzeit den Vorsitz in der Ministerpräsidentenkonferenz, weswegen er gelegentlich an der Seite von Angela Merkel und Markus Söder die Maßnahmen erklären muss, die von der MPK zur Eindämmung der Corona-Pandemie beschlossen wurden. 

Je näher der Zeitpunkt heranrückt, da Müller aus dem Roten Rathaus in den Bundestag, wenn nicht gar in ein Ministerium wechselt, umso mehr Berliner fragen sich, was er als Vermächtnis zurücklassen wird. Dieser Frage ist auch der Berliner Tagesspiegel nachgegangen und hat bei der Senatskanzlei nachgefragt, ob es dortselbst "eine Übersicht der Auslandsdienstreisen des Regierenden Bürgermeisters" gebe. Nach einer intensiven und erfolglosen Suche wurde dem Tagesspiegel mitgeteilt, eine solche Auflistung liege "nicht vor". 

Brüssel, Bogota, Ulan Bator, Tallinn, Warschau, Peking....

Worauf die Kollegen des Tagesspiegels die offizielle Website des Regierenden anklickten und im Handumdrehen fündig wurden. Eine Auflistung aller Auslandsreisen von Anfang 2015 bis zum Herbst 2019, die Müller in seiner Eigenschaft als Regierender Bürgermeister von Berlin respektive als Bundesratspräsident unternahm, nach Brüssel und Bogota, Ulan Bator und Tallinn, Warschau und Peking, Kiew und Singapur und viele andere sehenswerte Destinationen. Was diese 28 Reisen gekostet und welchen Nutzen sie für die Berliner Politik gebracht haben, darüber gibt die "Auflistung" keine Auskunft. Auch nicht über den Beitrag des Regierenden zur globalen Klimakatastrophe infolge unmäßigen Kerosinverbrauchs.

Es gab aber zu jeder Reise eine karge Pressemitteilung über Sinn und Zweck der Exkursion. In Buenos Aires und Montevideo waren es "das 25-jährige Jubiläum der Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Buenos Aires" sowie "eine Vorstandssitzung des Städtenetzwerkes Metropolis in Montevideo".

Nach Ulan Bator, die Hauptstadt der Mongolei, war Müller gereist, "um die guten und jahrelangen Beziehungen zwischen der Mongolei und Deutschland sowie zwischen Ulan Bator und Berlin zu festigen". In Bern nahm Müller an einem "trilateralen Treffen der drei deutschsprachigen Hauptstädte Bern, Wien und Berlin" teil. Im Zentrum der Konferenz standen "Fragen, die alle Städte betreffen", u.a. "Bauen, Verkehr, Bildung und Soziales".

In Australien, das Müller als Präsident des Bundesrates besuchte, hat seine "dreißigköpfige Delegation in sechs Tagen mehr als 30 Termine wahrgenommen", eine Rekordleistung, die jeden Anfangsverdacht, es könnte sich um eine Spaß- und Lustreise gehandelt haben, ausräumt.

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Leserpost

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Florian Bode / 22.08.2021

Ob der Typ “Regierender Bürgermeister”, “Amtierender Großwesir” oder “Operierender Thetan” heißt, ist wumpe. Außer den schönen Reisen hat er wohl nicht viel unternommen. Schon gar nicht seine Koalitionspartner vom allergrößten Irrsinn abgehalten.

Peter Holschke / 22.08.2021

Das waren doch nur Qualifikationsreisen! Er muss Raffgier, Verschwendungssucht und Geltungsdrang demonstrieren, um sich für höhere Ämter zu qualifizieren. Anders ausgedrückt, er muss sich schamlos zeigen, für den Club der Schamlosen. Damit die höhergestellten Korrupten feststellen ” Hey, dass ist ja einer von uns!”

Andreas Mertens / 22.08.2021

Welchen Sinn und Zweck diese Reisen hatten? Nun, den wichtigsten Grund alle Gründe ... Alles, bloß nicht in Berlin sein. Wie geht noch die alte Politikformel: “Wer viel macht, macht viele Fehler. Wer nichts macht, macht keine Fehler. Wer keine Fehler macht wird befördert.”  Der Mann ist quasi dazu prädestiniert nächster Außenminister zu werden .. oder falls er singen kann ..  auch Arbeitsminister*in.

Peter Sticherling / 22.08.2021

Der Müller, Vorname ausgerechnet Michel, will in den Bundestag! Warum nicht? Der Bundestag ist in Berlin und Müller ist in Berlin geboren. Also! Nicht umsonst wird zu einer schmissigen Marschmelodie, komponiert. von Franz v. Suppé , das Lied gesungen: „Du bist verrückt mein Kind , Du musst nach Berlin, wo die Verrückten sind , da gehörste hin!“

Matthias Kaufmann / 22.08.2021

Mittlerweile kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass JEDE Regierung in Deutschland, Bund, Länder, Regierungsbezirke, Kommunen, dysfunktional geworden ist. Keiner macht mehr seinen normalen Job in der Exekutive, voran geht es nur in der Agenda des „Großen Sprungs nach vorn“, also der Abschaffung Deutschlands zugunsten einer bunten Republik. Das aber auch wieder auf jeder Ebene.

heinrich hein / 22.08.2021

Man kann an Personen, wie Herrn Müller sehen, in welchem Zustand sich der Politikbetrieb in diesem Land befindet.  M.E. ohne jegliche Ausbildung oder Kompetenz wird jemand regierender Bürgermeister Berlins. Ich frage mich, ob wir angesichts dieses Umstandes das Wahlrecht nich vollkommen “frei” geben sollten und nicht nur Menschen, sondern auch alle anderen Lebewesen sich zur Wahl stellen lassen sollten.  Ich bin der festen Überzeugung, der Politikstil und die Politik würde sich dadurch in keiner Weise ändern. Eher im Gegenteil: es dürfte alles viel besser werden.

Michael Hinz / 22.08.2021

Richard Rogler - ich habe es selbst gehört - hat vor etlichen Jahren im TV gesagt: “Wenn es die RAF noch gäbe, Mann, hätten die jetzt zu tun…...”

A. Iehsenhain / 22.08.2021

Prof. Dr. Thomas Rießinger hat auf Reitschuster.de den Berliner Vollblutpfosten einmal sehr treffend vorgestellt: “...für alle, die mit dem Namen Müller nichts anfangen können: Es handelt sich um den zu Recht nicht allzu bekannten Regierenden Bürgermeister Berlins”. Dass der selbe Müller jetzt in den Bundestag einziehen will, schockiert mich kaum noch, zumal das plakative Theater des Grauens schon voll im Gange ist: Wenn ich vom Fenster gen Westen aus die Straße runterblicke, werde ich K-Kandidat Scholz ansichtig, der vor blutrotem Hintergrund steif dreinglotzt wie eine chinesische Terrakotta-Figur. Um die Ecke gebogen erwarten einen dann Habeck und Baerbock, verschleiert hinter einem postapokalyptischen grünen Smog. Wenn diese Werbetafeln Menetekelcharakter haben sollten, wird es wirklich bald zappenduster…

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