Murat Altuglu, Gastautor / 18.01.2021 / 17:00 / Foto: Pixabay / 33 / Seite ausdrucken

Merkel, Spahn, Lauterbach, Scholz – alle haben versagt

Von Murat Altuglu.

Die Corona-Lage war absehbar und vermeidbar. Hunderte Menschen, die pro Tag sterben. Allein und qualvoll.  Entsprechend kommt Vizekanzler Scholz endlich in Bewegung und stellt Fragen. Danke. Bloß zu spät, viel zu spät. Aber trotzdem: Danke. Denn bereits Ende April, Anfang Mai hatte Trump verkündet, dass zum Jahresende 2020 massenhaft Medikamente und Impfstoff gegen Corona zur Verfügung stehen würden. Stand Ende erste Januarwoche: An die 7 Millionen Dosen verimpft, über 47 Millionen Dosen auf Lager in den USA.

Bis Ende Februar sollen insgesamt 170 Millionen Dosen (dies war die Prognose, die Mitte Dezember gestellt wurde) von Moderna und Pfizer zur Verfügung stehen. Wenn bis dahin etwa der Impfstoff von Johnson & Johnson noch dazu kommen sollte, würde wohl eine Impfdosis für jeden Amerikaner im ersten Quartal zur Verfügung stehen. 

USA: Eine Million Impfungen am Tag

Das Problem in den USA ist augenblicklich nicht, dass es keinen Impfstoff gibt, sondern dass er nicht in ausreichendem Maße geimpft wird. Laut Fauci soll aber in Kürze die Zahl von 1 Million Impfungen am Tag erreicht werden. Ähnliches gilt auch für die Covid-Medikamente von Regeneron und Eli Lilly, die in den USA bereitliegen, aber nicht ausreichend verschrieben werden.

Ein anderes Beispiel, Israel. Stand 11. Januar, 21 Prozent der Bevölkerung haben die erste Impfdosis erhalten. Das dürfte bereits alle über 65-jährigen abdecken. Wenn Sie wissen wollen, warum die so erfolgreich sind, schauen Sie sich an, was Netanjahu getan hat. Und das hier

Das, was jetzt in den USA und Israel realisiert wird, ist das Resultat einer Vorarbeit, die vor gut einem Jahr begann. Die Panik in Deutschland ist das Resultat eines Aktionismus, der vor einer Woche begann. 

Was tust Du, Angela?

Es ist gut, dass Herr Scholz jetzt Fragen stellt. Aber warum hat er nicht bereits vor mehr als einem halben Jahr Fragen gestellt? Ich, vor der Glotze auf dem Sofa sitzend, stellte sie beizeiten.  

Daher meine Frage an Herrn Scholz: Haben Sie im Mai folgende Frage gestellt: „Angela, der Trump sagt, er tut dieses und jenes in den USA. Tust Du das Gleiche oder mehr? Hier ist die Liste mit dem, was Trump tut; hab bei seiner Pressekonferenz mitgeschrieben. Angela, nun lass doch mal die Katzenvideos auf Instagram!“

Herr Scholz hätte auch aktiv werden können, als Trump an Covid erkrankte, und dank des Medikaments von Regeneron schnell genas. Innerhalb von Tagen war Trump wieder auf den Beinen. Wenn man bedenkt, wie zerstörerisch Covid auf den Körper ist, war ich sehr überrascht über die Wirksamkeit des Regeneron Medikaments. 

Hallo Jens. Hast Du was zum Mitschreiben?

Vor 100 Tagen hätte Herr Scholz also bei Herrn Spahn anrufen können, um ihm Folgendes mitzuteilen: „Hallo Jens. Hast Du was zum Mitschreiben? Gut! Also ruf hier an: 001-914-847-7000. Dann sagst Du Folgendes: 

"Hello, my name is Jens Spahn. I am calling from Germany. I am the minister for health here. The Covid treatment you have, we would like to purchase it and help you in establishing production facilities in Germany, ASAP. Money is not an issue. Oh, everything could be ready in a hundred days?! Great, thank you, auf wiedersehen.”

Im Übrigen ist dies, was Herr Netanyahu offenbar gemacht hat. Den Hörer in die Hand genommen und persönlich bei Pfizer zwecks Impfstoffes angerufen und mit Geld geklotzt. Schade, dass sich unsere Mutti hierzu geniert hat.  

Merkel, Spahn, Lauterbach, Scholz – alle, alle haben versagt. Hätten es besser machen können, wenn sie denn nur geschaut hätten, was andere tun und dies mit den eigenen Aktivitäten verglichen hätten. Haben sie nicht. Und die deutsche Qualitätspresse war nicht imstande, diese simple Observation zu tätigen.   

