Henryk M. Broder / 10.12.2019 / 15:00 / 43 / Seite ausdrucken

Merkel in Auschwitz, Hamas in Berlin

Die Bundeskanzlerin war bekanntlich in Auschwitz und die Medien konnten sich nicht einkriegen vor Begeisterung darüber, dass die Kanzlerin nach 14 Jahren ihrer Regentschaft einen Tag im Kalender gefunden hatte, um eines der Monumente deutscher Bau- und Ingenieurskunst zu besuchen: das ehemalige KZ Auschwitz, ein deutsches Vernichtungslager auf polnischem Boden. 

Das kann man gut oder schlecht finden. Wer nach Auschwitz fahren muss, um die Grausamkeit der Nazis zu begreifen, hat wohl ein paar Stunden im Geschichtsunterricht verpasst, so er überhaupt einen hatte. Man muss auch nicht auf der Titanic oder der Wilhelm Gustloff gewesen sein, um sich vorstellen zu können, wie schrecklich ein Schiffsuntergang ist. Die Forderung, Auschwitz dürfe sich nicht wiederholen, ist eine wohlfeile Floskel, die so viel taugt wie ihre armselige Verwandte, für Antisemitismus gebe es keinen Platz in Deutschland, wo beinahe jeder Tag das Gegenteil beweist. Doch über solche Widersprüche spricht man im neuen Deutschland ja nicht mehr so gern.

Es ist kein großes Ruhmesblatt für die AfD, aber eine umso größere Schande für die anderen Parteien, dass aus dem Deutschen Bundestag zum Auschwitz-Ablass-Handel und dessen Kehrseiten nur von Petr Bystron, dem Obmann der AfD-Fraktion im Auswärtigen Ausschuss, Worte wie diese zu vernehmen waren:

„Wir begrüßen, dass Angela Merkel zum ersten Mal in ihrer Kanzlerschaft das Konzentrationslager Auschwitz besucht hat, und hoffen, dass sie sich von diesem Besuch dazu inspirieren lässt, endlich gegen den ausufernden Antisemitismus in Deutschland effektiv vorzugehen.

Unter ihrer Kanzlerschaft ist Berlin mit 1.083 antisemitischen Vorfällen im Jahr 2018 (gegenüber 951 im Jahr 2017 – also eine Zunahme um 13,8 Prozent) die Hauptstadt des Antisemitismus in Europa geworden. Das Simon-Wiesenthal-Center warnt mittlerweile Juden davor, nach Berlin zu reisen.

Wie dringend ein Umdenken sowie eine Änderung des Handelns der Bunderegierung ist, zeigt sich am Beispiel der parallel zu Merkels Besuch in Auschwitz stattfindenden Konferenz in Berlin.

Die vom Palestinian Return Centre (PRC) organisierte „Konferenz der Palästinenser in Europa“ wird vom Verfassungsschutz „als wichtigste Propagandaveranstaltung der Hamas in Europa“ eingestuft. Nach Recherchen der Initiative Honestly Concerned treten heute bei der Konferenz eine Reihe prominente Hamas-Unterstützer als Redner auf: Khaled Shouli, der als Hauptgeldbeschaffer der Hamas gilt oder Tareq Hammoud, Geschäftsführer des Palestinian Return Centres (PRC), das wegen seiner engen Verbindungen zur Hamas in Israel verboten ist.

Hier lässt die Bundesregierung Vertreter von Hamas-nahen Organisationen einreisen, um in Berlin gegen Israel zu hetzen. Die gleiche Bundesregierung weigert sich seit Jahren, die Hisbollah zu verbieten, unterstützt den Boykott von Waren aus Judäa und Samaria, stimmt in der UNO gegen Israel, setzt andere Länder unter Druck, Jerusalem nicht als Hauptstadt anzuerkennen, verdoppelt die Zahlungen an die Hamas-nahe, korruptionsgeplagte UNRWA auf 173,2 Millionen Euro und verhilft den Mörder-Mullahs in Teheran zur Atombombe, um Israel auszulöschen. Solche Israel-feindliche Politik lässt den Auschwitz-Besuch der Kanzlerin zu reinem PR-Termin verkommen und den Verdacht aufkommen, er soll nur vom aktuellen Antisemitismus in Deutschland ablenken.“

Warum sagt das keiner der vielen „Nie wieder“-Bekenner der anderen Parteien? 

 

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Martin Stumpp / 10.12.2019

“Warum sagt das keiner der vielen „Nie wieder“-Bekenner der anderen Parteien?” Vielleicht weil die Nie wieder Bekenner einfach feige sind? Oder vielleicht schlicht und ergreifend, weil es in Wirklichkeit Antisemiten sind?

