Claudio Casula / 12.03.2024 / 12:00 / Foto: Illustration F.Pilgram / 25 / Seite ausdrucken

Lauterbach auf TikTok

Die „Pandemie“ ist vorbei, Gesundheitsminister Karl Lauterbach nicht ausgelastet. Den Gästesessel bei Lanz ersetzt er nun durch einen Account auf der Plattform TikTok, um vor allem junge Leute zu beschallen.

Das chinesische Unternehmen TikTok ist wegen Bedenken in Sachen Daten- und Jugendschutz sowie Zensur und Spionage zwar umstritten, erreicht jedoch (Stand 2023) in Europa 150 Millionen Nutzer, von denen knapp 70 Prozent zwischen 16 und 24 sind.

Marianengrabentiefe Anspruchslosigkeit (jedenfalls in der westlichen Variante) ist das Hauptcharakteristikum der Plattform, auf der User kurze Videos teilen und diese mit Musik unterlegen. Genau das richtige Terrain für Gesundheitsminister Karl Lauterbach also, der eben in einem Gespräch mit dem Hohlkörper-Medium t-online ankündigte, er werde „jetzt sogar anfangen, TikTok zu nutzen“, um dort „auch ein gutes Gegengewicht zur AfD“ zu bilden. Denn über TikTok erreiche man „besonders junge Menschen sehr gut“. Den Teenies kann er dann in Kurzvideos Angst machen, vor Corona sowieso oder vor Feinstaub oder tödlicher Hitze oder schlimmer Kälte oder dem Kamineffekt der Klospülung, und seine düsteren Prophezeiungen mit Chopins Trauermarsch unterlegen.

Aber wirklich also nur also sehr kurz, für diejenigen, deren Aufmerksamkeitsspanne der eines Kolibriflügelschlags entspricht. Ein bisschen was über Cannabis will er ihnen auch noch erzählen („das interessiert junge Leute brennend“). Musikalisch vielleicht von „Legalize it”, „Sweet Leaf“ oder „Hits From the Bong“ begleitet, wer weiß. Jedenfalls möchte er „auf TikTok auf die Risiken für Kinder und Jugendliche hinweisen“, nachdem er das Verliererkraut freigegeben hat – geplant für den 1. April (!) im Bundestag.

Alder, Digga, wild!

Auch für Pflegeberufe will Lauterbach die Generation Z begeistern, „den jungen Leuten erklären, was wir eigentlich machen – und zwar in einer Sprache, die sie verstehen“. Alder, Digga, wild! Sicher sind auch noch ein paar kurze Food-Hacks drin, über „Lachsfich mit Spinat und andere fichvegetariche Gerichte“ sowie „Schpaghetti mit Gemüse, aber senza sale“.

Laut Dr. Martin Degeling besteht die Gefahr, „dass TikTok genutzt wird, um bewusst Desinformationen zu streuen und Einfluss auf die öffentliche Meinung zu nehmen“, das dürfte Lauterbach motiviert haben, seine Erleuchtungen über Jahrhundertviren und „nebenwirkungsfreie“ Impfstoffe nun auch noch über eine weitere Social-Media-Plattform zu verbreiten, auch wenn den Gemeinschaftsrichtlinien von TikTok zufolge das Verbreiten von Falschinformationen und Verschwörungsmythen, die „erhebliche Schäden“ für Einzelne oder die Öffentlichkeit verursachen können, verboten ist.

„Auf X, Instagram und Facebook zusammen erreiche ich schon jetzt fast 1,4 Millionen Follower“, bläht sich der Immunitätsleugner im Gespräch mit t-online, er sei ein „eher erfahrener Nutzer“ sozialer Medien, viel Zeit müsse er da nicht zusätzlich aufwenden für TikTok. Auch dass die App, über die man ausspioniert wird, in deutschen Ministerien auf Dienstgeräten untersagt ist, ficht Lauterbach nicht an: „Ich werde definitiv kein Diensthandy dafür nutzen.“ Schlau. Zwar könnte er sich bei Ursula von der Leyen erkundigen, wie man im Ernstfall Daten löscht, aber die sind im Fall TikTok ja nicht weg – die haben dann nur andere.