Der Wahlbürger soll nicht zürnen

Und jetzt geht es um Schadenskontrolle. Auf gut Deutsch, der Wahlbürger soll nicht zürnen und sein Kreuz wieder an der richtigen Stelle machen. Armin Laschet will, dass man über das Politikversagen nicht spricht. (Euphemistisch in Politikerdeutsch: „Die Thematik ist zu ernst, um damit Wahlkampf zu machen. Lasst uns lieber über die Froschwege in Castrop-Rauxel diskutieren.“)

Und die Qualitätsmedien leisten hierzu Amtshilfe mit so dollen Interviews wie mit der diplomierten Ethikerin (was ist das denn?) Alena Buyx. Man darf mit Corona keinen Wahlkampf machen; so kommt der Ukas.

Ja, wer macht denn Wahlkampf, Herr Laschet, Frau Buyx? Wo, wer, was? Ich habe noch nirgends hierzu einen Wahlkampf gesehen. Es werden Vorwürfe gemacht, und es wird versucht zu verschleiern. Dabei geht es nicht um Parteienstreit, sondern um individuelle Handlungen und Entscheidungen bzw. deren Abwesenheit. Also die Essenz einer Debatte, die Essenz einer Aufarbeitung von Entscheidungen und deren Folgen. 

Warnung vor diplomierten Ethikern

Es wäre ja nett, wenn die Beamtin (auch als Professorin bekannt) definieren würde, was sie mit Wahlkampf meint. Aber in ihrem Statement war dafür kein Platz übrig. Und überhaupt, warum sollten die Entscheidungen zu Corona nicht Wahlkampfthema sein? Das sie dies nicht wünscht, ist kein Argument. Und dass die Offenlegung und Auflistung von Fakten eine „Diskussion verzerren“ könnte, ist mir ganz neu. Tucholsky warnte vor diplomierten Journalisten. Ich ergänze diese Warnung um diplomierte Ethiker.

Ohne Diskussion, ohne Vorwurf, ohne Fingerzeigen, ohne Kampf kommt man einfach nicht weiter. 

Debatte: Titanic sinkt. Warum wurden nicht bessere Nieten verwendet?

Buyx: Diese Diskussion verzerrt. 

Debatte: Stalingrad. Warum wurde nicht sofort ein Ausbruch unternommen?

Laschet: Kein Wahlkampfthema bitte.

Debatte: Tschernobyl: Warum wurde eine Abschaltung nicht früher initiiert?

Buyx: Die Diskussion verzerrt. 

Debatte: Covid: Warum wurde nicht früher Impfstoff bestellt?

Laschet: Kein Wahlkampfthema bitte.

Debatte: Wer hat die Suppe versalzen?

Buyx: Die Diskussion verzerrt.

Jeder Tag zählt

Das Offenlegen von Entscheidungsprozessen ist nötig, um zu erkennen, was geschah und um zukünftige Prozesse anders zu machen. Entscheidungen werden immer, ohne Ausnahme, von Personen gemacht. Die präzise, fokussierte und rücksichtlose Erkennung, wer was wann wusste und wer was wann getan hat (oder nicht), ist wichtig, das Wichtigste, was man tun kann. 

Denn meine Gesundheit und die Gesundheit meiner Nächsten steht auf dem Spiel. Da ist mir alles andere wurscht. Diese Aufarbeitung als Wahlkampf zu verwässern, kommt bei mir gar nicht gut an. Jeder Tag zählt. Und diese Dringlichkeit hätte vom ersten Tag an gelten sollen. War das nicht der Fall, will ich wissen, wer es vergeigt hat, und mit meiner Stimme dafür sorgen, dass diese Person keinen Cent Steuergeld mehr für seinen Lebensunterhalt erhält und keine Macht über das Leben anderer Menschen hat.

Das ist meine Ethik. Ganz ohne Diplom, aber dafür aus Anatolien. 

 

Murat Altuglu, 1978 in Köln geboren, Ph.D. der Politikwissenschaft, lehrte an verschiedenen Universitäten in den USA, der Türkei und in Deutschland. Derzeit arbeitet er am Rheinischen Bildungszentrum in Köln.

Foto: Pixabay

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Dimitri Georges / 18.01.2021

Murat Altuglu, das ist bitter. Hätte man doch auf die klugen Dritten gehört.