Klaus Biskaborn / 10.12.2019

Vielleicht kein Ruhmesblatt aber eine zu würdigende Einlassung des AfD Vertreters. Hat eigentlich der Zentralrat der Juden sich schon entsprechend zustimmend geäußert oder hält er sich lieber devot zurück? Habe auch noch nichts vernommen wonach dieser Zentralrat das Hamas - Treffen kritisch kommentiert hätte. Wird wohl auch nicht kommen, die warten lieber auf die nächste unpassende Gelegenheit gegen die AfD zu hetzen. Wen vertritt dieser Zentralrat eigentlich, die jüdischen Interessen und Mitbürger sicher nicht.?

Wolfgang Richter / 10.12.2019

Hat nicht direkt mit dem Thema zu tun oder vielleicht auch doch: So habe ich gerade das eher links verortete ARD-Magazin Monitor gesehen, dort einen Bericht zum SPD-Parteitag. Und ziemlich am Anfang erklärt der Moderator, daß die SPD nun nach links gerückt sei, eine neue “Sozialistische Arbeiterpartei”. Irgendwie kommt mir diese Bezeichnung bezüglich einer Partei unserer jüngeren Geschichte bekannt vor, nur wird diese allgemein und konsequent von Interessierten und sonstigen Linken nach ganz Rechts verortet. Sie werden wohl wissen warum.

Marc Blenk / 10.12.2019

Lieber Herr Broder, Heiko Maas’ Freunde sind auch Merkels Freunde. Hisbollah, Hamas, Mullahs… Merkel hat Auschwitz zu ihrem neuen Führerhauptquartier erkoren. Clever. Zugegeben, sie hätte von hier aus die Weltaufmerksamkeit auf die Freiheitskämpfer im Iran lenken können und die nicht ungefährlichen Versuchen, das Mullahregime loszuwerden, moralisch unterstützen können. Sie hätte sagen können, dass ein Regime, das den nächsten Holocaust gegen die Juden plant und das eigene Volk unterdrückt, vor dem Angesicht der Geschichte der Ermordung von 6 Millionen Juden keine Unterstützung verdient hat und keine Zukunft im Kreis zivilisierter Völker hat. Sie hätte sagen können, dass in Berlin nie mehr ein Al Quds Tag stattfinden wird und niemals wieder Feinde der Juden und der Zivilisation dort ihre Treffen abhalten werden. - Ups, da ist die Phantasie mit mir durchgegangen. Heiko Maas’ Freunde sind auch Merkels Freunde. Hisbollah, Hamas, Mullahs!!!

Caroline Neufert / 10.12.2019

Vielleicht machen Sie Ihren Obmann mal mit Herrn Krämer bekannt ... “Berlin mit 1.083 antisemitischen Vorfällen im Jahr 2018 (gegenüber 951 im Jahr 2017 – also eine Zunahme um 13,8 Prozent) die Hauptstadt des Antisemitismus in Europa geworden.” Quellen sind hilfreich, es wohnen immer mehr Israelis in Berlin und es wird jede geballte Faust antisemitisch betrachtet, damit die Beauftragten was zu tun haben ...

Hans-Peter Dollhopf / 10.12.2019

Herr Gehrold, wer sollte sich einer Selbstverständlichkeit rühmen?

Sybille Schrey / 10.12.2019

Zitat: „Es ist kein großes Ruhmesblatt für die AfD, aber eine umso größere Schande für die anderen Parteien…“ Ach, sie kleben (oder Klebern) an den „anderen Parteien“? Eine „umso größere Schande“ steht also in direktem Verhältnis zu KEINEM (!) großen Ruhmesblatt. Ihre Verhältnismäßigkeiten wirken etwas derangiert, Herr Broder. Aber das hatten wir ja schon mit Aleppo…

Patrick Altmann / 10.12.2019

@ Fr. Grimm „Da aber niemand aus dem Altparteienspektrum etwas auch nur annähernd Ähnliches zu Merkels PR-Besuch in Auschwitz von sich gegeben hat, sind Bystrons Sätze ein Leuchtturm in der Finsternis des in Regierungsdeutschland allgegenwärtigen Judenhasses.“ Das betrifft nicht nur Regierungsdeutschland; es zieht in Deutschland durch fast alle Ritzen: der Judenhaß - witzigerweise kaum, bis nicht, von jenen, die als die neuen „Nazis“ bezeichnet werden ... Ganz, ganz besonders gelten Ihre Worte beim (N)icht-(R)egierungs-D(O)itschland!

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