 

Claudio Casula arbeitet als Autor, Redakteur und Lektor bei der Achse des Guten.

Foto: Illustration F.Pilgram

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Robert Schleif / 12.03.2024

Ach schade, dass ihm das nicht früher eingefallen ist! Es hätte so viel schöne Lieder zur Untermalung der Werbung für die „Impf“-Stoffe gegeben: „You’re poison, running through my veins“ (Alice Cooper), „Got a licence to kill“ (Gladys Knight), „Stairway to Heaven“ (Led Zeppelin) oder „Gangsta’s Paradies“ (Coolio).

Reinhard Schilde / 12.03.2024

Ich hab Tränen gelacht, alleine schon das Bild mit den Lockenwicklern, unbezahlbar. Und der Artikel als Sahnehäubchen oben drauf. Herr Casula, Sie haben meinen Tag gerettet! Eigentlich sollte man diesem Clown keine weitere Plattform bieten, andererseits ist es gut zu wissen, womit sich diese Witzfigur als Gesundheitsminister so beschäftigt. Scheint ja nicht ausgelastet zu sein in seinem Job, läuft ja auch wirklich derzeit so richtig super im deutschen Gesundheitswesen, da kann man sich leisten, den ganzen Tag auf Social-Media-Plattformen seine geistigen Flatulenzen unters Volk zu pupsen.

Jörg Müller / 12.03.2024

“Marianengrabentiefe Anspruchslosigkeit” - das ist nicht wahr. Man findet dort auch sehr interessante Informationen, auch solche, die bei YT längst zensiert sind. Allerdings passt sich die Auswahl der präsentierten Clips perfekt den Interessen des Benutzers an.

Sirius Bellt / 12.03.2024

Klasse Artikel. Ich hab’s immer gesagt. Viele Politiker bei uns sind arbeitsmäßig nicht genügend ausgelastet. “Seuchen-Karl” jetzt auch noch auf Tik Tok? Die junge Gemeinde wird sicher ganz aus dem Häuschen sein vor unbändiger Freude.

L. Luhmann / 12.03.2024

Ein sehr apartes Photo! Ist KL-er.sie.es untenrum auch frisiert und auf den buntestmōglichen Stand transformiert worden? - Was die TikTok-Teenies so machen, kann man z.B. auf xhamster bestaunen. Die chinesische TikTok-Version soll allerdings strikt nackedeifrei sein. Denn in der chinesischen Version ist angeblich alles verboten, was dem chinesischen Volk die westliche Dekadenz schmackhaft machen kōnnte. Da sind die Teenies immer total happy, gewähren aber überhaupt keine tiefen Einblicke. - “(...) ficht Lauterbach nicht an (...)”. Ficht oder fischt Lauterbach nicht oder nischt an? Isch bin chon ganz durscheinander! Hat KL-er.sie.es wirklich so braune Zahnruinen von Schokolade oder ist es doch eher ein chronischer Abusus tropischer Rauchwaren? Dass er irgendwie oft so wirkt, als ob er high-like-a-kite sei, gibt mir die Hoffnung, dass er doch noch einen Platz in einer Gummizelle ohne Zahnarztbesuch zugewiesen bekommt.

Patrick Meiser / 12.03.2024

Die Illustration von F. Pilgram in Kombination mit dem Artikel - köstlich. Aber was will man auch ernsthaftes über diesen Oberclown schreiben. Ich glaube nicht mal die kids auf TikTok nehmen diesen Kasper ernst.

Ilona Grimm / 12.03.2024

Eigentlich wollte nichts mehr über diesen Clown im Paniktreibhaus lesen oder gar kommentieren. Aber die Illustration gefällt mir so gut, dass ich mich doch äußern muss: In meiner Vorstellung ringelt sich um die Lockenwickler die salzlose Hirnmasse des abgebildeten Eingebildeten. Als Schamgefühl über die Menschheit ausgegossen wurde, duckte sich Karlatan unter einem Schirm.

A. Ostrovsky / 12.03.2024

>>Lauterbach auf TikTok<< Ich dachte echt, der ist auf Spiet.

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