R. Schäfer / 18.01.2021

Man werde viel verzeihen müssen. Sagte das nicht Herr Spahn? Ja, das werde ich tun, Herr Spahn, aber ich werde nicht alles verzeihen. Ein Auszug der Dinge, die ich nicht verzeihen werde: 1. der Ausschluss des Parlaments 2. der Umgang mit Demonstranten 3. das Warten auf eine europäische Lösung, um Geld zu sparen 4. das alleine sterben lassen. Wo sind die Coronatoten gestorben, die nicht auf der Intensivstation waren? 5. die verräterische Wortwahl: “Öffnungsdiskussionsorgien”, “Zügel anziehen” 6. Die Forderung nach Solidarität in Verbindung mit der Forderung, den Geimpften die Grundrechte wiederzugeben 7. Die unnötigen zugrunde gerichteten Existenzen 8. das Schlechtreden der Maßnahmen anderer Nationen

Dr Stefan Lehnhoff / 18.01.2021

Das kommt dabei heraus, wenn man Politikwissenschaft statt was Richtiges studiert und später nicht dazulernt, lieber Autor. Ihr ganzer Artikel basiert auf Fake News. Leider. Niemand braucht diese Impfung- jedenfalls nicht im Körper.

Ralf Pöhling / 18.01.2021

Was für ein Volltreffer. Der amtierenden Politik ist schon lange klar, dass sie total versagt hat und immer noch versagt. Das darf natürlich kurz vor der alles entscheidenden Bundestagswahl kein Thema sein, sonst wird man ja nicht wiedergewählt. Das Problem dabei ist, der Großteil der Bevölkerung ist so vernebelt und vernagelt, dass er dieses billige Manöver nicht durchschaut. Die amtierende Politik hat vollkommen sinnlos erhebliche Teile unserer Wirtschaft ruiniert und treibt mehr und mehr Menschen in diesem Land nicht nur in die unternehmerische, sondern sogar in die private Pleite. Die Maßnahmen gegen Corona kamen viel zu spät, um die Ausbreitung zu verhindern. Das exponentielle Wachstum hätte man niemals entstehen lassen dürfen, denn es wieder zurückzuschrauben, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Da hilft auch kein Lockdown. Wogegen ein Lockdown aber hilft, ist ein Volksaufstand. Nun zähle man eins und eins zusammen. Ein derart gravierendes Staatsversagen, oder besser Regierungsversagen, hat es zu meiner Lebenszeit in Deutschland noch nicht gegeben. Und damit dies nicht auf die Wahlergebnisse und damit auf die verantwortliche Regierung selbst durchschlägt, wird dem Volk das Demonstrieren verboten und der Lockdown mehr und mehr verschärft, während die Propagandamaschinerie des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks dies alles durch Fakenews rechtfertigt. Und das Volk tut deshalb, was der Name schon sagt: Es folgt. Bis in den Untergang. Wie damals bei den weltberühmten Ereignissen in und rund um den Führerbunker.

Bastian Kurth / 18.01.2021

Man könnte auch vermuten, daß dieses “Rarmachen” des Impfstoffs inszeniert wurde um den “Appetit” der zu Impfenden anzuheizen? Wenn etwas rar ist dann steigt die Begehrlichkeit - in diesem Fall die Impfwütigkeit? +++Bevor DER / DIE / DAS mir den Impfstoff wegschnappt zieh ich mir die Suppe schnell rein+++ Ist nur so eine Vermutung von mir….Würde der Impfstoff bei “Biggis Resterampe” im Regal liegen würde keine alte Sau den haben wolln, wette ich. ;-)

Karin Krause / 18.01.2021

Jeder Tag zählt - wie wahr! Vorallem jeder Tag an dem wir zu HAUSE sitzen und warten das sich etwas ändert! Nun schon den dritten Monat. Wie bei allen Problemen in Deutschland, erst wird mal monatelang diskutiert und ” Fachleute” befragt!  Schnelle Problemlösungen-  Fehlanzeige! Ausser 2015 .... ich höre immer noch den Satz ” WIR SIND SO EIN REICHES LAND “!!! Nicht mehr lange!

Jörg Themlitz / 18.01.2021

“Merkel, Spahn, Lauterbach, Scholz – alle haben versagt”; Nicht doch, doch nicht alle. Herr, sans facon, Maas hat immer wieder tolle Vorschläge. Z.B. aktuell, jeder der sich impfen lässt, bekommt seine bürgerlichen Freiheiten zurück. einfach raus gehen, ins Kino, Theater, keine Ausgangssperre usw., Impfen macht frei. Das ist doch mal eine gute Aktion. Ohne Zwang, einfach so. Deswegen würde ich glatt in die Politik gehen.

Rupert Reiger / 18.01.2021

Ein Text ohne Füllstoff, Schlag auf Schlag, Respekt !

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